Letzte Aktualisierung am 24. Mai 2024.
Am Donnerstag, dem 2. November 2023, kam es um 10:43 Uhr MEZ infolge des Orkans „Ciarán“ zu einem Ausfall einer Höchstspannungsleitung und damit zu einer Notabschaltung des Kernkraftwerks Flamanville 2 (1,3 GW) in der Normandie. Dieser Ausfall war trotz des großen Leistungsausfalls im Frequenzverlauf nicht wirklich wahrzunehmen, was darauf hindeutet, dass es kein abrupter Leitungs- /Betriebsmittelausfall, sondern ein geordnetes vom Netz nehmen war.
Im Zuge der Aufbereitung dieses Beitrages stellte sich heraus, dass es einen weiteren Ausfall des Blocks Flamanville 1 um 14:40 Uhr gab, der einen deutlichen Frequenzeinbruch verursachte, was wiederum auf eine externe Ursache (Leitungs-/Betriebsmittelausfall in der externen Anbindung) hindeutet.
Am 3. November 2023 kam es um 16:47 Uhr zu einem erneuten Ausfall von französischen Kernkraftwerken, diesmal Paluel 2 + 3 mit ebenfalls jeweils 1.330 MW Leistung. Auch dieser Ausfall war deutlich in der Frequenz zu sehen, was wiederum auf eine externe Ursache (Leitungs-/Betriebsmittelausfall in der externen Anbindung) hindeutet. Die Frequenzabweichung war weniger dramatisch, als durch die ausgefallene Leistung zu erwarten wäre. Damit haben sich die Sicherheitsmaßnahmen im ENTSO-E Netz einmal mehr bewährt. Es ist auch anzunehmen, dass wie bereits am 8. Jänner 2021 abschaltbare Lasten (Industrieunternehmen) automatisiert vom Netz genommen wurden. Hier ist auf weitere Berichte zu warten.
Wie aus der Ausfallliste ersichtlich ist, sind auch andere Kraftwerke ausgefallen, allerdings in einer deutlich niedrigeren Leistungsklasse. Zudem waren die großen Ausfälle, soweit bisher bekannt, keine Kraftwerksausfälle, sondern wurden zumindest drei durch Leitungsausfälle verursacht. Kernkraftwerke können nach einer Notabschaltung nicht sofort wieder ans Netz gehen, sondern müssen zuvor bestimmte Sicherheitsüberprüfungen durchlaufen. Daher auch der längere Ausfall.
Auch größere Kraftwerksausfälle können das europäische Verbundsystem gefährden. Grundsätzlich werden für zwei gleichzeitige Ausfälle entsprechende Sicherheitsreserven vorgehalten. Wie der Ausfall von Paluel 2 + 3 gezeigt hat, waren diese ausreichend, was wohl auch auf weitere Sicherheitsmaßnahmen zurückzuführen ist. Das europäische Verbundsystem ist sehr robust, wie diese Vorfälle erneut gezeigt haben. Dennoch wäre es gewagt, sich ganz darauf zu verlassen. Denn wie auch Vorfälle in anderen Bereichen zeigen, siehe aktuell den Ausfall von Cloudflare, kann es immer noch zu einer Verkettung von Umständen kommen, die nicht vorhergesehen werden konnten. Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es einfach nicht, auch wenn noch so viel Aufwand betrieben wird. Daher besser auf das Undenkbare vorbereitet sein, als böse überrascht zu werden.
Ergänzende Hinweise sind willkommen!
Angekündigte nukleare Verfügbarkeit
Update 15.11.23
Am Montag, 13. November, um 23.20 Uhr wurde die Produktionseinheit Nr. 2 des Kernkraftwerks Paluel wieder an das nationale Stromnetz angeschlossen. Die Produktionsstätte Nr. 3 wurde am folgenden Tag, Dienstag, 14. November, um 5.40 Uhr wieder angeschlossen.
Die beiden Einheiten hatten am Freitag, 3. November 2023, automatisch gemäß den reaktoren Sicherheits- und Schutzvorrichtungen wegen einer Störung der Stromentsorgungsleitung angehalten.
Die Aussage: „Das europäische Verbundsystem ist sehr robust“ ist doch etwas gewagt, da wir derzeit fortlaufend eine der wesentlichsten Komponenten für die Gewährleitsung der Systemstabilität, die Sychrongeneratoren, in deutschen Kernkraftwerken bereits außer Betrieb genommen haben und die in Kohlekraftwerken sukzessive außer Betrieb nehmen bzw baldmöglichst nehmen wollen. Offenbar ist die Bedeutung der Momentanreserve, welche in den rotierenden Massen als Energieinhalt steckt, nicht mehr gegenwärtig oder die physikalischen Zusammenhänge sind nicht (mehr) bekannt.
Mir gefällt nicht, dass permanent erzählt wird, es sei alles kritisch, am Limit, gefährlich, bedenklich und wir steuern auf eine Katastrophe zu. nun hatten wir sehr sehr turbulente Tage, mehere große Ausfälle, und es ist nichts passiert. Alle Sicherheitsmaßnahmen haben funktioniert. Kurzzeitiger Abwurf von entsprechenden Vertragspartnern ist kein Drama, gab es schon immer.
Vielleicht machen die Verantwortlichen ja doch ihren Job einigermaßen richtig.
Ich finde nicht alle Maßnahmen der sog. Wende gut und sinnvoll, aber eine furchtbar kritische Blackoutgefahr sehe ich nicht aktuell nicht. Mit diesen behauptungen wird nur Geld verdient.
Vielen Dank für Ihren Kommentar.
Können Sie mir zur Einordnung auch kurz Ihren Hintergrund mitteilen?
Vielleicht können Sie mir ja auch konkret sagen, welche Wahrnehmungen in https://gfkv.at/wp-content/uploads/2023/10/GfKV-Das-europaeische-Stromversorgungssystem-im-Umbruch.pdf nicht zutreffend oder anders zu sehen sind.
Woran erkennen Sie, dass mit diesen „Behauptungen“ nur Geld gemacht wird?
Sehr geehrter Herr Loehr,
können Sie mir bitte übersetzen, was es bedeutet, wenn deutsche Politiker 83 Millionen Menschen dazu aufrufen, sich weniger zu duschen, stattdessen öfter mal zum Waschläpple zu greifen und die Raumtemperatur bei 17/ 18 Grad zu halten, damit der Luxus für alle reicht? Vielleicht verstehe ich ja was miss.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Neubert
Der Unterschied zwischen Stromerzeugung/-versorgung und Warmwasserbereitung in Zeiten einer eingeschränkten Gasversorgung erschließt sich Ihnen nicht?
Danke für ihre Arbeit. Ich sehe aber eher eine Blackoutgefahr bei „zu viel“ erneuerbaren Energien, die unkontrolliert einspeisen (Balkonkraftwerke). Meine persönliche Meinung, man hätte erst das Netz ausbauen müssen! Man stelle sich vor, es brennt und die Feuerwehr kommt, nimmt aber in der Mitte der jeweiligen Feuerwehrschläuche ein Gartenschlauch …
Grüße Mirko
Hallo Mirko. Genau so ist es.
Liebe Grüße
Gerhard
Ich bin der Meinung, das uns die ganze Energiewende in der EU von unwissenden Politikern förmlich aufgezwungen wird. Diejenigen Spezialisten, die von Energieerzeugung und Transport wirklich etwas verstehen, werden gar nicht eingebunden. E-Autos, Windparks, Photovoltaikanlagen… alles ganz nett. Aber die ganzen Stromnetze sind momentan noch nicht soweit, um all diese Lastflüsse zu bewältigen. Bei den E-Autos sieht man ja schön langsam, das sehr viel schöngeredet wird. Nach ca. 8 Jahren ist die Investitionssumme weg. Wasserstoffautos? Tolle Idee – nur wie will man den teuer erzeugten Wasserstoff zu den „Tankstellen“ bringen? Mit einer Tankwagencaravane? Anschließend die 50 bar Wasserstoff auf ca.900 bar verdichten, damit man die 800 bar Tanks der Fahrzeuge befüllen kann? Fragen über Fragen… Aber solange die Windparks und Photovoltaik Anlagen Energie zu einer Tageszeit erzeugen, wo sie niemand benötigt, freut sich der VERBUND Konzern (und ich) über billige Pumpenergie für ihre Speicherkraftwerke.
Liebe Grüße aus Österreich von einer Pumpspeicherkraftwerkgruppe 🙂
Gerhard