Quelle: www.pv-magazine.de
Das Energiesystem ist im Wandel. Bestimmten früher große Kraftwerke die Erzeugungslandschaft, so sind es heute zunehmend dezentrale Anlagen, die erneuerbare Quellen nutzen. Das hat auch Auswirkung auf die Stromnetze. Die Einspeisung wird volatiler, der Betrieb der Netze herausfordernder, der Bedarf an Maßnahmen zur Netzstabilisierung größer.
Darum haben die baden-württembergischen Stromnetzbetreiber TransnetBW und Netze BW eine Initiative ins Leben gerufen, deren Ziel es ist, auf einer digitalen Plattform Maßnahmen zur Netzstabilisierung über alle Netzebenen hinweg zu koordinieren. Dieser neue integrierte Ansatz soll es künftig allen Netzbetreibern ermöglichen, Anlagen, die auf Verteilnetzebene angeschlossen sind, zur Netzstabilisierung einzusetzen. Konkret geht es um Redispatch, also die Anpassung der Leistungseinspeisung bei regionalen Überlastungen im Netz.
Der Name der Initiative leitet sich direkt von ihrem Zweck ab: DA/RE steht für „DAtenaustausch/REdispatch“. Das Wort „dare“ bedeutet im Englischen aber auch „Neues wagen“. Das tun die Initiatoren: Denn bevor künftig dezentrale Anlagen, teilweise in sehr großer Zahl, über Spannungsebenen hinweg koordiniert eingesetzt werden können, müssen noch viele Detailfragen beantwortet werden. DA/RE wird den Rahmen für die dazu notwendige enge Zusammenarbeit aller Netzbetreiber bieten. Die Initiatoren wollen die digitale Plattform-Lösung im Jahr 2021 implementieren; dem wird ab 2019 eine Pilotphase vorausgehen.
„Wir beschreiten hier ganz neue Wege,“ sagte Dr. Werner Götz, Vorsitzender der Geschäftsführung der TransnetBW. „Denn wir denken Systemsicherheit und Systemverantwortung nicht mehr in der gewohnten horizontalen Sicht ausschließlich als Übertragungsnetzbetreiber, sondern über alle Netzebenen hinweg.“ Über die Plattform können künftig mehr Anlagen zum Redispatch genutzt werden – das erhöht die Netzsicherheit.
Die Plattform soll auch die Umsetzung der neuen europäischen Anforderungen an den Datenaustausch zwischen Netzbetreibern unterstützen und transparent machen, welche Redispatch-Leistung verfügbar ist und eingesetzt werden kann. Dies sind beispielsweise Erzeugungsanlagen, Speicher oder Großabnehmer, die ihren Verbrauch anpassen können. So steht in Summe mehr Redispatch-Leistung zur Verfügung, und der Einsatz der Anlagen erfolgt koordiniert im Gesamtsystem.

Kommentar

Nachdem auf dieser Seite viel zu oft über die steigenden Probleme berichtet wird, ist es umso erfreulicher, wenn es auch einmal eine positive Nachricht gibt. Die Netzbetreiber betreiben definitiv einen enormen Aufwand, um die Versorgungssicherheit aufrechterhalten zu können. Siehe etwa auch Neuer Kostenrekord für die Stromnetz-Stabilisierung. Die Vernetzung über die bisherigen Denk- und Handlungsgrenzen ist ein großer Fortschritt. Siehe hierzu auch das positive Beispiel Wie potenziellen Blackout-Situationen in Europa entgegengewirkt wird. Wie aber auch der angeführte Zeithorizont (2021) zeigt, sind das alles wichtige längerfristige Projekte. Die Frage ist, ob sich die die unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausgehen, oder ob die Komplexitätslücke zuvor zu groß wird.
Lösungen zu erforschen oder einmal zu kennen, bedeutet noch lange nicht eine breite Umsetzung, damit die Wirkung auch ausreichend ankommen kann. Das sehen wir leider immer wieder und in vielen Bereichen. Siehe etwa auch beim Thema Energiebevorratung (Die Energiewende – Fiktion und Wirklichkeit). Daher müssen wir leider auch weiterhin auf der kritischen Seite bleiben und vor den möglichen Konsequenzen warnen.