Prognostizierte Kältewelle in der kommenden Woche wird zur Belastungsprobe
Derzeitige Windprognosen weisen darauf hin, dass es auch in Deutschland zu keinen großen Windstromproduktionen kommen dürfte, was daher die Importkapazitäten nach Frankreich limitieren dürfte. So lange Frankreich das eigene Stromversorgungssystem rechtzeitig durch Flächenabschaltungen stabilisieren kann, wird alles gut gehen. Sollte aber etwas Unerwartetes dazu kommen, könnte ein europaweiter Dominoeffekt ausgelöst werden – mit verheerenden Folgen. Gerade bei einer Kältewelle werden auch die Schweiz, Großbritannien und Belgien – die als „Notnagel“ angeführt werden – selbst ihren Strom benötigen, da auch diese bereits vor Wochen für den Fall einer Kältewelle massive Probleme angekündigt haben. Dass die Situation angespannt werden dürfte, lässt sich auch bereits an der Strompreisentwicklung erkennen: Der Strompreis klettert in Deutschland/Österreichs am Montag, 16.01.17 zwischen 18-19 Uhr, erstmals seit Februar 2012 (5 Jahre!) deutlich über 100 Euro und erreicht 125 Euro! Hoffen wir, dass dieser Kelch erneut an uns vorübergeht. Nichtsdestotrotz ist Achtsamkeit und Wachsamkeit geboten.
Thementag „Blackout“ im Schweizer Rundfunk
Obwohl wir uns mit Sicherheit bereits zu häufig wiederholen: Die Kernbotschaft kommt leider immer noch zu wenig klar an. Wir haben hier keinen Handlungsspielraum, der ein Zuwarten oder Aussitzen zulassen würde. Den LeserInnen dieses Newsletters ist dies wahrscheinlich bereits längst bewusst. Aber wie können wir doch noch gemeinsam eine größere Breitenwirkung erzielen? Haben Sie dazu konkrete Ideen?
Keine Katastrophe ohne Menschen
- In der Schweiz ist der Katastrophenfall meist lokal oder regional gedacht. Was bei extremen Ereignissen mit nationaler oder gar internationaler Bedeutung passieren würde, dafür fehlt schlicht die Erfahrung.
- Es gibt zwei wichtige Punkte: Es gibt keine Katastrophe ohne Menschen – ein Erdbeben an einem Ort, an dem keine Menschen leben und es keine Infrastruktur gibt, ist nur ein Naturereignis, keine Katastrophe. Deshalb ist für uns die Frage der sozialen Verwundbarkeit, das heißt, wer am stärksten betroffen ist, so wichtig.
- Zweitens bedeutet der Einfluss der Zivilgesellschaft und der sozialen Medien, dass die Behörden nicht mehr nur top-down kommunizieren können und damit auch ein Stück Deutungshoheit verlieren. In Zukunft werden die Behörden mehr in Dialog mit der Bevölkerung treten müssen.
- Wichtig ist, dass man die Gefahren kennt und weiß, was im Katastrophenfall zu tun ist.
Natürlich setzen sich bereits Katastrophenschutzverantwortliche und Einsatzorganisationen mit diesem Szenario auseinander, wie etwa auch die Deutsch-Französische-Schweizerische Oberrheinkonferenz (ORK). Aber solange die Bevölkerung = Personal der Einsatzorganisationen nicht so wie in der Schweiz umfassend in die Krisenvorsorge eingebunden werden, besteht kaum eine Chance, dass organisatorischen Maßnahmen greifen. Siehe dazu einmal mehr die Studie „Ernährungsvorsorge in Österreich“
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass bei der jährlichen Risikoumfrage bei Unternehmern erneut Betriebsunterbrechungen als das Top-Risiko festgestellt wurde. Wenn man sich aber gleichzeitig ansieht, wie man damit umgeht, dann gibt es hier eine zunehmende (Komplexitäts-)Lücke. Wissen alleine reicht nicht. Man muss auch die notwendigen Konsequenzen daraus ziehen, was bisher noch häufig fehlt.
Gefährliche Eskalation im Cyberspace
Schon periodisch warnen offizielle amerikanische Stellen von der Zunahme von Cyberangriffen auf die Energieversorger, wobei dabei oft nicht so klar ist, ob man hier wirklich von qualifizierten Angriffen sprechen kann, oder von Standardangriffen, die alle treffen (können). Nichtsdestotrotz schlummert hier ein Potential für weitreichende Infrastrukturausfälle, das uns alle treffen könnte. Erst Anfang Dezember hatte die Deutsche Telekom wieder mit schweren Störungen zu kämpfen. Daher einmal mehr, es muss nicht immer ein gezielter Angriff sein, der zu Infrastrukturausfällen führt.
Verschiedene Meldungen und Berichte
Analysen und eigene systemische Betrachtungen
- Unkonventionelle Businessmodelle + Technologie + Risiko + Risiko + Risiko = Disruption – Die digitale Transformation und ihre Schattenseiten
- Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen – Eine militärische/sicherheitspolitische Analyse: Nicht alles was glänzt, ist auch Gold
Blackout und Sicherheitskommunikation / Thementag „Blackout“ im Schweizer Rundfunk
- Blackout-Kosten: 2-4 Milliarden Franken pro Tag – Schweiz soll sich gegen Blackout wappnen – Warnender Hinweis des Schweizer Verteidigungsministers
- Berner Statthalter warnt vor Blackout-Szenario – Klare Worte des Berner Statthalters und eine Aufforderung zur Eigenvorsorge
- Thementag «Blackout» – Wenn der Strom drei Tage lang weg ist – Thementag „Blackout“ Schweizer Rundfunk – alle Berichte und Sendungen zum Nachsehen/-hören
- SRF-Blackout – Fragen und Antworten zum Thema Stromausfall – Thementag „Blackout“ Schweizer Rundfunk – Zusammenfassung der wichtigsten Fragen & Antworten
- Blackout: Solidarität oder Chaos? – Thementag „Blackout“ Schweizer Rundfunk – kommt es wirklich zur Panik?
- «Patienten sterben, weil im Spital der Strom fehlt» – Thementag „Blackout“ Schweizer Rundfunk – Auswirkungen auf die medizinische Versorgung
- Blackout – grossflächiger grenzüberschreitender Stromausfall – Zusammenarbeit Schweiz/Deutschland/Frankreich bei der Auseinandersetzung mit dem Szenario „Blackout“ – ein klarer Handlungsbedarf wurde festgestellt
- Experten sprechen über Szenario XXL-Stromausfall – Zusammenarbeit Schweiz/Deutschland/Frankreich bei der Auseinandersetzung mit dem Szenario „Blackout“
- Gefahren kennen: Ausfall Stromversorgung – Information des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (BABS), Schweiz
- Gefährdungsanalyse Szenario Blackout: Wenn der Strom ausfällt – Information des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (BABS), Schweiz
- Blackout und andere Katastrophen – Interview mit Vertretern der ETH Zürich/Center for Security Studies (CSS) – siehe Beitrag oben
- „Wer vorsorgt ist der Herr des Tages“ – Die Präsidentin des österreichischen Nationalrates anlässlich der Leistungspräsentation der Zivilschutzverbände im Parlament
- Parlamentarische Anfrage: Mängel bei Zivilschutz – Beantwortung durch das BMI
Krisenmanagement und Krisenvorsorge
- In der Silvesternacht versagte der Polizeifunk – Der alljährliche Jahreswechsel und eine gehobene Achtsamkeit beeinträchtigten die behördliche Kommunikationsversorgung
- Betriebsunterbrechungen Top-Risiko – Ergebnisse der alljährlichen Untersuchung zum Risikobewusstseins von Unternehmern
Stromversorgung
- Stromversorgung vor Kollaps – Frankreich droht der Blackout – Warnung vor den möglichen Auswirkungen auf die Stromversorgung aufgrund der erwarteten Kältewelle in der 3.KW
- FRA: Bei Kältewellen drohen Versorgungsprobleme – Bisher kommunizierte Probleme in der französischen Stromversorgung
- Geht Belgien jetzt der Strom aus? – Auch Belgien hat ein Bedarfsdeckungsproblem im Winter
- Winterplanung SWISSGRID 2016/17 – Analyse der Schweizer Situation – bisher ohne Probleme
- Stromnetz unter Druck – Der Bedarf an Reservekraftwerksleistung ist in Deutschland von rund 7,5 auf 8,3 Gigawatt gestiegen
- Truthahn-Illusion: «Das Risiko des Blackout spielt eine untergeordnete Rolle» – Betrachtungen vor der Atomkraftwerksausstiegsabstimmung in der Schweiz
Gerade Erkenntnisse aus lokalen Stromausfällen sollten unsere Wachsam- und Achtsamkeit erhöhen!
- Großflächige Stromausfälle in der Steiermark – „Großflächig“ ist relativ, wie dieses Beispiel zeigt. Dennoch gab es einige Probleme bei der Versorgung der Bevölkerung
Cybersicherheit
- Cyber-Eskalation: gefährliche Kollateralschäden sind möglich – Die Cyber-Eskalation zwischen den USA und Russland hat weiter zugenommen
- US-Energieministerium: Cyberangriffe auf Energieversorger nehmen zu – Alle Jahre wieder die Meldung über die gestiegenen Angriffe auf die Energiewirtschaft
- Das Internet der Dinge ist kaputt – Die Süddeutsche Zeitung hat sich das Thema Internet der Dinge näher angesehen
- Schwere Störungen bei der Deutschen Telekom – IT-Ausfälle mit weitreichenden Auswirkungen
Blicke auf die Situation im europäischen Stromversorgungssystem
Die angeführten Beispiele stammen rein aus öffentlich verfügbaren Quellen. Sie zeigen die aktuellen Herausforderungen auf und sollten uns an die Truthahn-Illusion erinnern.
- Aktuelle Situation– Zusammenfassung der aktuellen Herausforderungen im europäischen Stromversorgungssystem
- Auswertung Redispatching & Intraday-Stops– Auswertung der Eingriffe zur Netzstabilisierung – die Anzahl der Eingriffe sind wieder deutlich angestiegen
- Negativstrompreistage – Auswertung der Tage mit Negativstrompreisen; 2016 gab es im Vergleich zu 2015 (126 Stunden) „nur“ 96 Stunden mit Negativpreisen (2013/2014 waren es jeweils 64 Stunden)
- Der Strompreis klettert in Deutschland/Österreichs am Montag, 16.01.17 zwischen 18-19 Uhr, erstmals seit Februar 2012 (5 Jahre!) deutlich über 100 Euro und erreicht 125 Euro!
Insgesamt ist 2016 gegenüber 2015 deutlich „ruhiger“ und „stabiler“ verlaufen, was vor allem auf die Wetterlage zurückzuführen ist. Eine detaillierte Auswertung, auch der bisherigen Windstromproduktion im Jänner 2017, ist noch ausständig. Diese ist aber durch eine hohe Volatilität gekennzeichnet. Die Produktionsleistungen in Deutschland schwanken in den letzten Wochen zwischen 0,2 und 36 GW (zum Vergleich: das Flusskraftwerk Wien Freudenau kann max. 0,17 GW, die gesamte Donauwasserkraftwerkskette in Österreich rund 2 GW erzeugen). Die theoretische max. Leistung der deutschen Windkraftwerke beträgt aktuell rund 49 GW. Die Energiewende kann unter diesen Rahmenbedingungen nicht gelingen. Hier müssen vor allem im Bereich der Energiebevorratung noch deutlich höhere Anstrengungen und vor allem reale Umsetzungen erfolgen, was derzeit nicht wahrnehmbar ist. Daher hat die Versorgungssicherheit auch zunehmend mit Glück zu tun, nämlich damit, dass die falschen Bedingungen nicht zum gleichen Zeitpunkt zusammentreffen. Keine gute Basis, um die wichtigste Lebensader unserer modernen, stromabhängigen Gesellschaft zu betreiben.
Trackbacks/Pingbacks