Die Bachelorarbeit „Serious Games als Trainingsmethode für Führungsstäbe am Beispiel des Blackout-Simulationsspiels „Neustart““ von Heidi Männle beschäftigt sich mit der Blackout-Simulation für Gemeinden und Krisenstäbe („Neustart“). Hier einige Auszüge:

4 Ergebnisse

Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse des empirischen Teils dargestellt. Anhand dieser Auswertungsergebnisse werden die aufgestellten Hypothesen verworfen oder bestätigt. Eine Interpretation und Aufarbeitung der Ergebnisse erfolgen in einer anschließenden Diskussion.

4.1 Fragebogenauswertung

Im Folgenden werden die aufgestellten Hypothesen einzeln überprüft.

H1: Die Simulation Neustart trainiert Stressresistenz, Kommunikations-, Moderations-, Analyse- und Teamfähigkeit sowie das Durchsetzungsvermögen, welche für polizeiliche Führungsstäbe relevant sind.

Für die erste Hypothese wurden die Items zur Selbsteinschätzung der zu prüfenden Fähigkeiten herangezogen. Dabei wurden beide Datensätze der Gruppen zusammengenommen, was einer Teilnehmerzahl von 22 Personen entspricht. Die durchschnittliche Veränderung des Wertes für die Selbsteinschätzung beträgt bei der Stressresistenz 0,5 Punkte (10 Verbesserungen, 11 Neutral, 1 Verschlechterung). Bei der Kommunikationsfähigkeit verbesserte sich die Selbsteinschätzung durchschnittlich um 0,27 Punkte (7 Verbesserungen, 12 Neutral, 3 Verschlechterungen). Auch bei der Analysefähigkeit verbesserte sich dieser Wert um 0,27 Punkte (8 Verbesserungen, 11 Neutral, 3 Verschlechterungen). Bei der Moderationsfähigkeit wurde eine durchschnittliche Veränderung von 0,68 Punkten festgestellt (10 Verbesserungen, 12 Neutral, keine Verschlechterung). Beim Durchsetzungsvermögen verbesserte sich die Selbsteinschätzung durchschnittlich um 0,64 Punkte (13 Verbesserungen, 8 Neutral, 1 Verschlechterung). Für die Teamfähigkeit gab es eine durchschnittliche Verbesserung von 0,23 Punkten (8 Verbesserungen, 8 Neutral, 6 Verschlechterungen).

Diese Ergebnisse der Selbsteinschätzung wurden anschließend anhand eines gepaarten t-Tests mit abhängiger Stichprobe statistisch überprüft. Mit der Berechnung wird geprüft, ob sich die Mittelwerte vor und nach der Übung tatsächlich signifikant voneinander unterscheiden. Als Signifikanzniveau wurde a=0,05 gewählt. Die Nullhypothese geht von keiner Veränderung des Mittelwertes aus. Da Hypothese 1 eine Verbesserung vorhersagt, wurde ein einseitiger t-Test für die Berechnung des Signifikanzniveaus herangezogen. Der kritische Wert für die einzelnen t-Tests beträgt 1,7. Ist der berechnete p-Wert kleiner als das ausgewählte Signifikanzniveau von 0,05, wird die Nullhypothese verworfen.

Verglichen mit vor der Übung (M=5,09; SD=1,02) bewerteten sich die Teilnehmenden für die Fähigkeit Stressresistenz (M=5,59; SD=0,80) nach der Übung signifikant besser, t(21)=3,17; p<0,01. Bei der Kommunikationsfähigkeit kam es im Vergleich zu vor der Übung (M=5,55; SD=1,3) zu keiner signifikanten Verbesserung (M=5,82; SD=0,80) der Selbsteinschätzung der Teilnehmenden, t(21)=1,45; p=0,081. Auch für die Analysefähigkeit kam es im Vergleich zu vor der Übung (M=5,32; SD=0,57) zu keiner signifikanten Verbesserung (M=5,59; SD=0,80), t(21)=1,67; p=0,055. Verglichen mit vor der Übung (M=4,91; SD=0,97) bewerteten sich die Teilnehmenden für die Moderationsfähigkeit (M=5,59; SD=0,80) nach der Übung signifikant besser; t(21)=3,58; p<0,01. Die Teilnehmenden bewerteten sich für die Eigenschaft Durchsetzungsvermögen verglichen mit vor der Übung (M=4,95; SD=0,95) nach der Übung (M=5,59; SD=0,73) signifikant besser, t(21)=4,11; p<0,01. Für die Teamfähigkeit wurde vor der Übung ein Mittelwert von 5,5 bei einer Standartabweichung von 0,91 berechnet. Nach der Übung lag der Mittelwert bei 5,73 bei einer Standartabweichung von 0,83. Die Berechnung ergab einen t-Wert von 1,04 und einen p-Wert von 0,154. Für die Teamfähigkeit kam es im Vergleich zu vor der Übung (M=5,5; SD=0,91) zu keiner signifikanten Verbesserung (M=5,73; SD=0,83) der Selbsteinschätzung, t(21)=1,04; p=0,154.

Eine signifikante Verbesserung konnte bei der Stressresistenz, der Moderationsfähigkeit und beim Durchsetzungsvermögen nachgewiesen werden. Zur weiteren Einschätzung der praktischen Bedeutsamkeit bei einer kleinen Stichprobe wurde das Effektstärkemaß nach Cohen (vgl. 1988) ausgewählt. Sie ist ein Maß für den standardisierten Mittelwertsunterschied und passt deshalb zum t-Test. Ist der Wert der Effektstärke (d) kleiner als 0,5, handelt es sich um einen kleinen Effekt. Ein Wert zwischen 0,5 und 0,8 gilt als mittlerer Effekt und bei einer Effektstärke über 0,8 ist es ein großer Effekt. Die Effektstärke betrug bei der Stressresistenz 0,68, bei der Moderationsfähigkeit 0,76 und bei dem Durchsetzungsvermögen 0,88. Somit wurde für die Stressresistenz und die Moderationsfähigkeit ein mittlerer Effekt (0,5<d<0,8) und für das Durchsetzungsvermögen (d>0,8) ein großer Effekt festgestellt.

Zusammenfassend kann die erste Hypothese teilweise bestätigt werden.

H2: Je größer das vorhandene Wissen für den Bereich Stabsarbeit ist, desto besser schneiden die Teilnehmenden für die Simulation Neustart ab.

Für die Prüfung der zweiten Hypothese wurden die Items zur Abfrage der Vorkenntnisse im Bereich Stabsarbeit und die Ergebnisse der Spieldurchläufe herangezogen. Dafür wurde die Korrelation zwischen dem erzielten Punktestand und der Selbsteinschätzung zu den Vorkenntnissen gemessen. Diese Berechnung wurde zum einen mit dem durchschnittlichen Spielergebnis und zum anderen mit dem Spielergebnis der Runde, bei der alle Teilnehmenden bereits Spielerfahrung gesammelt haben und die Rahmenbedingungen wie der Aufbau des Spielfeldes identisch waren, durchgeführt. Für die jeweils letzte Spielrunde erzielte die Gruppe der Studierenden 43 Punkte und die Gruppe des Stabs 53 Punkte. Das Ergebnis der Korrelation wurde anhand eines zweiseitigen t-Tests auf Signifikanz überprüft. Hier konnte ein t-Wert von 2,24 und ein p-Wert von 0,036 berechnet werden. Um eine Aussage über die Stärke des Korrelationskoeffizienten (r) zu treffen, wurde eine Interpretationstabelle verwendet (vgl. Kuckartz u. a. 2013, S.213). Der r-Wert ergab 0,45, was einen mittleren Zusammenhang (0,3 < r < 0,5) zwischen Wissenswerten und Punktezahl darstellt. Basierend auf den berechneten Werten konnte ein signifikanter mittlerer Zusammenhang zwischen den Variablen nachgewiesen werden, t(20)=2,24; p=0,04.

Hypothese 2 kann somit bestätigt werden, insofern lediglich die Ergebnisse der Runde herangezogen werden, bei der die Regeln bereits gefestigt wurden und die Spielenden den Fokus auf ihre Strategie legen konnten. Die Ergebnisse, bei denen der durchschnittliche Punktestand aller durchgeführten Spiele herangezogen wurde (r=-0,45; t=-2,24; p=0,04) konnte eine statistische Signifikanz nachgewiesen werden, dass vorhandenes Wissen sich negativ auf den Punktestand auswirkt.

H3: Spieler mit einer größeren Berufserfahrung verbessern sich subjektiv weniger als unerfahrene Spieler.

Um zu berechnen, ob sich Berufserfahrung positiv auf die Kompetenzverbesserung auswirkt, wurde die Korrelation der durchschnittlichen Kompetenzveränderung und der Berufserfahrung berechnet (r= -0,24) und mit einem zweiseitigen t-Test geprüft. Der t-Wert lag bei 1,10 und der p-Wert bei 0,28. Dieses Ergebnis liegt über dem ausgewählten Signifikanzniveau von 0,05. Somit kann kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Berufserfahrung und der Kompetenzverbesserung nachgewiesen werden.

Um diese Berechnung zu kontrollieren, wurde anstelle der Berufserfahrung zum einen das Alter und zum anderen die Eigeneinschätzung zum Wissen im Bereich Stabsarbeit verwendet. Die Ergebnisse weichen nicht bedeutend von vorherigen Ergebnissen ab. Bei den Werten zur Eigeneinschätzung wurde eine negative Korrelation berechnet (r= -0,16) mit einem t-Wert von 0,74 und einem p-Wert von 0,47. Es konnte kein signifikanter Zusammenhang nachgewiesen werden. Verwendet man das Alter anstelle der Berufserfahrung, konnte ein positiver Zusammenhang (r= 0,23) mit einem t-Wert von 1,06 und einem p-Wert von 0,30 berechnet werden. Es konnte somit kein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden.

Die Hypothese, dass sich Spielende mit einer größeren Berufserfahrung weniger subjektiv verbessern, wird daher verworfen.

H4: Wenn beim Spielen eine subjektive Verbesserung der eigenen Fähigkeiten festgestellt wird, dann führt die gewonnene Spielmotivation zur Akzeptanz des Spiels als Trainingsmethode.

Für die vierte Hypothese wurden zwei verschiedene Items herangezogen, um die Akzeptanz des Spiels zu prüfen. Zum einen wurde die Hypothese anhand der Frage, ob sich die Probanden besser vorbereitet fühlen, und zum anderen anhand der Selbsteinschätzung aus Hypothese 1 getestet. Bei beiden Berechnungen kann ein signifikanter Zusammenhang der Akzeptanz und der wahrgenommenen Verbesserung nachgewiesen werden, t(21)= 2,4; p< 0,05. In Bezug auf das Item, bei dem die Teilnehmenden die Vorbereitung auf eine Krisensituation durch Neustart bewerten sollten, stimmten 14 % von 21 Teilnehmenden der Aussage zu, 43 % gaben eine neutrale Antwort und 43 % fühlten sich eher nicht oder nicht vorbereitet, wenn die Simulation Neustart in der vorliegenden Variante genutzt werden soll.

[Anmerkung: Neustart richtet sich vor allem an Organisationen (Gemeinden), in denen selten eine Stabsstruktur oder Erfahrung mit Stabsarbeit vorhanden ist. Daher war es nicht primäres Ziel von Neustart, Stabsarbeit im herkömmlichen Sinn zu trainieren, sondern die Notwendigkeit von vernetztem Denken und Handeln (Zusammenarbeit) bewusst zu machen.]

15 von 20 der Teilnehmenden antworteten, dass Neustart als Lernmethode eher befürwortet werden würde. Drei der Teilnehmenden hielten es für weniger wahrscheinlich Neustart, als Lernmethode weiterzuempfehlen und zwei Befragte für unwahrscheinlich.

Den Befragten wurde die Möglichkeit gegeben Anpassungsmöglichkeiten des Spiels im qualitativen Teil anzuführen. Die Weiterempfehlungsbereitschaft und die Einschätzung zur Krisenvorbereitung wiesen ebenfalls eine signifikante positive Korrelation (r=0,43) auf, t(21)= 2,12; p£ 0,05.

Hypothese 4 wird somit bestätigt. Es wird einerseits belegt, dass die Akzeptanz für Neustart als Trainingsmethode steigt, wenn sich die Teilnehmenden durch die Übung selbst besser auf die Stabsarbeit vorbereitet fühlen. Andererseits wird die Akzeptanz als Trainingsmethode auch nachgewiesen, wenn sich die Selbsteinschätzung der Probanden insgesamt erhöht.

H5: Die durch das Absolvieren der Simulation Neustart subjektiv vermittelten Fähigkeiten können auf die Stabsarbeit in der Praxis transferiert werden.

Die fünfte Hypothese wurde anhand der qualitativen Antworten im Fragebogen untersucht. Damit ein Transfereffekt geprüft werden konnte, wurde zum einen eruiert, welche Fähigkeiten der Stabsarbeit, aus den Vorlesungsinhalten oder der Praxis, zur Bewältigung der Lage im Spiel angewendet werden konnten. Zum anderen wurde betrachtet, ob durch das Spiel vermittelte Fähigkeiten für die praktische Stabsarbeit relevant sein könnten.

Von insgesamt 22 Befragten führten 19 Teilnehmende die offene Befragung im zweiten Teil der Umfrage durch. Dabei konnten 35 Nennungen, welches vorhandene Wissen umgesetzt werden konnte, herausgearbeitet werden. Diese wurden zuerst in drei Kategorien eingeteilt. Drei Teilnehmende gaben an, dass keine Vorkenntnisse auf das Spiel umgesetzt werden konnten. 14 Inhalte beziehen sich auf theoretisches Wissen, wie Vorlesungsinhalte (4) und Grundlagen zur Stabsarbeit (2) sowie die theoretischen Inhalte des Wahlmoduls (8). 18 Angaben konnten als praktische Fähigkeiten kategorisiert werden. Fünf Fähigkeiten wurden beschrieben, lediglich Stressresistenz nicht.

Ob Stabsarbeit als Trainingsmöglichkeit für Führungsstäbe demnach als sinnvoll eingestuft wird, wurde anschließend erfragt. Dabei stuften 8 der 19 Befragten Neustart als sinnvoll, 10 von 19 Befragten als teilweise sinnvoll und eine befragte Person als nicht sinnvoll ein. Dabei waren die Antworten aus der Gruppe der Studierenden tendenziell negativer als die Antworten aus der Gruppe der Stabsmitglieder.

Die Mehrheit der Studierenden, 8 von 12 Befragte, ist der Meinung, dass Neustart nur unter bestimmter spezifischer Anpassung in Bezug auf die polizeiliche Stabsarbeit sinnvoll ist. Drei Studierende gaben an, dass Kompetenzen, die auch in der Stabsarbeit von Vorteil sind, beim Üben mit Neustart trainiert werden. Hier wurde explizit die Kommunikationsfähigkeit genannt. Aus der Gruppe der Stabsmitglieder waren 4 von 7 Teilnehmenden der Meinung, dass Neustart sinnvoll angewendet werden kann und es dabei nur auf das festgelegte Ziel ankommt, wie beispielsweise die spielerische Heranführung von Grundlagen der Stabsarbeit. Die restlichen drei Teilnehmenden stimmten einer Anwendung von Neustart eingeschränkt zu. Dabei wurde auf die Anpassung an die polizeiliche Arbeit verwiesen und die Zielsetzung als vorherige Bedingung der Anwendung in den Mittelpunkt gestellt. Die Fähigkeiten, welche durch die Simulation Neustart geschult werden, können somit für das Training polizeilicher Führungsstäbe verwendet werden.

Auf Grund der vielseitigen Angaben im qualitativen Teil des Fragebogens kann die Hypothese 5 bestätigt werden. Bezieht man die Hypothese auf die genauen Abläufe in einem Führungs- und Einsatzstab während eines Einsatzes, müsste sie verworfen werden, da dies nicht abgebildet werden kann. Jedoch ist die Simulation Neustart in der vorgestellten Form für die Grundlagenkompetenzen anzuwenden und kann in den Augen der Teilnehmenden für spezifischere Ziele einer Übung angepasst werden. Welche Anpassungen von Seiten der Befragten vorgeschlagen wurden, wird im Folgenden dargestellt.

Insgesamt konnten 25 Anpassungsmöglichkeiten aus den Antworten der Teilnehmenden herausgearbeitet werden. Diese wurden in 5 verschiedene Kategorien eingeteilt. 11 der 25 Anpassungsvorschläge zielten auf die Einbindung praxisrelevanter Vorgehensweisen ab. Hier wurden taktische Herangehensweisen, wie beispielsweise die räumliche Trennung der Akteure und die Einbindung eines Lagezentrums mit Übertragung des Lageplans, aber auch das Zuteilen spezifischer Aufgaben an einzelne Stabsmitglieder (Dokumentation des Einsatzes) angeführt. Zudem wurden Aufgaben beschrieben, die zu einer Annäherung an spezifische Situationen im Rahmen der Einsatzbewältigung führen (Simulation eines Schichtwechsels, selbstständige Planung mit verfügbaren Einsatzkräften). 5 Antworten beinhalteten die Erhöhung des Schwierigkeitsgrades im Allgemeinen. Weitere 5 Anpassungsvorschläge bezogen sich auf das Regelwerk. Teilweise wurde eine eindeutigere Abgrenzung einzelner Regeln gewünscht. Außerdem wurde die Anpassung der Punktevergabe hinsichtlich der Wertigkeit (Toter= -1) und die Reduzierung der Zufallsparameter durch Würfeln vorgeschlagen. Eine weitere Kategorie stellte die Änderung der Spielmechanik dar. Hier wurden schlichte Anmerkungen, wie die Sichtbarkeit der Selbsthilfebasen, notiert sowie Veränderungen, wie der Einsatz zusätzlicher Ressourcen und die Erhöhung der Aktionspunkte in Verbindung mit Hinzufügen von weiteren Aufgaben vorgeschlagen. Unabhängig von der Vorerfahrung im Bereich der Stabsarbeit konnten somit ähnliche strukturelle Verbesserungsvorschläge festgestellt werden.

Bei der Frage, wie der Einsatz der Simulation Neustart bei der Polizei aussehen könnte, konnten aus 19 Antworten 32 Vorschläge zusammengefasst und kategorisiert werden. Am häufigsten wurde mit 8 Nennungen der Einsatz der Simulation Neustart in Form einer Übung genannt. Mit jeweils 7 Inhalten wurde der Einsatz als Teambuilding und Grundlagenausbildung vorgeschlagen. Dabei wurde nicht explizit der Bereich der Stabsarbeit angesprochen, sondern auch der Streifendienst und die Ausbildungsstätten. Dasselbe konnte für den Einsatz als Fortbildungsmittel (6 Nennungen) festgestellt werden. Hier wurde beispielsweise die Fortbildung von Führungskräften im Polizeivollzugsdienst und von Mitarbeitern in Führungs- & Einsatzstäben genannt. Der Einsatz an der Hochschule für Polizei im Rahmen eines Wahlmoduls oder einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft (AG) wurde mit 3 Nennungen von der Gruppe der Studierenden vorgeschlagen. Außerdem wurde aus der Gruppe der Studierenden die Anwendung als Mittel zur Schaffung eines Bewusstseins zum Phänomen Blackout und als Analyseinstrument genannt.

Am Ende des Fragebogens bestand die Möglichkeit, die eigene Meinung zur Simulation Neustart und den Einsatz als Trainingsmethode darzustellen. Hier wurden 17 Datensätze erfasst, welche wiederum kategorisiert wurden. Am häufigsten wurde der Faktor Spaß angeführt (4 Nennungen). Dazu wird erwähnt, dass die Simulation Neustart für die gesamte Polizei zur Verfügung stehen sollte, um bestimmte Kompetenzen auch in Dienstgruppen zu trainieren oder Auswahlverfahren für Führungskräfte und Sondereinheiten zu verbessern. Die Notwendigkeit einer theoretischen Einführung in das Szenario und bei Studierenden in die theoretische Stabsarbeit wurde ebenfalls thematisiert. Dreimal wurden das Potential und die Qualität des Spiels hervorgehoben. Kritisiert wurde einmal der Zeitaufwand, welcher durch die Vorbereitung und das Verständnis des Spiels entsteht, sowie die Möglichkeit der fehlenden Seriosität. Zudem wurde zweimal angeführt, dass für einen spezifischeren Kontext Änderungen vorgenommen werden müssen, insbesondere für Gebiets- und behördenübergreifende Arbeit.

4.2 Beobachtungsprotokolle

In diesem Unterkapitel werden die Ergebnisse der Beobachtungsprotokolle und der sonstigen für die Untersuchung relevanten Beobachtungen der Verfasserin zusammengefasst.

Außerhalb des Beobachtungsprotokolls wurden bei der ersten Gruppe die Spieldauer der gesamten Spieldurchläufe und das Ende der einzelnen Wochentage protokolliert. Bei der zweiten Gruppe wurden alle Phasen zeitlich festgehalten, um den Verlauf des Spiels besser nachvollziehen zu können. Das Tutorial (Spiel 0) der Studierendengruppe wurde nicht dokumentiert. Das erste Spiel der Studierenden (Spiel 1.1) dauerte drei Stunden und wurde am fiktiven Sonntag des Spiels beendet. Der erste Durchlauf der Gruppe der Stabsmitglieder (Spiel 1.2) wurde einen Wochentag früher beendet und dauerte insgesamt zweieinhalb Stunden. Für das zweite Spiel (Spiel 2.2), bei dem die Zeitvorgaben eingehalten werden mussten, wurden eine Stunde und 51 Minuten in Anspruch genommen. Im Durchschnitt wurden im ersten Spieldurchlauf 9,7 Minuten Zeit benötigt, um die Aufgabe zu lösen und sich abzusprechen. Die zweite Spielrunde der Studierenden wurde nicht in die Wertung miteinbezogen, weil für diesen Durchlauf testweise das Regelwerk verändert wurde und dadurch ein unverhältnismäßig hoher Endpunktstand von 77 Punkten erzielt werden konnte. Die dritte und letzte Spielrunde (Spiel 3) der Studierenden dauerte eine Stunde und 45 Minuten. Hier wurden die gleichen Spielbedingungen wie in Spiel 2.2 geschaffen, um eine bessere Vergleichsgrundlage zu gewährleisten. Im Bezug auf den Punktestand verbesserten sich die Studierenden um drei Punkte von 40 Punkten in Spiel 1.1 zu 43 Punkten in Spiel 3. Die Gruppe der Stabsmitglieder erzielte in Spiel 1.2 24 Punkte und in Spiel 2.2 53 Punkte, was eine Steigerung um 19 Punkte entspricht.

Die Tabellen mit den vollständigen Zeitangaben und Punkteauswertungen können in der Anlage 4 eingesehen werden.

Die Verhaltensweisen in Bezug auf die verschiedenen Fähigkeiten wurden quantitativ ausgewertet. Sie wurden im Beobachtungsprotokoll gezählt, sobald ein Verhalten eindeutig einer Fähigkeit zuzuordnen war.

Bei der Auswertung der Protokolle fiel auf, dass die Gruppe der Stabsmitglieder nur einmal eine Stressreaktion zeigte, im Gegensatz zu den Studierenden, bei denen neun Stressreaktionen dokumentiert wurden. Eine Person äußerte, dass die eigene Smart-Watch eine deutliche Steigung der Pulsfrequenz anzeigte. Als in Spiel 3 das Feld verändert wurde, konnte beobachtet werden, wie die Studierenden gegen Ende des Zeitlimits sich hektisch verhielten und ohne Absprachen mit anderen Teams Entscheidungen trafen. Dieses Verhalten wurde in der Gruppe der Stabsmitglieder nicht beobachtet. Das Zeitlimit wurde problemlos eingehalten. In Bezug auf die Kommunikationsfähigkeit wurden viele Gruppendiskussionen geführt, bei denen eine gemeinsame Abwägung, aber keine Lagebesprechung stattfand. Entscheidungen wurden teilweise im Team getroffen, jedoch immer durch die anderen Mitglieder bestätigt. Bei den Studierenden konnten häufiger Kreuz- & Querdiskussionen festgestellt werden und es wurde weniger aktiv zugehört. Schnippische Bemerkungen fanden eher bei den Stabsmitgliedern statt. Bei beiden Gruppen wurden Zusammenhänge erkannt und Probleme analysiert. Die Moderation der Maßnahmen und Aufgaben wurde in der Gruppe der Stabsmitglieder besser koordiniert. Hier fand auch die Güterabwägung zu einem früheren Zeitpunkt statt. Folglich wurden die Entscheidungen auch logisch mit Argumenten untermauert, sodass diese zügig durchgesetzt werden konnten. Bei den Studierenden konnte dieses Verhalten weniger oft beobachtet werden. Auch in Bezug auf die Teamfähigkeit agierten die Stabsmitglieder entschlossener, indem Konflikte dadurch vermieden wurden, dass jede Kompetenz eines Teams offen angesprochen, Aufgaben dementsprechend zugeteilt und gegenseitiges Vertrauen gezeigt wurde, indem über die freiwilligen Aktionen gemeinsam entschieden wurde. Bei den Studierenden zogen sich einzelne Teammitglieder zurück und bestätigten dann im Nachhinein die Entscheidung der anderen, ohne sich aktiv zu beteiligen. Auch bildeten sich bei dieser Gruppe Meinungsführer heraus (Montag, Nachtphase, Minute 3:30: „Jetzt mal jeder sagen, was er gemacht hat!“), was bei der Gruppe der Stabsmitglieder nicht beobachtet werden konnte. Zudem wurde bei den Studierenden beobachtet, dass sich mit zunehmender Komplexität der Lage andere Wege gesucht wurden, um die Situation in den Griff zu bekommen, wie zum Beispiel das Hinterfragen des Regelwerks. Es wurde häufiger versucht, die Aufgabe fehlerfrei zu lösen, anstatt Ressourcen und Entscheidungen abzuwägen. Die Studierenden bemühten sich möglichst keine Todesopfer beklagen zu müssen, während die Stabsmitglieder einen makabren Umgang mit negativen Folgen zeigten („Jeder, der jetzt stirbt, geht auf dein Konto“). Während des Spielablaufs konnte bei den Stabsmitgliedern eine Zunahme der Risikoabwägung und des strategischen Denkens beobachtet werden. Zudem wurde bei beiden Gruppen die Restzeit genutzt, um präventive Entscheidungen zu treffen.

Zusammenfassend wurde die Gruppe der Stabsmitglieder durch den Beobachter als stressresistenter, kommunikativer und handlungssicherer wahrgenommen. Beide Gruppen versuchten, die Aufgaben erfolgreich zu lösen.

5 Diskussion

Im Folgenden werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung im Kontext der vorhandenen Literatur interpretiert und kritisch analysiert. Dabei liegt der Fokus auf der Bewertung der Hypothesen, womit die Forschungsfrage, ob Neustart als Trainingsmittel für polizeiliche Führungsstäbe geeignet ist, beantwortet werden soll. Zudem werden methodische Einschränkungen und potenzielle Störvariablen diskutiert, um die Interpretation der Ergebnisse zu unterstützen und weiterführende Forschungsansätze aufzuzeigen.

Damit die Simulation Neustart als Trainingsmittel in Frage kommen kann, wurde zuerst geprüft, ob bestimmte Fähigkeiten der Stabsarbeit trainiert werden (H1). Dabei wurde festgestellt, dass sich die Hälfte der ausgewählten Fähigkeiten anhand der Selbsteinschätzung signifikant verbessert haben, hier die Stressresistenz, das Durchsetzungsvermögen und die Moderationsfähigkeit. Bei Kommunikations-, Analyse- und Teamfähigkeiten konnte anhand der Ergebnisse keine signifikante Verbesserung nachgewiesen werden, obwohl die Mehrheit der Teilnehmenden mündlich und schriftlich einen positiven Effekt auf die Kommunikation im Team bestätigten. Ein Grund für diesen Widerspruch könnte sich in der Beschreibung der Fähigkeiten im Fragebogen finden, da es sich bei der Interpretation um einen subjektiven Faktor handelt.

Die Definition des Items zum Wissen im Bereich der Stabsarbeit (H2) ist ebenfalls ein subjektiver Faktor. Das festgestellte Ergebnis zu dieser Hypothese ist daher kritisch zu betrachten. Zusätzlich ist der Endpunktestand des Spiels von einer Vielzahl an Faktoren abhängig, wobei insbesondere die bewusst installierten Zufallskomponenten einen größeren Einfluss haben. Die Größe der Stichprobe ist nicht ausreichend, um diesen Faktor reduzieren zu können. Anhand einer multiplen Regressionsanalyse könnte der Einfluss der Zufallsvariablen untersucht werden. Weil dieses Vorgehen aus zeitlichen Gründen nicht möglich war, wird die durchgeführte Beobachtung der beiden ausschlaggebenden Spieldurchläufen als Vergleichsgrundlage herangezogen. Das Ergebnis der statistischen Auswertung ist signifikant, dass vorhandenes Wissen zu einem besseren Spielergebnis führt. Jedoch nur, wenn die Regeln des Spiels bereits gefestigt wurden. Dieses Ergebnis kann durch die Ergebnisse der Beobachtung verifiziert werden. Die Gruppe der Stabsmitglieder erzielten im beobachteten Durchlauf 53 Punkte, wobei die Gruppe der Studierenden unter identischen Bedingungen 43 Punkte erzielten. Beide Gruppen erkannten die Herausforderung der neuen Bedingungen und versuchten mit den vorhandenen und erlernten Kenntnissen das bestmögliche Resultat zu erzielen. Die Beobachtung zeigte, dass die Gruppe der Stabsmitglieder sofort gewohnte Verhaltensweisen, wie eine argumentative Kommunikation, umsetzten und eine strukturierte Vorgehensweise erkennen ließen. Bei der Gruppe der Studierenden wurde diese Struktur durch die vorherige Anweisung, eine Lagebesprechung zu Beginn der Aufgabenphase durchzuführen, vorgegeben. Im Verlauf des Spiels fielen die Studierenden jedoch wieder in alte Muster zurück. Beispielsweise wurden Entscheidungen ohne Vorüberlegungen getroffen. Nur durch eine abschließende Reflexion des Wahlmoduls wurden die Beobachtungen bestätigt und erkannt, dass eine Lagebesprechung zu einem besseren Situationsbewusstsein führt, wodurch die Lage so beurteilt werden kann, dass es zu einer effektiven Entscheidungsfindung kommt. Zudem wurde nochmal deutlich gemacht, dass unstrukturierte Diskussionen sehr viel Zeit beanspruchen, was wiederum zu Unruhe und einem stärkeren Stressempfinden führt. Die Reflexion des Wahlmoduls könnte einen Einfluss auf die Antworten des Fragebogens haben, was erklären würde, warum die Analyse-, Team- und Kommunikationsfähigkeit schlechter wahrgenommen wurden. Andererseits könnte die Spielerfahrung mit Neustart dazu geführt haben, dass die Teilnehmenden aktiv ihre Fähigkeiten reflektierten. Damit diese Denkprozesse angestoßen werden können, ist die Einführungsrunde zur Festigung und Verständnis des Regelwerks auch nach der Meinung der Verfasserin unbedingt erforderlich, was zudem durch die signifikante Verschlechterung der Punktezahl in Bezug auf Erfahrungswerte verdeutlicht wird. Erst wenn die Teilnehmenden frei von Regelblockaden agieren können, werden verinnerlichte Verhaltensweisen gezeigt. Aus diesem Grund schnitt die Gruppe des Führungsstabes in der entscheidenden Runde besser ab als die Gruppe der Studierenden.

Die Ergebnisse der Fragebogenauswertung für Hypothese 3 führen zur Schlussfolgerung, dass die Verbesserung der Fähigkeiten nicht von den Dienstjahren, dem Alter oder dem Wissen in Bezug auf die Stabsarbeit abhängt. Die freitextlichen Angaben im Fragebogen und die Ergebnisse der Beobachtung bestätigen dieses Ergebnis. Diese Hypothese muss demnach verworfen werden. Es könnte jedoch untersucht werden, ob bei verschiedenen Gruppen, unterschiedliche Fähigkeiten beansprucht werden. Dieser Einsatz der Simulation Neustart als Analyseinstrument wurde ebenfalls in einer freitextlichen Antwort im Fragebogen vorgeschlagen.

Die vierte Hypothese, dass die Simulation Neustart eher akzeptiert wird, wenn die wahrgenommene Leistung sich verbessert oder man sich auf eine Krisensituation vorbereitet fühlt, wurde zwar bestätigt, jedoch muss hier beachtet werden, dass Neustart durch die Mehrheit der Teilnehmenden nur in einer angepassten Form für Übungen für einen polizeilichen Führungsstab in Frage kommt. Die differenzierten Antworten im zweiten Teil des Fragebogens zeigen, dass es viele Möglichkeiten zur Anpassung des Spiels gibt, die ein realitätsnahes Üben zulassen ermöglichen. An dieser Stelle wird der Nutzen hervorgehoben, der entsteht, wenn alle Teilnehmenden freiwillig, mit einer bestimmten intrinsischen Motivation an der Übung teilnehmen. Es sollte demnach das Ziel jeder Führungskraft sein, eine solche Motivation hervorzurufen.

Ein Transfer, zwischen den in der Simulation Neustart vermittelten Fähigkeiten und den Fähigkeiten der polizeilichen Stabsarbeit, findet in beide Richtungen in verschiedenen Ausprägungen statt (H5), solange man sich auf grundlegende Kompetenzen bezieht und Fachwissen außen vorlässt. Hier sind vor allem die verschiedenen Tätigkeitsfelder der einzelnen Stabsbereiche gemeint. Für die Weiterbildung von Führungsstäben sind angepasste Übungen notwendig, was durch die ausführlichen Antworten und die Ergebnisse der Literaturrecherche bestätigt wird. Zinke, Hofinger und Melchert (vgl. 2022, S.406) stellten mit der Durchführung des fachfremden Planspiels „Insel in Not“ bereits fest, dass solche Spiele eine Grundlage für die Einführung in den Bereich der Stabsarbeit darstellen, der Transfer jedoch durch die Reflexion nach dem Spiel stattfinden muss. Die subjektiv vermittelten Fähigkeiten der Simulation Neustart können demnach mit Hilfe einer anschließenden Nachbesprechung auf die Stabsarbeit der Polizei transferiert werden. Da sich kein Item des Fragebogens auf die Reflexion bezieht, könnte diese Variable in der weiterführenden Forschung miteinbezogen werden. Die teilnehmende Beobachtung als subjektive Methode füllt diese Forschungslücke nicht ausreichend, auch wenn ein positiver Effekt der Reflexion des Wahlmoduls der ersten Gruppe beobachtet werden konnte.

Eine mögliche Störvariable stellt die Spielleitung an sich dar. Die Moderation und Spielleitung übernahm für beide Gruppen die Verfasserin teilweise selbst. Für die Beobachtung des entscheidenden Spieldurchlaufs der Stabsmitglieder wurde eine Teilnehmerin für die Durchführung der Beobachtung instruiert. Da die Beobachtung stark subjektiv verläuft und Bewertungen, wie beispielsweise die Kommunikation untereinander, positiv oder negativ ausgelegt werden können, kann es bei fehlender Rollenklarheit zu Missverständnissen kommen. Dies wird auch durch Saurugg, Zeller und Meyer (vgl. 2022, S.49) betont, in dem die Notwendigkeit einer Nachbereitung für einen erfolgreichen Transfer zwischen Spiel und Realität thematisiert wird. Sie stellen zudem klar, dass die Nachbereitung durch die Spielleitung strukturiert dokumentiert und aufbereitet werden sollte. Diese Aufgabe kann effektiver wahrgenommen werden, wenn die Rollen eindeutig getrennt bleiben, sodass die Beobachtung durch den Forschenden selbst durchgeführt werden kann. Dadurch wird nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer Fehlinterpretation ausgeschlossen, sondern es besteht auch die Möglichkeit, den Fokus auf die Spielleitung zu richten, um etwaige Führungsaufgaben in zukünftige Untersuchungen miteinzubeziehen.

Die Teilfrage, ob ein allgemeiner Einsatz der Simulation Neustart bei der Polizei sinnvoll ist, wurde durch die diversen Vorschläge im qualitativen Teil des Fragebogens verifiziert. Auch wenn die Mehrheit sich eine Anpassung wünscht, ist der Einsatz ohne Veränderung für Grundkenntnisse empfehlenswert. [Anmerkung: Krisenstabsarbeit erfordert Abstraktionsvermögen. Das bedeutet, dass man auch mit unerwarteten Abweichungen gut umgehen kann und sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. In diesem Sinne ist Neustart auch zu verstehen, wenn nicht alles so dargestellt wird, wie man es im eigenen Bereich erwartet und gerne hätte. Ein Serious Game wird nie die gesamte Realität abbilden können.] Die Antworten im qualitativen Teil des Fragebogens bestätigen zudem die Annahme von Hofinger und Heimann (vgl. Hofinger & Heimann 2022a, S.369), dass viele Stäbe unter einer hohen Fluktuation leiden und deshalb die Ausbildungsziele neuer Stabsmitglieder bis zum ersten realen Einsatz nicht erreicht werden können. Die Simulation Neustart kann für dieses Ziel ohne die Verwendung wertvoller Ressourcen eingesetzt werden, um die Grundlagen der Stabsarbeit zu vermitteln, die Zusammenarbeit zu fördern und sich selbst zu testen.

6 Fazit

Im abschließenden Kapitel werden die vorgestellten Inhalte eingeordnet und ein Fazit gezogen. Zu Beginn dieser Arbeit wurde das Ergebnis einer Literaturrecherche vorgestellt, welche sich aus den Bestandteilen der Forschungsfrage ableitete. Dabei bildete dieser theoretische Teil der Arbeit das Fundament für die anschließende empirische Untersuchung.

Führt man sich die in der Einleitung beschriebene Forschungsfrage, ob mit Hilfe der Simulation Neustart Fähigkeiten eines polizeilichen Führungsstabes trainiert werden können, vor Augen, ist diese eindeutig zu bejahen. Die Ergebnisse der Arbeit haben gezeigt, dass die Fähigkeiten, welche in einem Führungsstab der Polizei als vorteilhaft erscheinen, durch die Durchführung des Spiels mehr oder weniger intensiv beansprucht werden. Da die Kompetenzanforderungen in einem Führungs- und Einsatzstab je nach Stabsbereich und Aufgabengebiet variieren, kommt es bei der Beurteilung der Frage nicht darauf an, ob die Simulation Neustart bei der Polizei eingesetzt werden kann, sondern in welcher Art und Weise der Einsatz am meisten Erfolg verspricht.

Mit Hilfe des Fragebogens konnte nur teilweise nachgewiesen werden, dass die Fähigkeiten, die betrachtet wurden, sich subjektiv verbessert haben. Das Ergebnis fiel für die Stressresistenz, das Durchsetzungsvermögen und die Moderationsfähigkeit positiv aus. Es konnte zwar keine signifikante Verbesserung der Selbsteinschätzung für die Kommunikations-, Team- und Analysefähigkeit festgestellt werden, jedoch konnte durch die Beobachtung der Verhaltensweisen der Teilnehmenden ein Fortschritt für diese Fähigkeiten wahrgenommen werden.

Durch die Beobachtung konnte auch dokumentiert und der Schluss gezogen werden, dass es für die Simulation Neustart einer theoretischen und praktischen Einführung bedarf, bei der es in erster Linie um das Spielverständnis geht. Anhand von Übungszielen können darauf aufbauend Kompetenzen verbessert werden, sodass der Erfahrungsgewinn zu einem besseren Spielergebnis führt.

Durch die Analyse der Ergebnisse konnte nicht nachgewiesen werden, dass es eine Abhängigkeit zwischen Erfahrungswerten und Grad des Trainingseffekts gibt. Die Simulation Neustart führte bei beiden Gruppen zu einer positiven Leistungssteigerung. Die gewonnene Leistungssteigerung und Erkenntnisse führen zu einer intrinsischen Motivation und dadurch zu einer Akzeptanz der Simulation Neustart als Trainingsmethode für polizeiliche Führungsstäbe.

Damit die Abläufe im Bereich der Stabsarbeit nachhaltig trainiert werden können, müssen zum einen Grundlagenkenntnisse vermittelt und darauf aufbauend zielgerichtete Kompetenzentwicklungsprozesse angestoßen werden. Je nach Übungsform werden dafür wenig oder viele Ressourcen aufgebracht. Die Simulation Neustart kann eine planmäßig vorbereitete realitätsnahe Vollübung nicht ersetzen. Vielmehr füllt das Training mit der Simulation Neustart die Lücke von dem Einstieg in die Stabsarbeit bis hin zur Vertiefung der einzelnen Aufgabenbereiche in einem Stab. Ob dieser Einstieg im Rahmen des Studiums zum gehobenen Polizeivollzugsdienstes der Polizei oder in den jeweiligen Dienststellen ermöglicht werden kann, spielt keine entscheidende Rolle. Es könnte stattdessen in einer weiterführenden Bearbeitung des Themengebiets untersucht werden, ob die flächendeckende Vermittlung von Grundlagenwissen der Stabsarbeit die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren innerhalb und außerhalb der Polizei verbessert. Dieser Forschungsansatz ergibt sich aus dem wesentlichen Ergebnis, dass ein Transfer zwischen der Simulation und den Grundzügen der Stabsarbeit gegeben ist, indem ein spielerisches Heranführen an die Strukturen eines polizeilichen Führungsstabes stattfindet.

Weitere aufschlussreiche Erkenntnisse könnten festgestellt werden, wenn man die Anwendung der Simulation Neustart in Verbindung mit einer angeleiteten Nachbereitung untersucht, wie sie durch die Entwickler empfohlen wird. Zudem könnten bereits vorhandene Erfahrungsberichte mit den Ergebnissen der polizeilichen Betrachtung der Simulation Neustart verglichen werden, um so den Einsatz der Simulation optimieren zu können.

Zukünftige Forschung zur Nutzung von Serious Games im Rahmen von polizeilichen Führungsstäben im Allgemeinen und zur Verwendung der Simulation Neustart im Speziellen sollte die Untersuchung auf eine größere Anzahl teilnehmender Gruppen ausweiten.

Ein weiteres Forschungsfeld stellt die Weiterentwicklung der analogen Simulation Neustart zu einer digitalen, computergestützten Variante dar.

Abschließend ist festzuhalten, dass es sich bei der Simulation Neustart nicht nur um ein Serious Game, als welches es in dieser Arbeit betrachtet wurde, handelt, sondern auch um ein Bewusstsein schaffendes Präventionsmittel, welches Resilienz schafft und auf bevorstehende Krisen aufmerksam macht.