Die bto#257 Episode von Dr. Daniel Stelter ist wieder sehr empfehlenswert und ernüchternd. 

Seit dem berühmten Versprechen des damaligen grünen Umweltministers Jürgen Trittin, die Energiewende würde jeden Haushalt im Monat nur so viel wie eine Kugel Eis kosten, sind hunderte Milliarden Euro in die Energiewende geflossen. Wie viele Hundert Milliarden es genau sind, weiß niemand und die Bundesregierung, von der man erwarten müsste, bei einem Projekt von derartiger volkswirtschaftlicher Bedeutung besonders gründlich auf Kosten und Nutzen zu achten, erklärte vor einem Jahr offiziell, dass sie eine solche Analyse für nicht sinnvoll und machbar halte. Dabei weiß jeder Projektmanager, dass Transparenz und Controlling der Kosten entscheidende Voraussetzungen für den Erfolg sind.

Ob die Energiewende dennoch ein Erfolg ist, diskutieren wir in dieser Episode. Wir schauen auf die Kosten und den Nutzen, fragen, ob das Großprojekt Energiewende effizient umgesetzt wurde und wie es damit weitergeht. 

Unser Gesprächspartner ist Morten Freidel. Er ist stellvertretender Chefredakteur der NZZ Deutschland und Autor des Buches So rettet ihr das Klima nicht!

Sie auch den eigenen Beitrag/das Interview mit Morten Freidel auf dieser Seite.

Hörerservice

  • Die Antwort der Bundesregierung zu den Kosten der Energiewende finden Sie hier
  • Den Überblick zum Kohlendioxidausstoß verschiedener Länder finden Sie hier
  • Die Studie des Bundesrechnungshofs zur Energiewende finden Sie hier.
  • Die zitierte Wasserstoff-Studie vom Fraunhofer ISE finden Sie hier.
  • Das Buch So rettet ihr das Klima nicht! von Morten Freidel finden Sie hier.

 

Die Kosten der Energie­wende dürfen nicht länger vertuscht werden

Think beyond the obvious  

Nach Berechnungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) wird der deutsche Staat erneuerbare Energien in diesem Jahr voraussichtlich mit 23 Milliarden Euro fördern. Das kommt zu den hunderten Milliarden Euro Förderung hinzu, die aufgelaufen sind, seit der damalige grüne Umweltminister Jürgen Trittin vor 20 Jahren versprach, die Energiewende werde jeden Haushalt nur so viel wie eine Kugel Eis pro Monat kosten.

Wie viele Milliarden es wirklich sind, weiß niemand so genau. Die Bundesregierung, von der man erwarten müsste, bei einem Projekt von derartiger volkswirtschaftlicher Bedeutung besonders gründlich auf Kosten und Nutzen zu achten, erklärte vor einem Jahr, eine solche Analyse sei nicht sinnvoll. Dabei sind Transparenz und Controlling laut der Internationalen Organisation für Normung (ISO) entscheidende Voraussetzungen für den Projekterfolg.

Neben dem übergelagerten Ziel – der CO2-Einsparung – geht es bei der Energiewende um wettbewerbsfähige Strompreise. Sie sollen der Wirtschaft nicht schaden und einen Anreiz für die weitere Elektrifizierung setzen. Gleichzeitig geht es natürlich um die Gewährleistung der Versorgungssicherheit.

In allen drei Dimensionen fällt die Bilanz der Energiewende nach 20 Jahren enttäuschend aus: Schon vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine rangierte der deutsche Strompreis deutlich über dem Niveau in anderen Staaten, vor den wichtigen Wettbewerbern China und USA. Der Bundesrechnungshof warnt, dass bei Fortsetzung des eingeschlagenen Weges noch in diesem Jahrzehnt die Versorgungssicherheit eben nicht mehr gewährleistet ist.

Gemäß der Europäischen Umweltagentur lagen die spezifischen ⁠Treibhausgas⁠-Emissionen der Stromerzeugung 2022 in Deutschland bei 366 Gramm pro Kilowattstunde. Sie werden in CO2-Äquivalenten (CO2e) berechnet. Von den größeren EU-Staaten wies nur Polen einen höheren Wert aus.

Ziele verfehlt, Kosten überstiegen

Nicht nur das absolute Niveau der Emissionen ist enttäuschend, vor allem ist es die Veränderung seit 1990. Damals lag der CO2-Ausstoß in Deutschland noch bei 652 Gramm pro Kilowattstunde. Der Rückgang um 286 Gramm oder 44 Prozent ist zwar deutlich, hinkt aber selbst hinter dem vermeintlichen Klimaschädiger Polen zurück. Dort sank der CO2-Ausstoß ohne groß angekündigte Energiewende seit 1990 um 49 Prozent.

Die Energiewende hat nicht nur ihre Ziele verfehlt, sie war auch noch unnötig teuer. Der CO2-Ausstoß der Energieerzeugung ist laut Umweltbundesamt von 2000 bis 2020 um 140 Millionen Tonnen gesunken.

Die jährlichen Vermeidungskosten für CO2 liegen derzeit laut einer Analyse von der Investmentbank Goldman Sachs bei rund 100 Euro pro Tonne. Dabei wird angenommen, dass die Vermeidung dort stattfindet, wo sie am günstigsten umzusetzen ist. Früher waren die Vermeidungskosten niedriger. Aber selbst wenn man für die ganze Zeit 100 Euro ansetzt, ergeben sich nur Kosten von 280 Milliarden Euro über 20 Jahre. Das wäre deutlich weniger als die Kosten von vermutlich 500 Milliarden bis 1000 Milliarden Euro für die Energiewende bis 2021.

Dass bis zum Jahr 2030 für bessere Stromnetze und neue Anlagen zur Stromerzeugung weitere 1000 Milliarden hinzukommen sollen, macht das Bild noch desaströser.

Die Energiewende wächst Deutschland über den Kopf. Das größte Transformationsprojekt braucht endlich ein qualifiziertes Management. Stattdessen betreibt eine überforderte Politik eine Strategie der Kostenvertuschung.