Quelle: vorarlberg.orf.atvorarlberg.at/blackoutBlackout Broschüre

BlackoutBroschuere VorarlbergDie Vorarlberger Bevölkerung soll im Fall eines Blackouts vorbereitet sein. Deshalb verschickt das Land eine Blackout-Broschüre per Post an jeden Haushalt. Die Möglichkeit eines flächendeckenden Stromausfalles sei zwar gegeben, in Vorarlberg gehen Experten davon aus, dass die Stromversorgung innerhalb von 72 Stunden wieder gegeben ist.

Während sich andere Gebiete wie für einen „14-tägigen Campingausflug“ rüsten müssen, hätten Vorarlberger laut Analyse höchstens 72 Stunden keinen Strom, so der Experte Anton Gögele, „danach muss man weitere vier Tage lang mit Unterbrechungen der Stromversorgung rechnen“. Gut vorbereitete Haushalte seien im Ernstfall sehr wichtig. Es gehe darum, zu verstehen, wie breit die Auswirkungen eines Blackouts seien, aber auch um Notfallpläne und Checklisten, betonten Landeshauptmann Markus Wallner, Sicherheitslandesrat Christian Gantner und Gemeindeverbandspräsidentin Andrea Kaufmann (alle ÖVP).

Vorarlberg befindet sich dank der Wasserkraftanlagen der Illwerke in einer „außergewöhnlichen, komfortableren Position“, sollte es zu einem großflächigen, längerfristigen Stromausfall kommen. Die Kraftwerke wären zu einem sogenannten „Schwarzstart“ in der Lage, die Illwerke könnten dann binnen Stunden einen Inselbetrieb aufbauen. „Vorarlberger Haushalte und Wirtschaft gehen im Ernstfall vor. Das können wir, weil wir Eigentümer des Unternehmens sind“, verdeutlichte Wallner, der darum bat, die Broschüre und die darin enthaltenen Anweisungen ernst zu nehmen, denn: „Passieren kann ’s immer“.

Gantner betonte, es gehe nicht darum, zu verunsichern, man wolle das Land lediglich gut rüsten. So würden bei einem Blackout binnen Minuten Telefonnetz – damit auch das Handy –, das Internet, Tankstellen, Ampeln und Bankomaten ausfallen. Notrufe könnten nur mehr über eine örtliche Meldestelle, zumeist beim Feuerwehrhaus, abgesetzt werden. Zudem gibt es in den Gemeinden Betreuungsstellen und medizinische Anlaufpunkte.

Je nach Kommune unterschiedlich ist, ob die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung funktionieren würde. Die Gemeinden stellten dazu Informationen auf ihren Websites bereit. Es gelte, diese für den Wohnort abzurufen und im Folder auszufüllen, riet Kaufmann. Gerade in der Kommunikation, deren Ausfall Ängste verursache, seien noch Optimierungen nötig, so Gögele. Nur ORF Radio Vorarlberg könnte bei einem Blackout noch senden, darum sei ein funktionierendes Radio als Informationskanal wichtig, betonte er. Übrigens wäre bei einem Blackout auch der Arlbergtunnel gesperrt, weil die Entlüftung ausfallen würde.

Anmerkungen

Es freut mich sehr, dass Vorarlberg das Thema so offensiv aufgreift und eine breitere Diskussion anstößt. Trotzdem müssen zur Broschüre ein paar kritische Anmerkungen gemacht werden:

  • Es überrascht mich, dass in Vorarlberg mit einem bis zu 72-stündigen Stromausfall gerechnet wird, oder das so kommuniziert wird. Wobei ich grundsätzlich empfehle, dass man lieber etwas länger angeben soll und dann als Held wahrgenommen wird, wenn es doch rascher gelingen sollte. Wenn aber der Experte Anton Gögele mit „danach muss man weitere vier Tage lang mit Unterbrechungen der Stromversorgung rechnen“ zitiert wird, dann kennt man sich nicht mehr wirklich aus. In der Broschüre steht wiederum „vorgesehenen Zeitraum ohne Strom (3 Tage) und weitere 4 Tage bei unsicherer Versorgungslage“. Da kann ich aber garantieren, dass nach 3 Tagen Stromausfall der Wiederanlauf der Versorgung deutlich länger dauern wird, als die von mir kolportierten Wochen … weil die Schäden und Wiederanlaufprobleme in anderen Bereichen häufig massiv unterschätzt werden. Dann gibt es noch eine widersprüchliche Grafik zum Blackout Szenario Vorarlberg
  • Wo es aber dann kritisch wird, ist, wenn definitiv Falschaussagen kommuniziert werden „Während sich andere Gebiete wie für einen „14-tägigen Campingausflug“ rüsten müssen, hätten Vorarlberger laut Analyse höchstens 72 Stunden keinen Strom“. Denn das eigentliche Problem ist nicht der Stromausfall, sondern das daraus resultierende Versorgungschaos, das auch bereits nach einem Tag großflächigen Stromausfall massiv auftreten und wochenlange Wiederherstellungszeit erfordern wird. Mit dieser falschen Aussage werden die Menschen in eine falsche Sicherheit gewogen. Denn auch in Vorarlberg werden viele Versorgungsabläufe nicht funktionieren, wenn die Telekommunikationsversorgung – welche massiv von den Vermittlungsstellen in Wien abhängig ist – auch nach dem Stromausfall noch mehrere Tage nicht funktionieren wird. Daher auch die generelle Empfehlung für den „14-tägigen Campingurlaub“, damit genug Menschen wieder in die Arbeit kommen und die Produktion, Logistik und den Verkauf wieder starten. Denn wenn die Menschen zu Hause ein Problem haben, werden sie nicht in die Arbeit kommen. Das gilt etwa auch für Krankenhäuser. 
  • Ich habe schon zahlreiche Krankenhäuser und -Betreiber bei der Blackout-Vorsorge unterstützt. Was mir noch nicht untergekommen ist, ist, dass eines bis dahin auf die wirklichen Folgen eines Blackouts vorbereitet gewesen wäre. Denn die Notstromversorgung greift deutlich zu kurz. Mit der Kommunikation „Der Normalbetrieb ist dadurch garantiert.“ werden völlig falsche Erwartungen geweckt, welche zu einem noch schnelleren Ausfall führen werden, wenn die Anschlussversorgung – wie zu erwarten – nicht funktioniert wird. Daher sollten Krankenhäuser unverzüglich in einen absoluten Notbetrieb mit Rationierung der Ressourcen und Triage gehen, um möglichst lange zumindest eine Notversorgung aufrechterhalten zu können.
  • Auch die Aussage „Mit den in Vorarlberg gelagerten Medikamenten kann die Bevölkerung für ca. eine Woche ohne Probleme versorgt werden.“ bezweifle ich sehr, wenn man die Versorgungspraxis aus dem Alltag kennt, wo Apotheken häufig mehrfach täglich beliefert werden. Wenn, wie zu erwarten, die Logistik nicht funktioniert, wird das nicht erfüllbar sein!
  • „… Gasherde in der Regel weiter betrieben werden.“ Auch das wird eher die Ausnahme sein, da die meisten Gastgeräte heute elektrische Sicherheitsventile haben.
  • „Jeder Haushalt sollte eine alternative, strom- und gasnetzunabhängige Notkochvorrichtung bereithalten.“ Das ist keine wirkliche Notwendigkeit. Für 1-2 Tage Stromausfall kommen auch die meisten ohne warme Mahlzeiten gut über die Runden. Man erhöht damit eigentlich nur die Brand- und Verletzungsgefahr.
  • Das Thema Brandschutz fehlt völlig, ist aber gerade beim Einsatz von Kerzen & Ersatzkoch-/Heizmöglichkeiten von zentraler Bedeutung. Jeder Brand hat das Potenzial zum Großbrand zu werden, wenn die Alarmierung und möglicherweise auch die Wasserversorgung nicht funktionieren oder die Feuerwehr wo anders im Einsatz ist.