Quelle: www.scinexx.de
Allein ein Blackout in den USA könnte Milliarden Dollar an Schäden nach sich ziehen
Folgenreiches Blackout: Sollte ein starker Sonnensturm die Erde treffen, könnten die Folgen schlimmer sein als bisher gedacht. Allein in den USA könnten bis zu zwei Drittel der Bevölkerung von Ausfällen des Stromnetzes und der Telekommunikation betroffen sein, wie Forscher ermittelten. Die finanziellen Folgen für Wirtschaft und Infrastruktur beziffern sich auf acht bis gut 40 Milliarden US-Dollar – täglich.
Ausbrüche gewaltiger Plasmawolken auf der Sonne sind nichts Ungewöhnliches. Die meisten dieser Sonnenstürme erreichen jedoch unsere Erde nicht oder werden von den magnetischen Schutzschilden unseres Planeten abgefangen. Doch fällt ein Sonnensturm besonders stark aus und ist er noch dazu unserem Magnetfeld entgegengesetzt gepolt, kann er zu einer echten Gefahr werden.
Kaskade von Folgen
„Solche Superstürme können Satelliten, GPS, den Flugverkehr und die elektrischen Netze lahmlegen, auf die unsere Wirtschaft und Gesellschaft angewiesen ist“, erklären Edward Oughton von der University of Cambridge und seine Kollegen. „Vor allem ein Ausfall des Stromnetzes ist problematisch, weil dies eine ganze Kaskade von anderen, davon abhängigen Infrastrukturen betreffen kann.“
1989 verursachte ein starker Sonnensturm einen mehr als neunstündiges Blackout in weiten Teilen Quebecs, ein fast doppelt so starker Sonnensturm raste im Jahr 2012 glücklicherweise an der Erde vorbei.
Auch Deutschland liegt in der Risikozone
Die große Frage ist daher: Wie oft trifft ein Super-Sonnensturm die Erde und was wären die Folgen? „Extreme geomagnetische Stürme treten meist in einem Band zwischen dem 50. und 55. Breitengrad auf“, erklären die Forscher. „Damit lägen global wichtige Metropolen wie New York, Washington, London, Paris, Frankfurt und Moskau in dieser Zone.“ Schätzungen nach könnten starke, potenziell folgenreiche Sonnenstürme die Erde einmal pro Jahrhundert bis einmal in 200 Jahren treffen.
„Auch wenn damit das Risiko zu einer gegebenen Zeit eher gering ist, ist es fast unausweichlich, dass ein solcher Sonnensturm kommen wird“, konstatierte ein Bericht der Lloyd-Versicherung 2013. Welche konkreten Auswirkungen ein solches Ereignis für die menschliche Technik und Infrastruktur hätte, haben Oughton und seine Kollegen nun am Beispiel der USA und vier Szenarien durchgerechnet. Sie gingen dabei von einem Ereignis ähnlich dem von 1989 in Quebec aus, das aber unterschiedlich weit nach Süden reicht.
Milliarden Dollar pro Tag
Das Ergebnis: Betroffen wären im Falle eines solchen Sonnensturms nicht nur die Regionen, in denen der Strom ausfällt. „Die direkt durch den Stromausfall verursachten wirtschaftlichen Kosten machen nur rund 49 Prozent der gesamten Schäden und Einbußen aus“, berichtet Oughton. Der Rest sind indirekte Folgen, beispielsweise durch unterbrochene Lieferketten und dadurch erzwungene Produktionsausfälle auch anderswo.
Würde ein solches Blackout beispielsweise nur einen Streifen einmal quer durch die USA auf Höhe des 50.Breitengrads treffen, dann wären 44 Prozent der Bevölkerung der USA direkt und indirekt betroffen, wie die Forscher ermittelten. Der wirtschaftliche Schaden läge bei täglich 37,7 Milliarden US-Dollar – je länger das Blackout dauert, desto teurer wird es.
Auswirkungen bis in andere Länder hinein
Und nicht nur das: Selbst wenn durch den Sonnensturm nur in diesem Teil der USA der Strom ausfällt, hätte dies schon weltweite Folgen, wie die Forscher berichten. Weil Unternehmen heute über komplexe Lieferketten Rohstoffe und Bauteile aus der ganzen Welt beziehen, wären auch Firmen in anderen Ländern betroffen. Die internationalen Kosten lägen allein bei diesem Szenario schon bei fünf Milliarden US-Dollar.
Wäre der Sonnensturm erheblich stärker, könnten sogar zwei Drittel der USA von Stromausfällen und Telekommunikations-Störungen betroffen sein. In diesem Falle lägen die jeden Tag auflaufenden Kosten bei mehr als 40 Milliarden US-Dollar, im Ausland kämen noch einmal sieben Milliarden US-Dollar dazu.
Wahre Kosten sind viel höher
Diese Rechnung ist sogar noch unvollständig, wie die Wissenschaftler betonen. Denn sie haben nur die Folgen eines Blackouts in den USA berücksichtigt. „In der Realität aber wäre ein solcher Sonnensturm ein mehrtägiges, Regionen übergreifendes Ereignis“, so Oughton und seine Kollegen. Daher wären auch andere Länder in der Risikozone von Strom- und Satellitenausfällen betroffen.
„Um die gesamten Auswirkungen eines solchen Ereignisses zu verstehen, müssen wir daher auch die Folgen in anderen Regionen, vor allem in Europa und Ostasien, ermitteln und mehrere Blackout-Gebiete mit einkalkulieren“, betonen die Wissenschaftler. Diese Studien stehen noch aus. (Space Weather, 2017; doi: 10.1002/2016SW001491)
(American Geophysical Union, 20.01.2017 – NPO)
Kommentar
Ein solches nicht unmögliches Ereignis hätte für die gesamte Welt verheerende Folgen, würden doch die Handelsströme zusammenbrechen. Hierauf kann man sich kaum vorbereiten. Die Auswirkungen und die Reichweite eines solchen Ereignisses könnte nur durch eine dezentralisiertes Energiezellensystem minimiert werden, wo sich Störungen nicht auf das gesamte System ausbreiten könnten. Zudem könne aufgrund der Vorwarnzeit rechtzeitig eine Netzauftrennung erfolgen, um die Ausbreitung zu minimieren. Aber dieses Ereignis ist für uns wohl noch viel unvorstellbarer, wie ein gewöhnliches Blackout ohne verheerende Infrastrukturschäden.