Letzte Aktualisierung am 31. Mai 2016.
Am morgigen Sonntag ist es wieder so weit. Es ist Muttertag und es gibt an der Strombörse wieder Rekordnegativstrompreise. Es gibt hier zwar keine Kausalität, sondern nur eine Korrelation, aber diese hat sich in den letzten Jahren immer wieder bestätigt. Die gemeinsame dritte Variable ist ein schöner Maisonntag, wo die PV-Anlagen besonders gut produzieren, da es noch nicht zu heiß ist.
Zwischen 14 und 15 Uhr wird morgen die Megawattstunde Strom an der Börse in Österreich und Deutschland mit -130,09 Euro gehandelt. Sprich Großabnehmer bekommen diese Summe bezahlt, anstatt 20-40 Euro zu bezahlen, damit die Netzstabilität aufrecht erhalten werden kann. Dies ist bisher der zweit niedrigste Preis. Am 25.12.12 wurden sogar -221,99 Euro pro MWh bezahlt (Windstrom).
Diese Summe ist auch insofern sehr überraschend, als dass es in den vergangenen Wochen keine Stunden mit Negativstrompreisen gab, auch wenn der Strom defacto verschenkt wurde. Siehe auch die Auswertung Negativstrompreise gesamt.
Siehe weiters:
- Muttertag 2014: Sonntag, 11.05.14 – Negativstrompreise (-65,03 Euro pro MWh)
- Muttertag 2015: Negativstrompreistage 2015 (-14,93 Euro pro MWh)
Betrachtet man die Prognose für Deutschland, dann überrascht, dass eigentlich keine Spitzenproduktion erwartet wird. Das Erzeugungspotenzial ist noch deutlich höher.
Update 31.05.16 – In 7 Stunden 21 Millionen Euro verschenkt
Quelle: www.deutscherarbeitgeberverband.de
Von zehn bis 17:00 Uhr wurden am Muttertag 352 GWh Strom verschenkt. Obendrauf gab es noch die satte Summe von 21,3 Millionen €, damit die Beschenkten auch bereit waren, das Stromgeschenk anzunehmen.
Es geschieht immer wieder, dass der überflüssige und damit wertlose Strom aus Deutschland Nachbarländer flutet. Zum Beispiel Niederlande: Dort sinken die Preise für Strom, weil sie bei uns steigen. Allerdings geraten kleinere Stromerzeuger in Not, weil sich ihre Anlagen nicht mehr rechnen.
Irrsinn mit unterschiedlichen Folgen aber mit der gleichen Ursache
Am Samstag (07.05.2016), dem Tag vor dem Muttertag gingen zwei Mails ein, die aus gänzlich unterschiedlichen Bereichen stammten. Sie weisen eine bemerkenswerte Analogie auf. Sie weisen auf einen Irrsinn hin, der durch ein extrem eingeengtes, angeblich rationales Denken, entsteht. Es gibt hier zwar keine Kausalität, sondern nur eine Korrelation, aber diese hat sich in den letzten Jahren immer wieder bestätigt. Diejenigen, die so denken, sehen ihre „Wahrheit“ als total richtig an.
Meldung 1: Mädchen in Pakistan zum Tode verurteilt
Ein 15-jähriges Mädchen ist in Pakistan auf Anweisung einer Gemeindeversammlung umgebracht worden. Weil sie einer Freundin bei der Flucht geholfen haben soll, wird ein Mädchen in Pakistan zum Tode verurteilt. 16 Männer hätten daraufhin bei einer Gemeindeversammlung beschlossen, dass die 15-Jährige sterben müsse, sagte ein örtlicher Polizeibeamter, Mohammad Nasir, am Donnerstag. Für uns in Europa ist ein solches „rationales“ Denken schlicht undenkbar. In Pakistan halten die Menschen aber an solchen Rahmenbedingungen fest. Ihr „rationales“ Denken gebietet, dass aufgrund ihres „Modells“ der Wirklichkeit ein Mädchen umzubringen ist.
Meldung 2: Rekordnegativstrompreise am Muttertag (siehe den Blogeintrag von Herbert Saurugg zum Muttertag in 2016)
Zwischen 14 und 15 Uhr wird am Muttertag die Megawattstunde Strom an der Börse in Österreich und Deutschland mit -130,09 Euro gehandelt. Sprich Großabnehmer bekommen diese Summe bezahlt, anstatt 20-40 Euro zu bezahlen, damit die Netzstabilität aufrecht erhalten werden kann. Zwar ist schon am 2. Weihnachtsfeiertag in 2009 zum ersten Mal ein negativer Strompreis aufgetreten, aber unsere Marktfetischisten in Europa halten weiterhin an den Marktrahmenbedingungen fest. Ihr „rationales“ Denken gebietet, dass aufgrund ihres „Modells“ der Wirklichkeit am Muttertag das Abnehmen von Strom bezahlt wird.
Diese Analogie klingt zwar ungewöhnlich abstrus. Aber ich kann meinem Gehirn einfach nicht abgewöhnen, Analogien zu erkennen. Und ich muss darauf hinweisen, dass beides ein irrsinniges Ergebnis des „rationalen“ Denkens aufgrund von „Modellen“ der Wirklichkeit ist. In Pakistan ist ein negativer Strompreis bestimmt so irrsinnig wie für uns der Beschluss von 16 Männern in einer Gemeindeversammlung, ein 15-jähriges Mädchen umbringen zu müssen!
Wann handeln wir endlich wieder vernünftig, also doch eigentlich menschlich.
Wann ändern wir in Europa diese absolut abstrusen Marktrahmenbedingungen?
Wann schalten Männer in Pakistan ihr unmenschliches Denken um?