Letzte Aktualisierung am 20. Dezember 2024.
Eigenverbrauchsoptimierte Speicher nutzen derzeit nur einen Bruchteil ihres Flexibilitätspotenzials und tragen nicht zur Markt- und Systemintegration von erneuerbarem Strom bei, da sie unabhängig von Preissignalen arbeiten und damit Lastspitzen und Prognoseungenauigkeiten im Netz verschärfen. In diesem Beitrag werden entsprechende Aussagen zusammengetragen. Es zeigt sich einmal mehr, dass ein systemischer Umbau des Stromversorgungssystems fehlt und eine isolierte Optimierung die Probleme eher verschärft als löst.
Heimspeicher – Nicht so toll wie du denkst
Der Ausgangspunkt war ein Beitrag von Prof. Dr. Lion Hirth von der Hertie School, der diese Problematik sehr gut herausgearbeitet hat, warum Heimspeicher in der derzeitigen Ausgestaltung für die Versorgungssicherheit kontraproduktiv sind. Leider ein weiteres Beispiel dafür, warum wir dringend ein Umdenken hin zu dezentralen Funktionseinheiten mit einem sektorübergreifenden Energiemanagement („Energiezellensystem„) benötigen.
Speicher rechnen sich finanziell, weil sie einem erlauben, mehr selbst erzeugten Strom zu verbrauchen. Das ist attraktiv, weil man dann Netzentgelte, Steuern und Umlagen spart. Nur: das bringt der Gesellschaft natürlich nichts. Eigenverbrauch ist im Grunde ein Steuersparmodell.
Leider bringen Speicher dann auch nichts für Netz oder System. Sie laden einfach voll, sobald die Sonne aufgeht. Und sind irgendwann voll. Dann speist die Solaranlage ins Netz. Das dumme ist: Das ist oft um die Mittagszeit, wenn Markt und Netz ohnehin vor Strom überquellen. Das ist aus Sicht des Stromsystems eher noch schlimmer als gar keine Batterie.
Ein sinnvoll betriebener Speicher verhält sich ganz anders. Er lädt nachts (auch ohne Sonne), entlädt am Morgen (auch wenn ich noch schlafe) und lädt erst am Nachmittag (beim Solar-Peak). Abends entlädt die Batterie (und zwar auch, wenn ich selbst gar kein Strom verbrauche). Die Optimierung orientiert sich an Netz und Markt. Nicht an meinem eigenen Verhalten.
Wir haben das neulich im Rahmen einer Studie im Detail modelliert, mit stundenscharfem Python-Modell und echten Daten. Das Ergebnis: von den 340 Euro im Jahr, die mir der Speicher bringt, sind nur 8 % Systemnutzen. Der Rest ist Umverteilung zulasten der Nachbarn.
Man kann das übrigens alles auch besser machen. Heimspeicher sind klasse Anlagen. bzw. wären es, wenn sie den richtigen Anreizen ausgesetzt wären. Dafür braucht es zweierlei:
- Dynamische Stromtarife
- Zeitvariable Netzentgelte
Für all das können Speicher natürlich nichts. Batterien sind eine tolle Technologie, auch im Stromnetz. Aber sie brauchen sinnvolle Anreize. Das Tragische ist, in der Wissenschaft ist das alles seit vielen Jahren allen klar. Und trotzdem passiert nichts.
Es rechnet sich nicht
Ein sehr empfehlenswertes Gespräch mit Julian Affeldt im Rahmen des Batteriepodcasts, der mit ein paar zweifelhaften Annahmen aufräumt und über die Realität spricht.
Zusammenfassung
- Dynamische Stromtarife und ihre Grenzen im Winter: Die Theorie, dass man mit dynamischen Stromtarifen im Winter durch das Laden zu günstigen Zeiten und die Nutzung zu teuren Zeiten Geld sparen kann, funktioniert in der Praxis oft nicht. Im Winter sind die Preisunterschiede geringer, und die Zeitfenster mit niedrigen Preisen sind oft sehr kurz, manchmal nur ein oder zwei Stunden, auch über Nacht. Oftmals sind die Preise den ganzen Tag über gleich hoch, sodass das Laden des Speichers keinen Sinn ergibt.
- Wirkungsgradverluste: Beim Laden und Entladen von Speichern entstehen Energieverluste, typischerweise 15-20 %. Diese Verluste müssen aus dem Netz kommen, was den Energieverbrauch erhöht. Die Effizienz kann sich auch je nach Last und Ladeströmen ändern.
- Wirtschaftlichkeit: Die Wirtschaftlichkeit von Speichern hängt stark von der Preisdifferenz ab. Eine Preisdifferenz von 15 bis 20 % ist notwendig, damit sich der Einsatz eines Speichers überhaupt lohnt. Im Winter sind diese Differenzen oft nicht gegeben.
- Größe des Speichers: Ein großer Speicher ist teuer und erfordert eine hohe Ladeleistung. Im Sommer steht ein großer Speicher oft ungenutzt herum, da die solare Einspeisung meist ausreichend ist. Im Winter ist der Verbrauch höher und die Zeiten mit günstigen Preisen zu kurz, um einen großen Speicher wirtschaftlich zu betreiben.
- Einfluss von äußeren Faktoren: Externe Faktoren wie die Verfügbarkeit von Sonne und Wind beeinflussen die Strompreise. Im Winter, wenn die solare und Windenergie gering ist, muss Strom aus fossilen Energieträgern erzeugt werden, was zu höheren Preisen führt. Das teuerste Kraftwerk bestimmt den Preis, und Gas ist oft ein teurer Faktor.
- Netzbelastung: Wenn viele Haushalte gleichzeitig ihre Speicher und E-Autos laden, kann die Netzbelastung steigen und die Vorteile dynamischer Tarife zunichtemachen.
- Alternativen: Anstatt auf dynamische Tarife zu setzen, kann es sinnvoll sein, auf Heizstromtarife umzusteigen, die langfristig günstiger sein können. Dabei werden die Preise nicht taggenau an der Börse gekauft. Die Nutzung von neuen Modulen des Paragraphen 14a des Energiewirtschaftsgesetzes kann eine Möglichkeit sein, Rückvergütungen zu erhalten.
- Energiemanagementsysteme: Energiemanagementsysteme müssen intelligent sein und die Verluste bei der Speicherung berücksichtigen, um wirtschaftlich zu sein. Viele Systeme berücksichtigen nicht die Effizienz bei unterschiedlichen Lasten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Idee, mit Speichern in Verbindung mit dynamischen Stromtarifen Geld zu sparen, im Winter oft nicht funktioniert, weil die Preisunterschiede zu gering sind, die Verluste beachtet werden müssen und die Systeme oft nicht intelligent genug sind. Es gibt Alternativen, die im Einzelfall besser geeignet sein können.
Solar-Heimspeicher: DIESE Kurve enthüllt, was keiner sehen will!
In diesem Video analysieren wir die Auswirkungen von Solar-Heimspeichern auf die Stabilität lokaler Stromnetze anhand detaillierter Daten und wissenschaftlicher Methoden. Die präsentierte Grafik zeigt signifikante Unterschiede in der Einspeise- und Speicherleistung, die zu einer potenziellen Belastung im Mittel- und Niederspannungsnetz führen. Diese Untersuchung verdeutlicht, warum netzdienliches Verhalten von Speichersystemen entscheidend für die Energiewende ist.
BNetzA: Wie wecken wir Heimspeicher aus dem Dornröschenschlaf?
In Deutschland sind aktuell ca. 13 Gigawatt Heimspeicher installiert, die aufgrund der EEG-Vergütung nur Grünstrom aus der hauseigenen PV-Anlage einspeichern. Für den Energiemarkt und das Netz sind sie somit weitestgehend nutzlos. Um dieses enorme Potential zu heben und somit auch das drängende Problem der PV-Stromspitzen anzugehen, hat die Bundesnetzagentur einen Vorschlag zu marktaktiven Speichern gemacht, der sich im aktuellen Gesetzentwurf des BMWK wiederfindet: Das Abgrenzungs- und das Pauschalmodell sollen den Wechsel von der EEG-Vergütung in die Direktvermarktung anreizen und somit die Heimspeicher wachküssen.
Am 10.12.2024 hat der Bundesverband neue Energiewirtschaft e.V. Peter Stratmann, Leiter des Referats für Erneuerbare Energien der Bundesnetzagentur, eingeladen die Vorschläge vorzustellen und zu erklären. Hier finden Sie den Vortrag zum Download, sowie eine Aufzeichnung des Webinars.
PDF-Vortrag BNetzA: Wie wecken wir Heimspeicher aus dem Dornröschenschlaf?
Anmerkung: Sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, aber ob es wirklich der große Wurf ist, muss angesichts der komplizierten Regeln und Verfahren und der fehlenden Digitalisierung (Smart Meter) noch bezweifelt werden. Auch weil das Verfahren die lokale Situation (Spannung) nicht berücksichtigt und damit das Problem sogar noch verschärfen kann.