Quelle: orf.at, Original: Chokepoints and Vulnerabilities in Global Food Trade

Der Panamakanal, die Straße von Hormus oder die Transportnetze am Schwarzen Meer: Es gibt einige wenige Orte, die für den globalen Handel von größter Bedeutung sind. Und damit auch für die weltweite Versorgung mit Lebensmitteln. Ein neuer Bericht der britischen Denkfabrik Chatham House zeigt nun auf, wie verletzlich die wichtigen Umschlagplätze und Handelsrouten sind – und welche Gefahr diese Schwächen für die Versorgung sein können.

Der Thinktank macht insgesamt 14 kritische „Nadelöhre“, also labile Engstellen, aus. Das betrifft sowohl Schiffsrouten als auch Häfen, Bahn- und Straßennetze. Viele dieser Risikostellen seien, so der Bericht, bereits von Störungen betroffen, etwa von politischen Ereignissen und Wetterextremen.

Hinzu komme der Klimawandel, der für Infrastruktur, Landwirtschaft und Mensch ein wachsendes Risiko darstelle. Dennoch werde, so die Analysten, kaum etwas getan, um die Gefahren für die Versorgung zu reduzieren – „ein wenig erforschtes und wachsendes Risiko für die weltweite Nahrungssicherheit“, so die Studie.

Beeinträchtigungen der Lebensmittelversorgung verursachten in der Vergangenheit etwa große Sprünge bei Börsenkursen und Preisen, in der Folge auch politische Konflikte. Die in der Studie identifizierten 14 „Nadelöhre“ sind Handelsplätze, durch die außergewöhnlich große Mengen der Handelsgüter im Lebensmittelbereich fließen. Beinahe ein Viertel der weltweiten Nahrung wird auf internationalen Märkten gehandelt. Mehr als die Hälfte der globalen Ernten an Grundnahrungsmitteln (etwa Weizen, Mais, Reis und Soja) reist über eine kleine Anzahl von Häfen in den USA, Brasilien und dem Schwarzen Meer in die Welt.

„Wir sprechen hier über einen riesigen Anteil der globalen Versorgung, der verzögert oder für einen maßgeblichen Zeitraum gestoppt werden kann“, so eine Koautorin der Studie, Laura Wellesley, zum britischen „Guardian“. Durch den Klimawandel sei zu erwarten, dass solche Störfeuer etwa mit Ernteausfällen zusammenkämen. „Und dann beginnen die Dinge, wirklich ernst zu werden“, so Wellesley.

Der Klimawandel bringe mehr Stürme, Dürren und Hitzewellen, die die anfälligen Stellen lahmlegen könnten. Zudem greife er alternde Infrastrukturen an. Bewaffnete Konflikte könnten ebenso angeheizt werden, auch das sei eine Gefahr für die Handelswege.

Beispiele für empfindliche Störungen des Handels gibt es viele: Zwischen 2010 und 2017 zählt die Studie 90 Vorfälle, die den Transport von Handelsgütern verzögerte oder unmöglich machte.

Einige Länder seien besonders verwundbar bei Ausfällen der „Nadelöhr“-Routen, so die Wissenschaftler. Staaten im Nahen Osten und in Nordafrika seien abhängiger von Lebensmittelimporten und zudem umgeben von riskanten Handelswegen. Auch die Schwarzmeer-Region hänge zu stark von wenigen Zugängen ab. Und trotz ihrer Systemrelevanz gebe es in den betroffenen Ländern kaum ein Bewusstsein von ihrer Bedeutung für die Nahrungssicherheit. Als Gegenbeispiel wird China angeführt, das auch viel importiert, aber zuletzt viele Maßnahmen gesetzt habe, um das Risiko zu minimieren. Versorgungsrouten seien diversifiziert worden. Zudem kauften chinesische Firmen Häfen auf der ganze Welt.

Risiken gänzlich auszuschalten bleibt wohl ein Wunschtraum im Import- und Exportgeschäft. Doch die Studie gibt klare Empfehlungen, wie die „Nadelöhre“ entlastet werden können und so Versorgungssicherheit hergestellt werden kann.

Kommentar

Auch aus diesem Grund macht es Sinn, sich mit dem Thema Bevorratung und Eigenvorsorge sowie Regionalisierung zu beschäftigen. Für viele Menschen ist eine solche Störung wohl genauso unvorstellbar, wie ein Blackout, funktioniert die Versorgung doch bisher fast reibungslos. Aber auch hier kann es zu einer bösen Überraschung kommen. Die Truthahn-Illusion lässt grüßen.