Betrachtung der Auswirkungen eines Blackouts auf die österreichische Geflügelwirtschaft

Bachelorarbeit Michael Sachsenhofer, Fachhochschule Campus Wien 

In Österreich wird es als selbstverständlich angesehen, eine intakte Stromversorgung vorzufinden. Doch durch Dezentralisierung des Stromnetzes, Naturgewalten oder Terrorakte steigt die Gefahr eines Blackouts, das als langanhaltender und überregionaler Stromausfall definiert ist.

Die Geflügelwirtschaft ist in besonderem Ausmaß auf eine intakte Stromversorgung angewiesen, um Bereiche wie Belüftung oder Wasserversorgung sicherstellen zu können. Implementierte Ersatzmaßnahmen reichen nicht immer aus, um die Stromlosigkeit zu kompensieren, daher widmet sich diese Forschungsarbeit den Auswirkungen eines Blackouts auf die Geflügelwirtschaft in Österreich. Die Forschungsfrage lautet: „Welche Auswirkungen hat ein Blackout auf den Bereich der österreichischen Geflügelwirtschaft und welche Risikoindikatoren lassen sich daraus ableiten?“

Fazit

Wie bereits im Kapitel Hintergrund und Problemstellung erörtert, steigt der Energiebedarf in Österreich seit Jahren. Gleichzeitig verschlechtert sich jedoch aber auch die Versorgungssicherheit, was unter anderem auf die Dezentralisierung der Stromproduktion zurückzuführen ist. Doch auch durch extreme Umweltereignisse oder Terrorismus kann es zu einem überregionalen, langanhaltenden Stromausfall, einem Blackout, kommen.

Um die Auswirkungen eines Blackouts auf die österreichische Geflügelwirtschaft zu betrachten, wurden in dieser Arbeit anhand einer Literaturrecherche und explorativer Interviews Szenarien erstellt, die den Ablauf eines Blackouts in der Geflügelwirtschaft beleuchten. Diese Szenarioanalyse wurde in sechs Interviews mit Fachexpertinnen und Fachexperten verifiziert und leicht adaptiert. Aus diesen Erkenntnissen lässt sich der Unterschied des Szenarios Blackout mit und ohne ergriffene Gegenmaßnahmen deutlich sichtbar machen.

Es wurden fünf Risikoindikatoren herausgefiltert, die das Überleben der Tiere ohne Strom am schnellsten beenden könnten. Diese Risikoindikatoren kristallisierten sich auch in den mit Expertinnen und Experten durchgeführten Interviews heraus. Somit lassen sich folgende Risikoindikatoren für das Überleben von Geflügel im Fall eines Blackouts benennen: 

  • Belüftung
  • Wasserversorgung
  • Futterversorgung
  • Temperaturentwicklung
  • Licht

Das Überleben der Tiere kann durch geeignete Ersatzmaßnahmen im Falle eines Blackouts zumindest für einen begrenzten Zeitraum gesichert werden. Allen Maßnahmen voran sichert ein ausreichend dimensioniertes Notstromaggregat das Überleben der Tiere. Denn ohne Gegenmaßnahmen ist damit zu rechnen, dass die Tiere nach wenigen (maximal sechs) Stunden verenden. Unter Berücksichtigung der Anwendung von geeigneten Ersatzmaßnahmen ist davon auszugehen, dass 75 Prozent des Geflügels die ersten 24 Stunden nach Eintritt eines Blackouts überleben werden.

Die anhand der Theorie abgeleiteten Szenarien konnten in den Erhebungen beinahe zur Gänze bestätigt werden. Lediglich der Ablauf eines Blackouts in der Geflügelwirtschaft mit Ersatzmaßnahmen wurde von den befragten Expertinnen und Experten geringfügig optimistischer eingeschätzt.

Empfehlungen

Ziel dieser Arbeit war es, die Folgen eines 72 Stunden überregional stattfindenden Stromausfalls auf den Bereich der Viehwirtschaft, begrenzt auf die Geflügelwirtschaft, zu erforschen und Folgen der beeinflussenden Faktoren herauszuarbeiten. In Szenarioanalysen wurde dargestellt, wann kritische Punkte und Zeiten erreicht werden.

Empfohlen wird, aufgrund der erarbeiteten Ergebnisse Präventionsmaßnahmen für die Geflügelwirtschaft abzuleiten, um ein Überleben der Tiere bei Eintritt eines Blackouts zu sichern. Die hierfür nötigen Präventionsmaßnahmen können durch Verbesserung der implementierten Abläufe und Gegenmaßnahmen, der in der Forschungsarbeit aufgezeigten Ersatzmaßnahmen oder noch zu erforschender Handlungsempfehlungen gesetzt werden.

Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit zeigen eindeutig einen Handlungsbedarf auf, da im Falle eines Blackouts in der Geflügelwirtschaft nicht nur Sachschaden entsteht. Besonders das zu erwartende massenhafte Sterben von Tieren ist Anlass genug, sich der Vorsorge gegen Großschadensereignisse wie ein Blackout zu rüsten. Denn ohne Gegenmaßnahmen ist bei einem überregionalen, großflächigen Stromausfall damit zu rechnen, dass binnen sechs Stunden das im Stall gehaltene Geflügel verendet.

Szenario Blackout in der Geflügelwirtschaft ohne Ersatzmaßnahmen

Das Szenario von Blackout ohne Ersatzmaßnahmen könnte innerhalb der ersten Stunden durchlaufen sein, da hier aufgrund der fehlenden Belüftung in den meisten Ställen keine Überlebenschance gegeben ist. Um jedoch auch Aussagen über die weiteren Risikofaktoren treffen zu können, werden nachfolgend fünf Risikoindikatoren isoliert betrachtet. Somit ist die Analyse auch für teilweise geschaffene Ersatzmaßnahmen aussagekräftig.

Stunde 0 bis 6

Belüftung: Innerhalb der ersten Minuten und Stunden ersticken sämtliche Hühner in den Stallungen, da die elektrizitätsabhängigen Belüftungsanlagen ausgefallen sind.

Wasser: Die Tränken sind noch gefüllt.

Futter: Aufgrund der ohnehin vorhandenen Fütterungsintervalle entstehen hier für das Geflügel keine Beeinträchtigungen.

Temperatur: Die warme Abluft staut sich, die Temperatur steigt nach sechs Stunden von ursprünglich 20 Grad auf über 50 Grad, wodurch es zu den ersten temperaturbedingten Todesfällen in den Stallungen kommt.

Licht: Durch den plötzlichen Lichtausfall werden die Tiere gestresst, was zu einem gegenseitigen Erdrücken führt. Dadurch verenden etwa 5% der Hühner sofort.

Stunde 6 bis 12

Belüftung: Nach über sechs Stunden ist aufgrund des Sauerstoffmangels ein Überleben der Tiere so gut wie ausgeschlossen.

Wasser: Betriebe mit Hausbrunnen verfügen über kein Trinkwasser mehr, die Wasservorräte in den Tränken neigen sich dem Ende zu, was zu ersten Ausfällen der Tiere aufgrund von Herz-Kreislauf-Versagen führt. Lediglich bei an das öffentliche Wasserversorgungsnetz angeschlossenen Betrieben besteht eine Chance, genügend Druck in der Leitung zu haben, um die Tiere mit Trinkwasser zu versorgen und einer Dehydration entgegenzuwirken.

Futter: Das Futter, das normalerweise über das Band gefüttert wird, kann nicht nachgereicht werden, eine Fütterung bleibt aus, dies können normal genährte Hühner jedoch ohne Probleme kompensieren.

Temperatur: Die Temperatur in der Stallung hat 50 Grad erreicht, etwa die Hälfte der Tiere verendet dadurch, da die körpereigene Abwärme nicht abgeführt werden kann.

Licht: Die fehlende Lichtintensität verursacht Stress unter den Tieren, selbst wenn Futter vorhanden wäre, würden die Tiere dieses nicht mehr fressen, da der natürliche Rhythmus stark beeinträchtigt ist.

Stunde 12 bis 18

Belüftung: Nach über zwölf Stunden ist aufgrund des Sauerstoffmangels ein Überleben der Tiere so gut wie ausgeschlossen.

Wasser: Etwa die Hälfte der Betriebe ist mit Hausbrunnen versorgt, diese verfügen über kein Wasser mehr. Die Restbestände in den Tränken sind verbraucht, somit sind die Tiere ohne Wasser, was bei dieser Art der Wasserversorgung zu Ausfällen der Tiere etwa in Höhe des halben Besatzes führt. Öffentlich versorgte Betriebe müssen in jene, die noch über Wasser verfügen und jene, die bereits zu wenig Wasserdruck in den Leitungen haben, geteilt werden. Sobald kein Wasser mehr verfügbar ist, kann innerhalb weniger Stunden ein Herz-Kreislauf-Versagen der Tiere eintreten.

Futter: Gesunde Tiere überleben auch zwölf bis 18 Stunden ohne Futterversorgung, lediglich bereits beeinträchtigte Tiere verenden aufgrund von Futtermangel.

Temperatur: Durch die hohe Anzahl an verendeten Tieren ist die zusätzlich entstehende Abwärme gering, was zu keinen weiteren hohen Ausfällen führt.

Licht: Die Tiere leiden zunehmend unter Stress, da sie an eine derartige Dunkelheit nicht gewöhnt sind. Dieser Stress kann zu Kannibalismus und anderen Verhaltensauffälligkeiten führen.

Stunde 18 bis 24

Belüftung: Nach über 18 Stunden ist aufgrund des Sauerstoffmangels ein Überleben der Tiere so gut wie ausgeschlossen.

Wasser: Mit Hausbrunnen versorgte Betriebe haben mit einem Totalausfall aller Hühner zu rechnen. Wenn der Betrieb an das öffentliche Wassernetz angeschlossen ist, wird nur noch in Ausnahmefällen genügend Wasserdruck vorhanden sein, um die Betriebe mit Trinkwasser für die Tiere zu versorgen, somit sind die Tiere auf ihre körpereigenen Wasserreserven angewiesen, die nach und nach zu Ende gehen.

Futter: Nach 18 bis 24 Stunden ohne Futterversorgung sind etwa 10-15 Prozent der Tiere verendet, da sie nicht über genügend körpereigene Futterreserven verfügen.

Temperatur: Wie im vorigen Betrachtungszeitraum gilt auch hier, dass durch die hohe Anzahl an verendeten Tieren die zusätzlich entstehende Abwärme gering ist, was zu keinen weiteren Ausfällen in hoher Zahl führt.

Licht: Durch die fehlende Lichtstimulation sind die Tiere in einem Ausnahmezustand. Auch bei Vorhandensein von genügend Wasser und Futter, würden die Tiere dies zunehmend verweigern, denn sie sind nicht an eine Nahrungsaufnahme ohne Licht gewöhnt.

Abbildung 5 Szenario Blackout in der Geflügelwirtschaft ohne Ersatzmaßnahmen

Abbildung 6 Szenario Blackout in der Geflügelwirtschaft mit Ersatzmaßnahmen

Abbildung 13 Szenario Ergebnis ohne Gegenmaßnahmen

Abbildung 14 Szenario Ergebnis mit Gegenmaßnahmen