Letzte Aktualisierung am 16. April 2020.
16.04.20: Lieferprobleme bei rund 300 Medikamenten
Quelle: www.addendum.org
Bei einigen Medikamenten droht ein Engpass. Betroffen sind vor allem Herz-Kreislauf- und Krebsmedikamente sowie Medikamente zur Behandlung von Infektionskrankheiten.
Mitte Jänner waren es noch weniger als 200, allein in der ersten Aprilwoche sind über 80 neue Medikamente hinzugekommen. Eine erste exklusive Analyse von Addendum zeigt, dass die Lieferprobleme besonders Herz-Kreislauf- und Krebsmedikamente sowie Medikamente zur Behandlung von Infektionskrankheiten betreffen.
Einige der betroffenen Medikamente sind kaum ersetzbar. Das heißt, betroffene Patienten können nicht auf ein alternatives Präparat mit einem vergleichbaren Wirkstoff umsteigen. Für sie wird der Lieferengpass dann zum Versorgungsengpass. Betroffen ist beispielsweise der Wirkstoff Azathioprin, den Menschen mit Autoimmunerkrankungen oder mit einem Spenderorgan zum Überleben benötigen.
Einzelne Engpässe kommen bei Medikamenten immer wieder vor, doch wenn jetzt langfristig Produktions- und Lieferketten der internationalen Pharmafirmen unterbrochen werden, könne es kritisch werden. Auch in Wuhan wurde die Produktion von Medikamenten durch den zweimonatigen Lockdown erheblich eingeschränkt.
Hersteller würden ihre Medikamente lediglich für zwei bis drei Monate lagern. Bei den Großhändlern reiche der Vorrat dagegen oft nur für einen Monat.
Erhöhter Mehrbedarf ist auch häufig ein Grund für den Mangel.
22.02.20: Wegen Coronavirus: Medikamenten-Engpässe in Deutschland weiten sich aus
Quelle: www.rtl.de
Der sich immer weiter ausbreitende Corona-Virus wird diesen Zustand nun wohl weiter verschlimmern. Der Virus wütet zurzeit auch in der Provinz Wuhan. Und diese ist das Zentrum der Fertigung vieler Arzneiwirkstoffe, auf die Menschen in ihrem alltäglichen Leben angewiesen sind, wie zum Beispiel Paracetamol und Ibuprofen. Siehe auch Coronavirus: Die wirkliche Bedrohung!
26.01.20: Medikamenten-Versorgung in Gefahr – Apotheke in Limburg schlägt Alarm
Quelle: fnp.de
In den Apotheken herrscht Notstand: Medikamente können nicht geliefert werden, betroffene Patienten reagieren aggressiv.
Fast alle Fächer für Blutdrucksenker sind leer. „Eine mittlere Katastrophe“, sagt die Frau, die seit 44 Jahren diese Apotheke führt. „So schlimm war es noch nie.“ Um die Dramatik zu verdeutlichen, zeigt Ahlers auch die Depots für Antibiotika, Impfstoffe, Schmerzmittel und Antidepressiva. Auch dort herrscht „Ebbe“.
Ihre Mitarbeiterin Jutta Biebel sieht Rot, wenn sie im PC die Verfügbarkeit bestimmter Präparate prüft. Überall rote Haken auf der sogenannten Defektliste. Das bedeutet, dass diese Arzneimittel aktuell nicht geliefert werden können.
83 verschiedene Präparate waren es am Freitagnachmittag in Eschhofen. Eine Momentaufnahme, stellvertretend für die meisten anderen Apotheken in der Region.
Vor einem halben Jahr sei das Schmerzmittel Ibuprofen betroffen gewesen. Auffällig sei, dass weniger die nur selten verordneten Mittel knapp seien, sondern gerade täglich nachgefragte Massenmedikamente.
Der Engpass bei Ibuprofen ist nach ihren Angaben beispielsweise deshalb entstanden, weil ein Werk in Indien, das für den weltweiten Markt produziert hatte, wegen Verunreinigungen geschlossen werden musste.
Aber auch der harte Preiskampf im Arzneimittelsektor wirke sich negativ auf die Versorgung hierzulande aus, sagt Cornelia Gondermann. „Unsere Generikahersteller drücken unheimlich den Preis“, so die Bad Camberger Apothekerin. Die Folge: Zuerst würden Märkte beliefert, auf denen höhere Preise zu erzielen sind, beispielsweise die USA, aber auch Großbritannien oder die Schweiz. In Deutschland werden die Medikamente dann knapp.
15.01.20: „Gefährdung nur mehr Frage der Zeit“
Quelle: science.orf.at
Immer mehr Medikamente sind in Österreich nicht verfügbar. Das Problem hat sich im vergangenen Jahr stark verschärft. Die Gründe dafür sind komplex, Gewinnmaximierung und Versorgungssicherheit stehen im Widerspruch. Eine Spurensuche.
Kopfwehpulver, Bluthochdrucksenker, Antidepressiva, Antibiotika, Impfstoffe – quasi alle Medikamentengruppen sind betroffen. „Derzeit sind etwa 220 bis 230 Produkte in Österreich nicht erhältlich“. Lieferengpässe müssen nicht gemeldet werden – der tatsächliche Mangel könnte also noch viel höher liegen.
Auch AGES-Expertin Wirthumer-Hoche räumt ein, dass eine mögliche Patientengefährdung vor der Tür stehen könnte, sofern sich das Problem weiter verschärft. „Wir sprechen hier von unter einem Prozent des gesamten Medikamentenschatzes. Das heißt, die Industrie hat eine Volllieferfähigkeit von über 99 Prozent“, beruhigt hingegen Alexander Herzog – Generalsekretär des Verbands der pharmazeutischen Industrie in Österreich (Pharmig). Er betont, dass es für jedes nicht lieferbare Arzneimittel ein entsprechendes Ersatzpräparat gebe.
Aber ist dem tatsächlich so? Die Allgemeinmedizinerin Kamaleyan-Schmied schüttelt den Kopf und verweist auf ein zu injizierendes Magenschutzmittel. „Das war jetzt ein, zwei Monate nicht verfügbar. Es gab zwar als Alternative Tabletten, aber stellen Sie sich vor, Sie haben eine ganz starke Übelkeit und Sie können den Magenschutz nicht schlucken, weil das ja quasi wieder rauskommt – dann wäre es gut, das zu spritzen. Wenn also ein Patient akut zu mir gekommen wäre und er hätte eine Infusion mit dem Magenschutzmittel gebraucht, ich hätte ihm nicht helfen können.“ Für Impfungen existieren überhaupt keine Alternativpräparate.
Laut Arzneimittelgesetz müssen Pharmaindustrie und Großhandel eine ausreichende Versorgung in Österreich sicherstellen. Gleichzeitig gibt es aber keine Lieferverpflichtung. Für entsprechende Medikamentenengpässe kann also juristisch niemand zur Verantwortung gezogen werden.
Wirthumer-Hoche nennt drei Hauptgründe für Lieferengpässe. Da sei zunächst das Problem der ausgelagerten Produktion. Die Medikamentenwirkstoffe werden aus Kostengründen zunehmend in Billiglohnländern wie China und Indien hergestellt. Dort hat man teils mit Qualitätsmängeln zu kämpfen. Nur beim geringsten Verdacht muss die Produktion gestoppt werden, so die AGES-Expertin. Zusätzlich ist das Risiko von Lieferkomplikationen auf dem langen Transportweg von Asien nach Europa größer. Beides führt zu vermehrten Ausfällen.
Als zweite Ursache identifiziert Wirthumer-Hoche den Zusammenschluss von Pharmaunternehmen. „Gleichzeitig bereinigen sie ihre Produktpalette. Es werden mit einem Wirkstoff nicht mehr zwei unterschiedliche Präparate hergestellt, sondern nur mehr eines. Das heißt, wir haben eine Monopolisierung.“ [siehe auch too-big-to-fail]. Immer mehr Medikamente werden weltweit von immer weniger Pharmaunternehmen produziert. Damit ist es der Branche möglich, großen Druck auf Staaten auszuüben. Dieser Entwicklung hätte man zu einem früheren Zeitpunkt auf politischer Ebene entgegenwirken können.
Oft wird auch nur mehr an einem einzigen Ort produziert. Fällt dort der Betrieb aus, steht der ganze Weltmarkt ohne entsprechendes Medikament da. Da hilft dann auch kein Ersatzpräparat – denn dieses muss ebenfalls den entsprechenden Wirkstoff enthalten.
„Und dann gibt es noch den Parallelhandel, also Parallelimporte und Parallelexporte. Der freie Warenverkehr in der EU gestattet es, dass Produkte aus Ländern mit niedrigen Preisen in Länder mit höheren Preisen gebracht werden – Stichwort Binnenmarkt.“ Es existiert zwar ein gewisser EU-Richtwert, aber jedes europäische Land verhandelt mit den Pharmaunternehmen eigene Medikamentenpreise aus.
Und hier kommt nun ein vierter Protagonist ins Spiel: Arzneimittelimporteure. Sie kaufen die Ware günstig in gewissen Ländern ein, um sie dann in Staaten mit höheren Preisen zu exportieren. „Wir haben zum Beispiel in Bulgarien das Phänomen, dass der Markt für onkologische Produkte fast leergefegt ist, weil man die dort einfach sehr günstig einkaufen und dann in viele Länder mit höheren Preisen exportieren kann“, schildert Pharmig-Generalsekretär Herzog.
Update 16.11.19: Grundmedikamenten-Versorgung in der Schweiz nicht mehr sicher
Quelle: www.tagesanzeiger.ch
Der Bund schlägt Alarm, weil Pharmafirmen immer mehr wichtige Medikamente nicht liefern können. Nun soll die Armeeapotheke Grosseinkäufe tätigen.
Immer mehr günstige Basismedikamente wie Antibiotika oder Bluthochdruckmittel gehen aus. Die Pharmahersteller können nicht liefern.
Das ist weltweit ein zunehmendes Problem. Noch 2016 kam der Bundesrat zum Schluss, dass keine dringliche Intervention nötig sei. Nun hat die Landesregierung ihre Meinung geändert – und will einschreiten.
Aktuell fehlen laut der Website Drugshortage.ch über 630 Medikamente. Es sind Mittel gegen verschiedene, verbreitete Krankheiten. Allen gemeinsam ist, dass bei ihnen der Patentschutz abgelaufen ist und sie deshalb nicht nur von einer, sondern von mehreren Firmen hergestellt werden. Bei den sogenannten Generika spielt also der Markt, die Preise sind deshalb günstig.
Für die Hersteller fehlen die Anreize, weniger profitable Medikamente herzustellen.
Das BAG erwägt für die Schweiz derzeit unter anderem ein Exportverbot. Knappe Medikamente dürften dann nicht ausgeführt werden.
Standard-Rohstoffe für die Medikamente werden jedoch schon lange nicht mehr nur von den Pharmafirmen selbst produziert – auch staatlich beauftragte Firmen würden dies kaum tun. Sie kommen aus Chemiebetrieben in Indien und vor allem in China, weil sie dort in riesigen Mengen billiger produziert werden können.
China habe jedoch in den vergangenen Jahren die Vorschriften für Arbeitssicherheit und Umweltschutz stark angehoben und Tausende Fabriken geschlossen. Denn Abwässer und Abgase werden nun auch dort besser kontrolliert. In der Folge sind nicht nur die Preise anfälliger für starke Schwankungen und Erhöhungen geworden, was für die Pharmaindustrie höhere Kosten zur Folge hat, sondern auch Unterbrüche in den Lieferketten sind so entstanden.
Will man effektiv etwas gegen die zunehmenden Versorgungsengpässe tun, dann muss man anerkennen, dass die sichere Versorgung mit bewährten Medikamenten einen gewissen Preis hat.
Die Hersteller reagieren jedoch auch aus eigenem Antrieb. Novartis ist mit seiner Generika-Tochter Sandoz gerade dabei, für diejenigen Schlüssel-Rohstoffe, die momentan nur von einem einzigen Lieferanten bezogen werden, einen zweiten zu suchen. Beim Ausfall des einen Herstellers würde es dann Ersatz geben.
28.10.19: Wichtiges Narkosemittel wird in Deutschland knapp
Quelle: Die Welt
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft sieht die Versorgung mit dem wichtigen Narkosemittel Propofol gefährdet. Erste Kliniken müssen bereits auf andere Mittel ausweichen. Propofol ist eines der Standardmittel bei Operationen.
Das Medikament wird an jedem Tag in jedem deutschen Krankenhaus angewendet. Vor einer Blinddarmoperation oder einem großen Eingriff am Herzen. Vor dem Einsetzen eines neuen Kniegelenks oder der Entfernung eines Tumors. Die Weltgesundheitsorganisation führt es auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel. „Es ist zurzeit wirklich sehr dramatisch. Gerade für Propofol gibt es keine gleichwertige Alternative. Wenn man andere Narkotika nimmt, ist das mit Nachteilen für den Patienten verbunden.“
Propofol gilt als eines der wichtigsten Narkosemittel, die der modernen Medizin zur Verfügung stehen. In Deutschland droht es derzeit knapp zu werden. In einer Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), die WELT vorliegt, heißt es: Die Versorgungslage sei insgesamt bereits kritisch. Ein längerer Lieferausfall von Propofol hätte „erhebliche Auswirkungen auf die Klinikversorgung“, heißt es weiter.
In Deutschland kommt es immer wieder zu Engpässen in der Arzneimittelversorgung. Wegen des globalen Kostendrucks haben viele Hersteller die Produktion ins Ausland verlegt – ein riskantes Unterfangen. Vor zehn Jahren sei das Problem der Lieferengpässe quasi unbekannt gewesen. Es gibt manchmal weltweit nur noch ein oder zwei Produktionsstätten für einen bestimmten Wirkstoff. Es kann beispielsweise sein, dass der Stoff in China produziert wird, in Indien konfektioniert und in Europa marktfertig verpackt. Wenn da irgendwo etwas schiefgeht, hat das dramatische Auswirkungen auf unsere Versorgung.“
„Im Jahr 2015 wurden an das BfArM 40 Lieferengpässe gemeldet. Im Jahr 2018 waren es schon 268 – das ist eine deutliche Kurve. Wenn sich das so fortsetzt, wird das zu einem versorgungsrelevanten Problem – was es in Einzelfällen schon heute ist.“
Kommentar
Auch in Supermärkten ist mitterweile zunehmend häufiger ein Hinweis anzutreffen, dass gewisse Produkte gerade nicht lieferbar sind. Das ist im Alltag kein Problem, das eh 10 gleichwertige daneben stehen. Aber es sollte uns vielleicht doch zu Denken geben.
23.10.19: „Geschätzt gibt es zurzeit 300 bis 500 Medikamente nicht“
Quelle: www.rbb24.de
Deutsche Apotheken haben immer öfter Probleme, Kranke mit den den nötigen Medikamenten zu versorgen. Grund sei, dass es für einige Wirkstoffe weltweit nur noch wenige Hersteller gebe, sagt Kerstin Kemmritz von der Apothekerkammer Berlin im Interview.
rbb: Frau Kemmritz, Sie haben eine eigene Apotheke in Weißensee. Welche Medikamente können Sie derzeit nicht verkaufen?
Kerstin Kemmritz: Es gibt leider eine ganze Menge – und es werden von Tag zu Tag mehr. Es sind streckenweise so einfache Sachen wie Schmerzmittel und Augentropfen, die man ohne Rezept bekommt, aber leider auch ganz viele Medikamente gegen Bluthochdruck, Antibiotika, weitere Augentropfen, Medikamente gegen Depressionen und Angsterkrankungen. Die Liste der Medikamente, die derzeit oder auch schon längere Zeit nicht lieferbar sind, lässt sich leider fast unendlich fortführen.
Es gibt Medikamente mit einem Wirkstoff von unterschiedlichen Pharmaunternehmern. Sie haben da also auch Ersatzpräparate, die Sie anbieten können – aber nicht immer. Warum nicht?
Bei einigen Leiden sind nicht so viele Patienten betroffen – entsprechend wird auch nicht so viel hergestellt. Wenn es da einen Lieferengpass in der Lieferkette gibt – teilweise gibt es auch nur einen oder ganz wenige Wirkstoffhersteller – dann gibt es einfach den Wirkstoff nicht mehr. Das wohl bekannteste Beispiel aus dem letzten Jahr, was aber zum Teil immer noch zutrifft, ist Valsartan, das aus Qualitätsmängeln zurückgerufen worden ist. Das ist ein sehr bekanntes Blutdruckmittel. Da konnte man auf ähnliche Wirkstoffe – Candesartan, Irbesartan oder Losartan – zurückgreifen. Aber auch die sind jetzt inzwischen vergriffen, weil niemand damit gerechnet hat, dass alle Valsartan-Patienten jetzt auf ein anderes Sartan umgestellt werden. Das ist so eine Kettenreaktion, die mit einem Lieferengpass anfängt und dann auch andere, ähnliche Produkte erreichen kann.
Wie kann das Problem auf Dauer gelöst werden? Weniger Regulierung?
An einigen Stellen müsste man weniger regulieren. An anderen Stellen muss man jetzt aber auch unterstützend eingreifen und Anreize dafür schaffen, dass wieder in Deutschland oder wenigstens Europa Wirkstoffe produziert werden, damit die Zugriffsmöglichkeiten dadurch leichter werden und die Hersteller auch schneller reagieren können. Diese Anreize zu erhöhen, wäre sicherlich sinnvoll, natürlich auch die Handlungsmöglichkeiten im Rahmen von Austauschmöglichkeiten für die Apotheken zu verbessern. Aber das Wichtigste wäre sicherlich zu sagen: Die Produktion muss deutlich verstärkt wieder in Europa stattfinden und sich auf mehrere Wirkstoffhersteller verteilen.
09.10.19: Lieferengpässe für Humanarzneimittel
Quelle: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM); Direkt zur Datenbank;
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bietet eine Übersicht zu aktuellen Lieferengpässen für Humanarzneimittel (ohne Impfstoffe) in Deutschland an. Die Meldungen erfolgen durch die Pharmazeutischen Unternehmer und basieren auf der im Pharmadialog erklärten Selbstverpflichtung zur Meldung von Lieferengpässen für versorgungsrelevante Arzneimittel. Die Liste der als versorgungsrelevant angesehenen Wirkstoffe wird im Jour Fixe zu Liefer- und Versorgungsengpässen regelmäßig aktualisiert. Eine Meldung wird insbesondere dann für erforderlich angesehen, wenn die Anzahl an Zulassungsinhabern, der endfreigebenden Hersteller oder der Wirkstoffhersteller für einen bestimmten Wirkstoff eine kritische Grenze unterschreitet. Darüber hinaus gilt die Selbstverpflichtung zur Meldung von Lieferengpässen für alle Wirkstoffe, für die bereits in der Vergangenheit ein Versorgungsmangel eingetreten war.
Ein Lieferengpass ist eine über voraussichtlich 2 Wochen hinausgehende Unterbrechung einer Auslieferung im üblichen Umfang oder eine deutlich vermehrte Nachfrage, der nicht angemessen nachgekommen werden kann.
Mega-Fusion in Pharmabranche
Um von der niedrigen irischen Körperschaftssteuer zu profitieren, will US-Gigant Pfizer für 160 Milliarden Dollar (150 Mrd. Euro) den Botox-Hersteller Allergan kaufen und den gemeinsamen Firmensitz nach Dublin verlegen. Der kombinierte Konzern mit rund 110.000 Mitarbeitern hätte einen Marktwert von etwa 320 Milliarden Dollar bei einem Jahresumsatz von 63,5 Milliarden Dollar und würde am derzeitigen Marktführer Johnson & Johnson vorbeiziehen.
Sollte der Zusammenschluss gelingen, wäre die Ersparnis erheblich. Auf der grünen Insel liegt die Körperschaftssteuer seit Jahren bei 12,5 Prozent, aller internationalen Kritik zum Trotz. Die bereinigte Steuerquote dürfte bei 17 bis 18 Prozent liegen, Pfizer also mehrere Milliarden Dollar sparen. Quelle: Der Standard
Nach dem Fusionsrekordjahr 2015 rechnet die Beratungsgesellschaft KPMG auch im laufenden Jahr mit zahlreichen Übernahmen in der Pharma- und Chemiebranche. Im vergangenen Jahr war es im Pharmasektor zu so vielen Fusionen und Übernahmen gekommen wie noch nie zuvor. Quelle: orf.at
Steuerschonende Maßnahmen gehen immer zu Lasten der Allgemeinheit. Zudem war bei bisherigen Fusion in dieser Branche zu beobachten, dass eine solche gerne zu Lasten der teuren Forschung geht.
Lieferprobleme bei Medikamenten
In Österreich häufen sich laut Österreichischer Ärztekammer (ÖÄK) die Lieferschwierigkeiten bei Impfstoffen (etwa auch für Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus und Kinderlähmung). Auch viele andere Medikamente seien zunehmend nicht verfügbar; viele ohne gleichwertige Alternative. Quelle: orf.at
Die Ursache für die Lieferschwierigkeiten ist hier nicht klar ersichtlich. Möglicherweise gibt es einen Zusammenhang mit der Machtkonzentration in der Pharmabranche. Dazu möchte ich einen Auszug aus dem Beitrag Der Kollaps des Marktes von Thomas Grüter (Offline!) vom 28.02.14 verweisen. Thomas Grüter ist selbst Arzt.
Arzneimittelversorgung ist gefährdet
Ein funktionierender Markt regelt sich selbst. Je höher die Nachfrage, desto mehr steigt der Preis, und dann werden findige Händler einen Weg finden, die Produkte zu beschaffen. Soweit die Theorie. Aber die Praxis sieht anders aus.
In meinem Buch Offline! habe ich davor gewarnt, dass uns eventuell ein Engpass bei der Belieferung mit digitalen High-Tech-Komponenten bevorsteht. Der ständige Sparzwang führt zu einer Konzentration auf immer weniger Anbieter, die ihre Fabriken fast alle in Asien betreiben. Gleichzeitig werden die Werke immer größer, und die Anfangsinvestition höher. Wenn ein Anbieter aufgibt oder die Werke aus irgendeinem Grund ausfallen, kann kurzfristig kein Konkurrent mehr einspringen.
In einem anderen Wirtschaftszweig besteht seit einigen Jahren aber genau dieses Problem, wenn es auch noch niemand so recht wahrgenommen hat. Apotheken, Krankenhäuser und Patienten kämpfen mit Lieferproblemen bei Arzneimitteln. Das beschränkt sich keineswegs auf exotische Arzneistoffe, sondern betrifft auch gängige und lebenswichtige Medikamente wie z.B. Schilddrüsenpräparate, Hochdruckmittel oder Antibiotika [siehe auch vorherigen Beitrag]. Derzeit ist ein wichtiger Impfstoff nicht lieferbar und der Engpass wird noch einige Wochen anhalten. Es gibt weltweit nur noch zwei Lieferanten (GlaxSmithKline und Sanofi Pasteur MSD) dafür. Sie können Produktionsprobleme gegenseitig nicht ausgleichen.
Die Produktion von Impfstoffen dauert sehr lange, 12 bis 18 Monate sind die Regel. Sollte eine Charge verunreinigt werden, kann niemand auf die Schnelle Ersatz beschaffen. Das Vorhalten von Impfstoffen ist ebenfalls nicht einfach, weil sie nur begrenzt haltbar sind.
Bei anderen Präparaten wirkt sich der Sparzwang aus. Der größte Teil der Antibiotika kommt aus Indien und China. Eine Produktion in Europa lohnt sich nicht mehr. Die Hersteller tun sich aber schwer, die europäischen Qualitätsstandards einzuhalten. Ferner steigt die Nachfrage steil an, weil sich in den Schwellenländern immer mehr Menschen eine gute Behandlung leisten können. In Deutschland kommt für jedes Medikament immer nur ein Hersteller zum Zug. Damit können die Krankenkassen hohe Rabatte aushandeln. Andere Hersteller liefern dann nicht mehr nach Deutschland oder stellen die Produktion gleich ein. Nur eine Massenproduktion in größten Mengen für den Weltmarkt lohnt sich überhaupt noch. Die Margen sind aber teilweise so gering, dass sich Investitionen in modernere Fabriken nicht mehr lohnt. Die Entwicklung neuer Antibiotika kommt nicht voran, weil sich die Forschung nicht mehr lohnt und die Markteinführung zu teuer ist.
Gefährliche Lieferungen
Damit Antibiotika billig bleiben, bestellen Pharmahersteller Wirkstoffe in China und Indien. Und produzieren so ungewollte Nebenwirkungen: Lieferengpässe und Resistenzen.
… ein Penicillinpulver zum Auflösen, sei auf unbestimmte Zeit nicht mehr lieferbar. Man habe den Wirkstoffproduzenten gewechselt und der neue Lieferant konnte nicht schicken.
Es ist nicht so sehr der Ausfall selbst, der aufhorchen lässt, als vielmehr die Gründe, die zu ihm führten. Denn sie sind symptomatisch für eine ganze Branche. InfectoPharm, so lernt man erstens, stellt sein Penicillin gar nicht selbst her, sondern bezieht es von einem anderen Unternehmen. Zweitens ist spritzbares Penicillin in Europa derzeit auch von weiteren Firmen nicht mehr zu haben, mit Ausnahme eines spanischen Herstellers.
Wie aber kann es sein, dass in ganz Europa dieses bestimmte Penicillin ausgeht?
“In Deutschland müssen drei Unternehmen die gesamte Versorgung mit wichtigen Antibiotika absichern”, sagt Bork Bretthauer, Sprecher des Herstellerverbandes Pro Generika. Der Kostendruck sei so hoch, dass sich nur noch wenige Unternehmen die Produktion der Bakterienkiller leisten würden.
Tatsächlich sind herkömmliche Antibiotika zumindest auf dem deutschen Markt kein lohnendes Geschäft.
Unbemerkt von der Öffentlichkeit sei ein ganzer Industriezweig von der europäischen Landkarte verschwunden: Die Wirkstoffsynthese und Produktion, vor allem für Antibiotika. “Bis in die neunziger Jahre kamen etwa 80 Prozent aller Wirkstoffe aus Europa und den USA und wurden von den Pharmaherstellern selbst weiterverarbeitet”, schätzt Rudolph. Heute kämen vier von fünf Substanzen aus China und Indien.
Auch das von InfectoPharm so dringend benötigte Penicillin gibt es fast nur noch in China. Nach Recherchen von McKinsey wurden im Jahr 2009 weltweit 59.000 Tonnen produziert. Den größten Teil davon benötigt die Lebensmittelindustrie. Er wird vor allem in Mastanlagen für Schweine und Hühner verbraucht. 95 Prozent dieser Menge lieferten wenige Großhändler aus China.
Doch China steht in der Arzneimittelbranche nicht nur für billige Preise, sondern auch für Qualitätsprobleme.
Doch kann ein Pharmaunternehmen überhaupt wissen, woher die “Einzelteile” seiner Mittel kommen? Das ist zu bezweifeln. Die Zulieferkette der Arzneimittelindustrie ist höchst intransparent. Dass ein europäischer Hersteller ganz ohne asiatische Bestandteile auskommen könnte, gilt in Branchenkreisen als unwahrscheinlich. Quelle: Die Welt, 2014
Es scheitert nicht an den verfügbaren Informationen, sondern an der Verknüpfung dieser (“unsichtbare Fäden“).
Dies war sicherlich eine schwierige Zeit für viele, weil viele Medikamente nicht vorhanden waren. In dieser Zeit ist eine Apotheke mit Lieferservice mir lieber. Dann bekommt man seine Medikamente schneller.