Letzte Aktualisierung am 18. April 2016.

Quelle: diepresse.com

Die Flüchtlingskrise zeigt Erschreckendes: Österreich ist im Katastrophenfall handlungsunfähig.

Gleich mehrfach kam es zuletzt zu haarsträubenden Fehlern und Beinahe-Katastrophen der Behörden. Beamte von Verteidigungs- und Innenministerium hätten sich in Spielberg fast geprügelt, glaubt man einem glaubwürdig klingenden Bericht des „Profil“. Diese Episode reiht sich in eine ganze Serie von Schilderungen, die vom Flüchtlingskoordinator abwärts alle am Krisenmanagement Beteiligten kennen. Aus dem Innenministerium sind demnach vor allem Erklärungen zu hören, warum etwas nicht geht. Und das einst so stolze Militär gibt eine traurige Figur ab. Die Rede ist nicht von Mannschaften und Mittelbau, weiter oben herrscht bis ins Ministerium eine Mischung aus Ahnungslosigkeit und Drückebergertum. Auf der anderen Seite stehen Organisationen, deren Effizienz zu loben ist, das Rote Kreuz ist eine davon. Aber sie alle und vor allem die seltener werdenden privaten Helfer springen einem Staat bei, der nicht so perfekt gerüstet und organisiert ist, wie das Generationen von Schülern gelernt haben.

Kommentar

Diese Titelstory der Presse am Sonntag vom 01.11.15 trifft den Nagel auf den Kopf. So wie sich die Lage in der Öffentlichkeit darstellt, wurden wir ziemlich unvorbereitet überrascht. Ob dem wirklich so ist – und wir vor allem durch die Vernetzung & Komplexität (siehe Vernetzung & Komplexität und die aktuelle Flüchtlingslage) überrascht wurden, oder ob entsprechende Hinweise und Anzeichen (etwa durch die Nachrichtendienste) ignoriert wurden, lässt sich derzeit nicht wirklich feststellen. Sollte seitens der Dienste keine Hinweise vorhanden gewesen sein, wäre es nochmals schlimmer. Aus der Ferne kann man auf jeden Fall ableiten, dass hier eine unzureichende Achtsamkeit vorhanden zu sein scheint (siehe Das Unerwartete managen), was sich leider mit anderen Beobachtungen deckt, wie etwa die Ignoranz der sich häufenden Hinweise auf die zunehmenden kritischen Netzsituationen im Stromversorgungssystem (siehe etwa Auswertung Redispatching & Intradaystops und Blackout: „Wahrscheinlichkeit geringer als vor 10 Jahren“). Auch hier wären wir völlig unvorbereitet, wie immer wieder aktuelle Beispiele zeigen. So fehlt etwas weiterhin eine nationale Koordinierung („Orchestrierung“) des Themas Blackouts und die dazu erforderliche Sicherheitskommunikation. Daher würde eine Bewältigung wohl ähnlich chaotisch und wenig koordiniert ablaufen, wie es derzeit bei den Einsatzkräften an der Grenze passiert.

Ein Kernproblem in der aktuellen Situation liegt auch in unserer Verfassung, wo geregelt ist, das Katastrophenschutz Ländersache ist und wir daher 9 unterschiedliche Herangehensweisen haben. Nur Epidemie/Pandemie und Strahlenschutz sind formal auf Bundesebene geregelt. Das nunmehr geschaffene Durchgriffsrecht bei der Unterbringung ist nun eine Erweiterung. Aber der Rest ist ziemlich ungeregelt und … siehe etwa auch BlackÖ.2: Blackoutprävention und –intervention – Endbericht Kapitel 5).

So gibt es derzeit etwa keine Gesamtverantwortlichkeit – die Organisationen arbeiten oft nebeneinander her. Die Polizei ist formal für die Assistenzführung des Bundesheeres verantwortlich – nur hat das Bundesheer bzw. die Führungskräfte hier eindeutig mehr Führungserfahrung und wären wohl für die Gesamtkoordinierung besser geeignet. Daher ist so manche Eskalation (siehe profil) gut vorstellbar. So scheint es etwa keine klaren Rules of Engagement zu geben, wie beispielsweise vorzugehen ist, wenn Sperren überrannt werden, usw.

Was hier dringend notwendig und sinnvoll wäre sind gemeinsam Krisenstäbe unter einer Führung (Führungsgrundsatz „Einheit der Führung“), um die Ressourcen aller Beteiligten – inkl. Zivilgesellschaft – bestmöglich zum Einsatz zu bringen bzw. zu schonen. Denn ein Ende zeichnet sich weiterhin nicht ab und wir werden wohl noch länger entsprechende Ressourcen aufwenden müssen. Ganz zu Schweigen davon, sollte es auch noch zu einem Blackout oder sonst einem unerwarteten Ereignis kommen.

Zu warten, bis irgendjemand schon irgend etwas machen wird, ist daher keine gute Idee. Der erste Schritt beginnt bei uns selbst, denn die vielerorts vorhandenen Erwartungen, die anderen werden das schon machen und ich brauche mich um nichts kümmern, weil irgendjemand das einmal so gesagt hat, lösen sich immer öfters in Luft auf.