Letzte Aktualisierung am 23. Oktober 2015.

Quelle: Salzburger Nachrichten

Österreich beschäftigt sich ausführlich mit dem Terror, der schon passiert ist, aber nicht mit dem Terror, der noch passieren könnte.

Der frühere deutsche Bundespräsident Roman Herzog bemerkte einmal, dass öffentliche Diskussionen immer nach dem gleichen Ritual ablaufen. Er gliederte es in neun Schritte.

  1. Ein Thema taucht auf.
  2. Ein Vorschlag dazu.
  3. Kollektive Empörung.
  4. Parteien beziehen Stellung.
  5. Wirrwarr an Alternativvorschlägen und Aktionismen (Umfragen, Unterschriftenaktionen).
  6. Verunsicherung der Bürger.
  7. Appelle zur Besonnenheit.
  8. Vertagung des Problems.
  9. Das nächste Thema.

Die Richtigkeit der Herzog’schen Ritualkunde lässt sich gerade schön beobachten. Reflexartig hat die heimische Politik die Terroranschläge in Paris zum Anlass für eine Sicherheitsdebatte genommen.

Die Unseriosität dieser rein anlassbezogenen Politik lässt sich an einem kleinen Gedankenexperiment ablesen. Angenommen, die islamistischen Terroristen hätten in Paris nicht Menschen ermordet, sondern mit Bombenanschlägen oder Cyberattacken das Stromnetz der französischen Hauptstadt zusammenbrechen lassen. Die Debatte in Österreich wäre dann ganz anders abgelaufen. Denn solche Stromausfälle („Blackouts“) sind seit Jahren der Albtraum sämtlicher Krisenstäbe der Welt. Eine Großstadt in absoluter Dunkelheit und ohne Strom bedeutet das Chaos. Nichts mehr funktioniert. Der Staat ist extrem gefordert. Seine einzige Handlungsreserve ist die Armee, die dann für Ruhe und Ordnung sorgen muss.

Da sich die Islamisten jedoch diesmal für ein anderes Szenario entschieden haben, debattieren wir eben etwas anderes. Das heißt, unsere Politik lässt sich von irgendwelchen Terroristen da- oder dorthin treiben wie ein Blatt im Wind. Eine verantwortliche Sicherheitspolitik sieht anders aus. Sie schaut voraus, nicht zurück. Sie orientiert sich daran, was passieren könnte, nicht daran, was schon passiert ist.

Eine verantwortliche Regierung hätte schon lang vor den Anschlägen von Paris (die schließlich nicht aus heiterem Himmel kamen) über eine „Sicherheitsoffensive“ diskutiert.

Kommentar

Alexander Purger bringt es auf den Punkt und bestätigt damit auch meine bisherigen Aussagen zu diesem Thema, etwa zeitgleich im aktuelle Newsletter.