Quelle: www.nzz.ch
Das Geschäft mit Impfstoffen wird von vier Herstellern dominiert. Pharmakonzerne wie Novartis oder Johnson & Johnson haben sich aus diesem Markt ganz oder weitgehend zurückgezogen, obwohl die Nachfrage nach Vakzinen steigt.
Die mangelhafte Versorgung mit Vakzinen führt beispielsweise dazu, dass ein Kinderarzt beim routinemässigen Impftermin eines Säuglings zwei Monate nach der Geburt nicht die übliche Fünffach-Impfung gegen Starrkrampf, Keuchhusten, Diphtherie, Kinderlähmung und bakterielle Hirnhautentzündung verabreichen kann.
Die britische Firma GlaxoSmithKline (GSK), die nicht nur in der Schweiz, sondern auch weltweit marktführend im Geschäft mit Vakzinen ist, erklärt auf Anfrage der NZZ, selber über ungenügende Produktionskapazitäten zu verfügen. Gegenwärtig übersteige die Nachfrage bei Impfungen gegen Keuchhusten, Kinderlähmung und Tollwut das Angebot. Auch bei Impfstoffen, die zur Prävention von Hirnhautentzündungen sowie von Hepatitis A und B eingesetzt werden, sei es jüngst oder in den vergangenen Jahren zu Problemen gekommen. Als Begründung führt das Unternehmen an, dass man gezwungen gewesen sei, die Produktion entweder wegen Unterhaltsarbeiten zu drosseln oder – aufgrund von Qualitätsmängeln, welche die Aufsichtsbehörden auf den Plan gerufen hätten – neu aufzubauen.
Ausfälle in der Herstellung plagen auch Konkurrenten von GSK immer wieder. Die Produktion von Impfstoffen gilt wegen biotechnologischer Verfahren als besonders komplex, was Pannen begünstigt
Fällt eine Produktionsanlage teilweise oder ganz aus, hat dies für die Marktversorgung oft gravierende Auswirkungen, weil viele Anbieter die Herstellung auf einen einzelnen Standort konzentriert haben und vielfach kaum Konkurrenz ausgesetzt sind.
Die Konzentration in der Produktion wird dadurch verschärft, dass in den vergangenen Jahren eine starke Konsolidierung in der Branche stattgefunden hat. So gab es in der Schweiz vor fünfzehn Jahren noch neun bedeutende Anbieter. Ihre Zahl ist inzwischen auf vier geschrumpft und umfasst neben GSK die beiden US-Pharmakonzerne Pfizer und Merck & Co. sowie das französische Unternehmen Sanofi.
Der Tausch dieser Vermögenswerte gilt bis heute als besonders gelungene Transaktion in der Branche.
Kommentar
Leider eines der großen Beispiele für bedenkliche too-big-to-fail Entwicklungen. Eng damit verbunden ist wiederum unsere gesellschaftliche Abhängigkeit und Verwundbarkeit. So lange alles funktioniert, nehmen wir das nicht war. Wenn einmal ein größeres Problem auftaucht, kann es sehr schnell für die ganze Gesellschaft schmerzhaft werden. Nicht nur für einzelne PatientInnen.
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