Quelle: www.20min.ch
Der Energieverbrauch in der Schweiz steigt und das Phantom einer Mangellage geistert weiterhin herum. Auf einen Notstand bereitet sich auch die SBB vor – mit einem mehrstufigen Konzept.
Im vergangenen Jahr war das Wort Strommangellage in aller Munde: Bedingt unter anderem durch den Ukraine-Krieg und unterdurchschnittlich gefüllte Stauseen sowie zu wenig – teurere – Lieferungen aus dem Ausland bangte das Land vor einer Energiekrise in den kalten Monaten. Verbraucher waren zum Sparen angehalten, Bund und Grossfirmen sowie insbesondere der ÖV erarbeiteten Szenarien, um auch in Zeiten mangelhafter bzw. kontingentierter Stromversorgung einigermassen zu funktionieren.
Auch die SBB als eine der grössten Stromverbraucherinnen der Schweiz musste sich gemeinsam mit dem Bund auf ein entsprechendes Notfallszenario mit reduzierter Energieversorgung vorbereiten. Ende September gab der nun in einem Papier namens «Höhere Flexibilität für die Wirtschaft im Falle einer Strommangellage» bekannt, welche Massnahmen bei welcher Schwere der Situation ergriffen würden. «Ziel war es zu regeln, wie Grossverbraucher mit mehreren Standorten in verschiedenen Verteilnetzen, der Handel von Kontingenten und der öffentliche Verkehr im Fall einer Strommangellage behandelt werden», heisst es darin wörtlich.
Bei Stufe 1, also einer leichten bis mittleren Mangellage, würden zunächst nicht dringend notwendige Verbraucher wie Werbetafeln und Beleuchtungen abgeschaltet. Dem Ziel der Verbrauchssenkung würden auch nicht notwendige Verbindungen wie touristische und Freizeit- sowie Extra-Fahrten der Bahn zum Opfer fallen.
Bei Stufe 2, die eine mittlere bis starke Kontingentierung der Elektrizität bedeuten würde, würde der Fahrplan ausgedünnt und die Züge verkürzt und notfalls auch Fahrten von Elektro- durch solche mit Dieselbussen ersetzt. Das Grundangebot würde damit um bis zu 30 Prozent reduziert. Zusätzlich wären Appelle an die Bevölkerung vorgesehen, ihre Mobilität einzuschränken – möglicherweise auch, so die «AZ», mit einem «denkwürdigen Aufruf wie während der Pandemie», als Gesundheitsminister Alain Berset die Schweizerinnen und Schweizer aufforderte: «Bleiben Sie zu Hause!»
Stufen 3 und 4 würden bei einer starken Kontingentierung der Energieversorgung zum Tragen kommen. Um komplette Abschaltungen zu vermeiden, müsste der Bundesrat radikale Massnahmen treffen, die den Alltag der Menschen stark verändern würden. Für den ÖV würde das heissen, dass der Schienenverkehr für Personen komplett eingestellt werden müsste und sich auf lebenswichtige Güterlieferungen beschränken würde. Denn aus technischen Gründen kann die Leistung der SBB nur bis auf ein Drittel heruntergefahren werden.
Erst bei Stufe 5 mit zyklischen Netzabschaltungen würde ein «sofortiges Grounding» stattfinden. Dann würden auch keine Trams und Busse mehr fahren – und man würde sich bei einem kompletten Stromausfall darauf beschränken, «gestrandete» Kundinnen und Kunden zu betreuen. Bis der Verkehr wieder auf Normalbetrieb hochgefahren werden könnte, würden Monate vergehen.