Quelle: www.energiezone.org

Wieder ein sehr interessantes und aufschlussreiches Gespräch, das die Komplexität bei der Umsetzung der Energiewende aufzeigt, die vielen nicht bewusst ist. Man stellt sich vieles zu einfach vor und ist dann überrascht, wenn die Realität den Power-Point-Versprechungen und so mancher „Studie“, welche isolierte Berechnungen angestellt hat, einen Strich durch die Rechnung macht. Daher auch hier der Hinweis auf die unzureichende Planung, Umsetzung und Adaption der Energiewende und auf das Gefangenendilemma bei der Energiewende.

Zusammenfassung

Im Folgenden wird der Inhalt des bereitgestellten Transkripts einer Podcast-Episode zusammengefasst, wobei besonderes Augenmerk auf die Themen Anschlussleistung und Netzanschlussprobleme, der Bedarf an Umspannwerken und die damit verbundenen Kosten sowie das Problem des isolierten Denkens gelegt wird.

In der Energiezone Podcast-Folge mit Torsten Levsen von Denker Wulf wird die aktuelle Situation des Ausbaus erneuerbarer Energien in Deutschland diskutiert. Trotz eines Rekordausbaus an Windkraftanlagen im Jahr 2024 und einer Verdreifachung der Genehmigungen durch neue Gesetze gibt es erhebliche Herausforderungen bei der Umsetzung neuer Projekte. Die Folge E#50 Torsten Levsen – Vorstandsvorsitzender – Denker & Wulf AG ist ebenfalls hörenswert!

Netzengpässe als größtes Problem

Das größte Problem stellt das Stromnetz dar. Obwohl im letzten Jahr Genehmigungen für über 10 Gigawatt erteilt wurden, konnten nur etwa 3 Gigawatt installiert werden. Dies zeigt eine Diskrepanz zwischen Genehmigungen und tatsächlicher Umsetzung. Es wird erwartet, dass in den nächsten Jahren eine Welle von genehmigten Projekten in die Umsetzung kommt, wobei fraglich ist, ob die Branche diese Menge bewältigen kann.

Anschlussleistung und die Rolle der Übertragungsnetzbetreiber

Die meisten Projekte werden mittlerweile auf der 110-kV-Ebene angeschlossen, was jedoch an die Grenzen der Netzinfrastruktur stößt. Es gibt Lieferengpässe bei der Technik, und die Integration ins Gesamtnetz stellt eine Herausforderung dar. Schleswig-Holstein Netz plant den Bau von bis zu 100 Umspannwerken in Schleswig-Holstein, was die enormen Dimensionen des bundesweiten Bedarfs verdeutlicht.

Bedarf an Umspannwerken und steigende Kosten

Der Bau neuer Umspannwerke ist eine große Herausforderung. Es gibt nur wenige Hersteller von Transformatoren, was zu Lieferengpässen führt. Die Preise für Hochspannungstransformatoren sind in den letzten vier Jahren stark gestiegen. Windkraftanlagen können leichter skaliert werden als Transformatoren.

Koordination und Planung von Wind- und Solarparks

Windkraftprojekte profitieren von der Regionalplanung, die es ermöglicht, den Bedarf an Umspannwerken vorauszusehen. Bei Solaranlagen ist dies schwieriger, da die Entscheidung, Flächen bereitzustellen, oft spontaner erfolgt. Speicher spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, belasten aber zusätzlich die Umspannwerke.

Das Problem des isolierten Denkens

Es wird kritisiert, dass Speicher oft isoliert geplant werden und nicht als Teil eines integrierten Systems betrachtet werden. Energieversorger behandeln Speicher wie separate Einspeiseanlagen, anstatt sie zur Netzstabilisierung zu nutzen. In Schleswig-Holstein gibt es kaum Genehmigungen für Speicher, die nicht ausschließlich mit dem eigenen Windpark verbunden sind.

Die Notwendigkeit einer koordinierten Netzplanung

Es wird betont, dass Investitionen in den Netzausbau notwendig sind, aber auch zu höheren Netznutzungsentgelten führen werden. Der Ausbau des Netzes muss physisch funktionieren, was bedeutet, dass größere Leitungskapazitäten geschaffen werden müssen. Batteriespeicher könnten helfen, die Netze zu entlasten, indem sie Strom aufnehmen, wenn die Leitungen frei sind.

Herausforderungen und Initiativen

Unternehmen versuchen, Flächen an Umspannwerken und Eckmasten zu pachten, um dort Speicher zu installieren. Eckmasten sind besonders geeignet, da sie eine höhere Traglast haben. Es besteht jedoch die Gefahr, dass der Markt durch unkoordinierte Projekte überlastet wird.

Die Situation in Großbritannien als Warnung

In England ist der Speichermarkt zusammengebrochen, weil zu viele Speicher gebaut wurden und die Erwartungen an Regelleistung nicht erfüllt wurden. Dies zeigt, dass ein unkoordinierter Ausbau von Speichern zu Problemen führen kann. Die Antragszahlen für Batteriespeicher in Deutschland sind unrealistisch hoch.

Marktwirtschaftliche Aspekte und Risiken

Im Gegensatz zum Windkraftmarkt ist der Speichermarkt nicht reguliert, was zu hohen Risiken führt. Es besteht die Gefahr, dass zu viele Speicher gebaut werden und sich gegenseitig den Markt wegnehmen. Speicherprojekte sind risikoreich, da die Margen eng sind.

Förderung von Speicherprojekten

Es wird argumentiert, dass Speicherprojekte sinnvoll sind, wenn sie für den Eigenverbrauch genutzt werden. Denker Wulf plant, Speicher in Verbindung mit bestehender Infrastruktur zu bauen, um Investitionsvorteile zu nutzen. Die Politik hat neue Aspekte im Energiewirtschaftsgesetz gesetzt, um die Überbauung von Solar- und Windparks mit Speichern zu fördern.

Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen

Die Vergütung für Windkraftanlagen liegt derzeit bei etwa 8 bis 9 Cent pro Kilowattstunde. Auch bei Netzabschaltungen wird die Vergütung gezahlt, außer bei negativen Strompreisen. Es gab im letzten Jahr etwa 600 Stunden mit negativen Strompreisen. (Richtig ist: 457 Stunden)

Kostensteigerung bei Windkraftanlagen

Im Gegensatz zum Solarmarkt sind Windkraftanlagen nicht günstiger geworden, trotz ihrer Größe. Die Infrastrukturkosten in Deutschland sind stark gestiegen, insbesondere für Transport, Straßenbau und Fundamente. Eine 7-Megawatt-Anlage kostet inklusive aller Infrastruktur etwa 10 Millionen Euro.

Politische Einflussnahme und Marktentwicklung

Die hohen Preise für Windkraftanlagen sind auch darauf zurückzuführen, dass die Hersteller in den letzten Jahren kein Geld verdient haben und die Nachfrage hoch ist. Es wird diskutiert, ob chinesische Anlagen den Marktpreis senken könnten. Die Angst vor Klimawandel und weniger Wind ist unbegründet.

Alterung der Infrastruktur

Viele Transformatoren in den Umspannwerken sind über 50 Jahre alt und müssen erneuert werden. Trafos altern aufgrund der Zersetzung der Isolation. Dies führt zu einem Nachfrageschub nach neuen Transformatoren.

Vergleich mit anderen Ländern

Das deutsche Stromnetz ist im Vergleich zu Italien gut vorbereitet, wo viele Haushalte nur mit 3 bis 5 kW angeschlossen sind. Allerdings ist der Mobilfunkausbau in Deutschland schlechter als im Ausland.

Die Bedeutung der Versorgungssicherheit

Die Versorgungssicherheit mit Kilowattstunden ist entscheidend für die Finanzierung neuer Projekte. Im Solarmarkt gibt es jedoch Probleme, langfristige Stromabnahmeverträge (PPAs) zu bekommen.

Akzeptanz und politische Rahmenbedingungen

Es gibt Initiativen, die gegen Windkraftprojekte demonstrieren, oft mit Unterstützung fossiler Interessen. Bürgerbeteiligung und günstigere Stromtarife könnten die Akzeptanz erhöhen. Die direkte Belieferung mit günstigem Strom ist jedoch noch mit Hürden verbunden.

Windkraft im Norden und Süden Deutschlands

Im Norden Deutschlands ist die Beteiligung an Windkraftprojekten höher als im Süden. Projekte im Süden stehen wirtschaftlich unter Druck, da der Wind weniger weht.

Netzausbau vs. Abschaltung von Anlagen

Es wird diskutiert, ob es sinnvoller ist, das Netz auszubauen oder die Abschaltung von Anlagen zu akzeptieren. Die Steuerung der Anlagen erfolgt oft durch Direktvermarkter, die bei negativen Preisen die Anlagen abschalten. Es wird erwartet, dass die Netzentgelte in den nächsten Jahren steigen werden.

Forderungen an die Politik

Es wird kritisiert, dass es zu viele ungeregelte Solaranlagen gibt und zu wenig Regelleistung, um den Strom aufzufangen. Die Politik sollte Anreize für die Regelung von Solaranlagen schaffen. Es wird eine Vision für den Energiemarkt und eine Planung für die verschiedenen erneuerbaren Energien gefordert.

Auswirkungen internationaler Politik

Die Politik von Donald Trump, die die lokale Öl- und Gaswirtschaft fördert, könnte sich negativ auf Windprojekte in den USA auswirken. Es wird erwartet, dass sich der Fokus der Windkraftanlagenhersteller auf Deutschland erhöhen wird.

Batterieproduktion in Deutschland

Es wird diskutiert, ob die Förderung von Northvolt in Heide sinnvoll ist, oder ob man das Geld besser in ausländische Unternehmen investieren sollte. Es wird argumentiert, dass Deutschland sich auf Forschung und Patente konzentrieren sollte, anstatt zu versuchen, in der Produktion hinterherzujagen.

Automobilindustrie und Energiewende

Die Automobilindustrie hat den Anschluss an die Elektromobilität verpennt. Es wird kritisiert, dass viele Menschen immer noch an alten Denkmustern festhalten und die Notwendigkeit der Transformation nicht erkennen.

 

Netzknoten ❎ BESS

Eine zusätzliche Betrachtung von Andreas Hettich auf LinkedIn. Er arbeitet bei einem Übertragungsnetzbetreiber.

„Großbatteriespeicher-Tsunami flutet die Übertragungsnetze“ – Schlagzeilen der vergangenen Wochen.

Die Batteriespeichersysteme (BESS) erreichen Leistungsgrößen, die dazu führen, dass sie nicht mehr an die Verteilnetze angeschlossen werden.

Können diese Speicher über einen längeren Zeitraum die Versorgung wie beispielsweise Dunkelflauten übernehmen?

Vor allem dann, wenn sie am Übertragungsnetz angeschlossen sind?

Ein Netzknoten im Übertragungsnetz besteht aus mehreren Betriebsmitteln.

Er setzt sich in der Regel aus einer Schaltanlage, Sammelschienen, Leistungstransformatoren, Wandlern, Leitungsanbindungen und Kompensationsanlagen zusammen.

Dazu ein Beispiel:

➡️ Zwei 300 MVA-Leistungstransformatoren, jeweils zu 50 % belastet, ergeben einen Strom von 228 A pro Transformator.

➡️ Zwei Freileitungsanbindungen mit einer Stromtragfähigkeit von über 2.000 A. Freileitungen mit 4er-Bündel können bis zu 4.000 A übertragen!

➡️ Ein 250 MW Großbatteriespeicher (500 MWh) liefert 380 A.

Nun stellt man fest, dass durch diesen Knoten Ströme fließen, die weit über das hinausgehen, was der Batteriespeicher überhaupt bereitstellen kann.

💡 Solche Auslastungen sind dabei keine Seltenheit im Systembetrieb eines Übertragungsnetzes.

Zwischenfazit:

✅ Netzknoten können Ströme von mehreren tausend Ampere führen und Leistungen im Gigawatt-Bereich übertragen.

✅ Selbst ein 250-MW-Speicher kann diese hohen Ströme an einem Netzknoten im Übertragungsnetz nicht allein bereitstellen.

✅ Die Schutzeinrichtungen würden den Speicher unmittelbar wegen Überstrom abtrennen, um eine unzulässige Belastung zu verhindern.

✅ Ein Übertragungsnetz ist für den Transport großer Ströme und Leistungen ausgelegt.

Würde es nicht mehr Sinn ergeben, die Speicher mit einer dann geringeren Leistung direkt am Verteilnetz anzuschließen? Dort wo die dezentrale Erzeugung ihren Peak hat.

Fazit:

Wir brauchen diese Flexibilität durch Batteriespeicher. ✅

Man sollte dennoch immer im Hinterkopf behalten:

Batteriespeicher können wie ein Kraftwerk agieren, sind jedoch keines. 💡