Quelle: www.n-tv.de
Nuklearunfälle, Wirbelstürme und Terroranschläge: Die Welt ist extrem gefährlich geworden. Trotzdem sind zwei Drittel der Menschen in Deutschland nicht auf Bedrohungen vorbereitet. Im Interview erklärt Katastrophenschützerin Ursula Fuchs, was man besorgen sollte und wieso viele das versäumen. Sie nimmt derzeit am Kongress der Katastrophenschützer teil. Dort wird über die Gründe für die mangelnde Vorbereitung und mögliche Gegenmaßnahmen sowie die schnelle Hilfe im Katastrophenfall diskutiert.
Wie sollten sich Menschen auf den Katastrophenfall vorbereiten?
Als Erstes sollte man darüber nachdenken, welche realen Gefahren am eigenen Wohnort drohen. Wer zum Beispiel mitten in einer Stadt wohnt, ist selten durch Hochwasser bedroht. Wer aber auf dem Land und in der Nähe eines Gewässers wohnt, muss sich damit auseinandersetzen. In jedem Fall ist es gut, einen Notvorrat zu Hause zu haben. Man sollte sich und seine Familie 48 Stunden selbst versorgen können und Dinge vorrätig haben, die man zum Beispiel bei einem Stromausfall kalt essen kann.
Was gehört in einen Notfallvorrat?
Trinkwasser hat die oberste Priorität. Bei einem Stromausfall können beispielsweise die Pumpen, die bei Wasserwerken zur Einspeisung des Wassers benutzt werden, ausfallen. Hilfreich sind auch Taschenlampen, ein Campingkocher und ein Radio, das mit Batterie oder per Kurbel betrieben werden kann – notfalls auch ein Autoradio. Man sollte sicherstellen, dass man an Informationen kommt und sich autark ernähren kann. Zudem ist es wichtig, notwendige Medikamente für sich oder Familienmitglieder zu Hause zu haben. Je nach Medikament machen da nicht alle Ärzte und Apotheken mit und man sollte mit dem Arzt vorher sprechen.
Worauf kann ich mich im Ernstfall in Gemeinden, Kommunen oder Bundesländern verlassen?
Selbstverständlich wird sich im Sinne der Daseinsvorsorge um die Bürger gekümmert. Aber bei einer großräumigen Katastrophe müssen erst einmal die Kräfte mobilisiert werden, die anderen helfen. Unser Gefahrenabwehrsystem fußt größtenteils auf ehrenamtlich Engagierten und die müssen erst anrücken, die Lage einschätzen und alles vorbereiten. Es kann bis zu 48 Stunden dauern, eh eine Versorgungsstation aufgebaut ist. Diese Zeit müssen die Menschen selbstständig überbrücken. Die oberste Maxime ist es, Leben zu retten. Wer nicht auf die Hilfe von Einsatzkräften angewiesen ist, muss sich daher erstmal selbst behelfen. Es ist die Pflicht des Bürgers, sich auf Selbsthilfe- und Selbstschutzmaßnahmen vorzubereiten. Der Staat ist nur eine Ergänzung dazu und kommt zu Hilfe.
Im besten Fall hat also jeder einen Kellerraum, in dem Wasser, Dosen mit Nahrung, Medikamente und ein Radio stehen.
Es genügt, eine Ecke oder einen Schrank mit allem Notwendigem zu füllen. Man kommt zwar eine Zeit lang ohne Essen aus, aber nicht ohne Wasser. Man benötigt pro Person zwei Liter Wasser pro Tag. Das wird bei einer mehrköpfigen Familie schnell sehr viel. Aber schon ein Stromausfall genügt, damit die Türen des Supermarktes sich nicht mehr öffnen.
Für wie viele Tage sollte man Vorräte besorgen?
Im Idealfall deckt man sich für 14 Tage ein, um vielleicht auch anderen helfen zu können. In kleinen Wohnungen ohne Keller ist die Vorratslagerung aber meist eine Herausforderung. Daher ist auch schon gut, wenn man sich für ein paar Tage eindeckt: lieber wenig als gar nichts.
Warum sind zwei Drittel der Menschen in Deutschland nicht auf den Katastrophenfall vorbereitet?
Zum einen gehen die Menschen von der optimalen alltäglichen Versorgung aus, die sie gewohnt sind. Sie können sich nicht vorstellen, dass das abbrechen könnte. Zum anderen sieht man Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen in ihren Uniformen ständig im Einsatz. Daher rechnet man fest damit, dass sie da sind, wenn etwas passiert. Bei großflächigen Ereignissen müssen die Helfer aber auch erstmal eine eigene Struktur aufbauen. Hinzu kommt, dass die Menschen nicht über Katastrophen nachdenken und sich damit auseinandersetzen wollen.
Wie hoch ist das Risiko, dass der Ernstfall eintritt?
Das kann man nicht abschätzen. Wir sehen aber, dass der Klimawandel sich auf den Bevölkerungsschutz auswirkt. So haben die Ereignisse der vergangenen Jahre gezeigt, dass kleine Bäche durch Starkregen derart kraftvoll werden können, dass sie großen Schaden anrichten. Das muss man im Auge behalten.
Was wäre der Super-GAU in Sachen Zivilschutz?
Der Kriegsfall ist die größte Katastrophe, die wir uns vorstellen können. Davon geht in Deutschland aber niemand ernsthaft aus. Die Gefahrenlagen in der Welt haben sich dennoch verschoben. Hinzu kommen die schwarzen Schwäne. Das sind jene Ereignisse, mit denen niemand rechnet, weil sie extrem unwahrscheinlich sind. In Fukushima hätte beispielsweise niemand damit gerechnet, dass ein Erdbeben einem Tsunami auslöst und letztlich zu einem Kernkraftunfall führt.
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