Quelle: www.gmx.at
Geradezu inflationär wird diese Floskel in Zeiten von Covid-19 vor allem von Politikern verwendet. Gut gemeinte Floskel hat gegenteiligen Effekt.
Die Floskel „keine Panik“ zeuge zudem häufig von Hilflosigkeit und eigener Verunsicherung. „Die Verantwortlichen sollten sie besser gar nicht verwenden“, ist Reimann überzeugt.
Doch was ist die bessere Alternative, was bringt Menschen am ehesten dazu, auch in der Krise Ruhe und Gelassenheit zu bewahren? „Information“, sagt der Psychologe. Im Mittelpunkt müsse stehen, umfassend und sachlich über Fakten, Daten und Hinweise zum Coronavirus zu informieren, so ausführlich wie möglich.
„Das ist ausgesprochen hilfreich in Krisensituationen.“ Dass derzeit vieles über das Virus noch nicht genau bekannt sei, mache einen Teil der gefühlten Bedrohung aus. „Und man hat noch kein Mittel dagegen“, erklärt Reimann. „Ungewissheit und empfundene Hilflosigkeit bringen eine Wucht in die Wahrnehmung, die der tatsächlichen Bedrohung nicht im Mindesten angemessen ist.“
Zudem interpretierten viele Menschen die drastischen Maßnahmen gegen die Ausbreitung falsch: „Sie nehmen an, dass das Virus für sie persönlich bedrohlich ist, dass es sehr gefährlich ist.“
Dass das Virus in den weitaus meisten Fällen keine Symptome oder nur die einer Erkältung verursacht, wird ausgeblendet. Ebenso wie die Tatsache, dass die Maßnahmen nicht vordringlich dem Schutz Einzelner dienen, sondern Gesellschaft und Gesundheitssystem vor einer rasant fortschreitenden Ausbreitungswelle bewahren sollen.
Je kleiner die Rate der Ansteckungen gehalten werden könne, desto geringer werde der Druck auf das Medizinsystem und die Gesellschaft sein, erklärt etwa der Berliner Virologe Christian Drosten von der Charité.
Dabei geht es nicht nur um volle Wartebereiche und Arztpraxen, belegte Intensivbetten und überlastete Gesundheitsämter: Viele Arbeitnehmer würden bei einer komprimierten Epidemie gleichzeitig fehlen, auch an Schulen, Instituten und anderen Einrichtungen könnte es Probleme wegen kranken Personals geben.
Generell würden Risiken, die nicht beobachtbar seien – etwa radioaktive Strahlen oder eben Viren – als bedrohlicher wahrgenommen. Zudem lösen neuere Risiken eine stärkere Reaktion aus als solche, an die man sich schon gewöhnt hat.
Das große Problem dabei: Angst ist schlecht in Statistik. Eine realistische Einschätzung der Lage fällt dann schwer. Das wiederum kann dazu führen, dass man sich nicht mehr rational verhält. „Jeder Mensch reagiert da anders – und manche eben auch vollkommen über“, erklärt Reimann.
Die Hamsterkäufe derzeit seien eine solche Reaktion. Es sei leider so, dass in Krisen oft evolutionär altes Erbe hervorbreche: der Instinkt, sich und die Weitergabe seiner Gene zu schützen. „Man ist sich selbst der Nächste“, so Reimann. „Das muss gar nicht bewusst passieren.“ Bei einigen Menschen komme die Empathie regelrecht zum Erliegen, ohne dass sie dies wahrnähmen. „Man kann nur hoffen, dass die meisten Menschen ihren Kopf eingeschaltet lassen.“
Kommentar
Endlich jemand, der dieses Thema auch anspricht! Siehe dazu auch Katastrophenmythen oder Gerd Gigerenzer, Risiko Wie man die richtigen Entscheidungen trifft.