und warum das gar nicht so einfach ist.
Quelle: Chaos Communication Congress, Vortrag (PDF), Video, Mathias Dalheimer am 30.12.15
Der steigende Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung und der zunehmende Handel mit Strom erhöht die Belastung der Stromnetze. Welche Auswirkungen hat das auf die Netzstabilität? Wann kommen die Stromnetze an ihre Leistungsgrenze? Wie kann ein gezielter Angriff auf das Europäische Verbundnetz aussehen? Was müsste man tun, um einen Blackout zu verursachen? Und: Wie können wir unsere Stromnetze umbauen, damit das nicht passiert?
Gegenwärtig wird die (N-1)-Sicherheit als Kriterium für die Netzstabilitätsplanung herangezogen: Fällt ein beliebiges Betriebsmittel aus, so muss das Stromnetz weiterhin funktionsfähig bleiben. Dieses Kriterium setzt jedoch voraus, dass Betriebsmittel immer unabhängig voneinander ausfallen. Durch den Stromhandel, aber auch durch die vermehrte Einbindung regelbarer Lasten gibt es in Zukunft externe Ereignisse, welche die Ausfallwahrscheinlichkeiten mehrerer Betriebsmittel gleichzeitig beeinflussen. Dies kann vermehrt sowohl zu großflächigen (d. h. Bundesland aufwärts) als auch zu kleineren Ausfällen führen.
Die Netzfrequenzmessdaten der Schnellabschaltung des Kernkraftwerks Gundremmingen liefert die Grundlage für ein Modell, mit dem das notwendige Lastungleichgewicht zur Destabilisierung des Verbundstromnetzes abgeschätzt werden kann. Der Vortrag diskutiert verschiedene Szenarien, wie eine solche Lastschwankung verursacht werden könnten: durch gezielte Smart-Meter-Manipulation? Durch Fehler in Stromleitungen oder Umspannwerken? Durch den Angriff von Großkraftwerken? Oder durch Marktmanipulationen an der Strombörse?
Auch im kleinen Maßstab kann natürlich die Stromversorgung ausfallen: zum Beispiel bei einem kleinen Stadtnetzbetreiber. Eine Statistik der Bundesnetzagentur über Netzausfälle in Deutschland wird ausgewertet, um z. B. den Einfluß der Energiewende auf die Zuverlässigkeit der Stromversorgung zu bewerten. Der Realitätsgehalt der offiziellen Daten muss jedoch angezweifelt werden.
Schließlich versucht der Vortrag, Wege aufzuzeigen, um die Resilienz des Stromnetzes zu erhöhen. Weniger technische Hindernisse als vielmehr das Festhalten der Energiewirtschaft an ihren Geschäftsmodellen verhindert eine Umstrukturierung der Stromversorgung, die – neben der einfacheren Integration der erneuerbaren Energien – auch die Stabilität des Gesamtsystems erhöhen würde.
Auszüge aus dem Vortrag
Der Vortrag bestätigt zahlreiche von uns getroffene Annahmen und Aussagen. Hierzu auch ein Hinweis auf freie Messdaten unter https://netzsin.us (siehe auch www.netzfrequenz.info bzw. www.netzfrequenzmessung.de).
Siehe 50,2-Hertz-Problem. Physik = rotierende Massen, die derzeit zunehmend aus dem Netz genommen werden!
Der Stromhandel, als einer der problematischten Netzeingriffe, wird von uns immer wieder thematisiert. Dieser nimmt keinerlei Rücksicht auf physikalische/infrastrukturelle Rahmenbedingungen.
Diese Lastsprünge werden durch den 15-Minuten Stromhandel verursacht.
Siehe dazu auch den Beitrag Hacker haben Teile des US-Stromnetzes infiltriert oder die Leittechnikstörung der österreichischen Übertragungs- und Verteilerstromnetzbetreiber 02.05.-07.05.2013. Zur Windstromproduktion siehe etwa Stromnetze an der Belastungsgrenze.
Die Fernabschaltefunktion (remote on/off; breaker) im Smart Meter ist grob fahrlässig und schafft eine massive Verwundbarkeit. Siehe dazu auch die diversen Beiträge.
Diesen Hauptpunkt versuchen wir immer wieder zu adressieren. Es geht nicht um die üblichen Betrachtungen, sondern um die Systemsicht. Einzelbeispiele bestätigen leider immer wieder die fehlende Systemsicht, wie etwa die aktuelle Schweizer Situation (siehe Schweiz: Wieso uns bald ein Blackout drohen kann).
Siehe dazu den Beitrag dezentrales Stromnetz bzw. Das Smart Grid im Zeitalter des Cyberwar.
Es ist erfreulich, dass es immer wieder Menschen gibt, die unabhängig voneinander zu den selben Ergebnissen kommen und gleichzeitig nicht dem Mainstream folgen.
Der Titel „Wie man einen Blackout verursacht – und warum das gar nicht so einfach ist.“ ist stimmig. Natürlich ist es nicht so einfach, ein Blackout im europäischen Stromversorgungssystem auszulösen – an sonst wären wir ja schon öfters damit konfrontiert worden. Dennoch steigt die Fragilität, die Verwundbarkeit und die Komplexität des Systems seit Jahren an. Hinweise genug, um sich im Sinne der Achtsamkeit mit den möglichen Folgen eines solchen Ereignisses auseinanderzusetzen, denn diese übersteigen bei weitem unsere Vorstellungskraft.
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