Letzte Aktualisierung am 24. Oktober 2016.
Quelle: orf.at
Nach den jüngsten Hackerangriffen auf politische Institutionen in den USA erwägt die US-Regierung angeblich, sich mit einer großangelegten Cyberattacke auf Russland zu revanchieren. Präsident Wladimir Putin selbst soll damit „schikaniert“ und „bloßgestellt“ werden, berichtete der US-Nachrichtensender NBC unter Berufung auf mehrere hochrangige Quellen innerhalb des Geheimdienstes CIA.
In dem Bericht von Freitagabend (Ortszeit) wurden keine konkreten Strategien erwähnt, allerdings soll die CIA bereits erste Vorbereitungen getroffen und potenzielle Ziele ausgewählt haben, um Putins „zwielichtige Taktiken“ ans Licht zu bringen. Andeutungsweise könnten Geldflüsse an und über Oligarchen im Zentrum der Operation stehen. Die Cyberattacke sei als Denkzettel für die ihr vorgeworfene Manipulation des US-Wahlkampfs geplant.
Der Geheimdienstexperte Sean Kanuck, bis zum vergangenen Frühjahr für das Weiße Haus hauptverantwortlich für die Evaluierung von Cyberbedrohungen aus Russland, zeigte sich gegenüber NBC überzeugt, dass der Angriff stattfinden wird: „Wenn man jemanden öffentlich beschuldigt und dann keine Taten folgen lässt, kann das die Glaubhaftigkeit von Vergeltungsdrohungen nachhaltig schwächen“, erklärte Kanuck gegenüber dem Sender.
Offenbar fürchten die USA jedoch ihrerseits eine Retourkutsche aus dem Kreml nach einer Cyberattacke. „Wir haben immer gezögert, das, was wir haben, auch zu verwenden“, zitiert NBC einen Ex-Geheimdienstmitarbeiter. Wenn man aber sage „‚Jetzt haben wir genug von den Russen‘, dann gibt es vieles, das wir tun können“. Der erste Schritt wäre dabei die „Erinnerung, dass man dieses Spiel auch zu zweit spielen kann und dass wir viel in der Hand haben“.
„Schritt zwei“ wäre, „in ihren Netzwerken herumzupfuschen“, dann werde „aber zum Thema: Die können uns bei anderen Dingen noch viel Schlimmeres antun“, so die anonyme Quelle gegenüber NBC. Ein Kollege bestätigt, dass es Überlegungen zu direkten Cyberangriffen schon lange gebe, diese aber immer wieder verworfen worden seien, weil „keine der Optionen überragend gut“ gewesen sei: „Wollen Sie, dass Barack Obama ein Scheck platzt?“
Kommentar
Hier findet wohl weitgehend unterschätzt eine Eskalation statt, die leicht in einer Katastrophe enden könnte. Denn ein Denkzettel könnte rasch nach hinten losgehen, was gerade im Cyber-Raum leicht möglich ist. Kleine Ursache, große Wirkung, wenn etwa Infrastrukturen ins Visier geraten. Die Vorbereitungen laufen dazu – wie immer wieder Meldungen zeigen: Cyberraum – die Achillesferse westlicher Nationen, The insurance implications of a cyber attack on the US power grid, NSA: Cyber-Attacken werden zerstörerischer, G7 sind wegen Cyberangriffen auf Stromnetze besorgt, usw. Nicht auszudenken, wo das Ganze enden könnte, wenn sich nun eine dritte Macht dazu veranlasst sieht, die Chance zu ergreifen und die beiden offiziellen Kontrahenten gegeneinander auszuspielen. Bekanntlich ist im Cyber-Raum eine klare Ursache-Wirkungszuordnung nur schwer möglich, was bei komplexen Systemen normal ist.
Sollte es hier zu einer weiteren Eskalation zwischen den USA und Russland kommen, dann besteht eine sehr große Gefahr, dass Europa ebenfalls durch Kollateralschäden betroffen sein wird. Auch hier stellt sich die Frage, ob wir darauf vorbereitet wären? Wohl kaum, da unser gesamtes Leben vom Funktionieren der Strom- und Telekommunikationsinfrastrukturen abhängig ist.
Daher ist hier wohl ein gefährlicher Schwarzer Schwan im Anflug.
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