Letzte Aktualisierung am 11. Januar 2015.
Nachdem die letzten Jahre um die Weihnachtszeit für den sicheren Stromnetzbetrieb besonders herausfordernd waren, möchte ich die Situation auch heuer wieder beobachten und hier dokumentieren. Zusätzlich ein Hinweis auf die Seite von Markus Jaschinsky, der die Netzfrequenz beobachtet.
Die Weihnachtszeit ist für die Energieversorger nicht ganz so einfach. Zum einen arbeitet kaum jemand – der Verbrauch der Industrie ist also geringer als an anderen Tagen – und zum anderen ist auch das Verhalten der Bevölkerung ein völlig anderes. Deswegen sind Prognosen schwieriger, da es nicht viele vergleichbare Tage gibt.
2012 ist die Netzfrequenz in den Abendstunden fast bis auf 50,15Hz gestiegen, das ist so mit der höchste Wert, den ich seit Beginn der Messung aufgezeichnet habe.
2013 waren die Schwankungen in der Netzfrequenz auch relativ stark, wobei sie sich hier eher im normalen Bereich bewegt hat.
Seine nachträgliche Analyse der Netzfrequenz Weihnachten 2014.
Weitere interessante Details liefert http://grid.stromhaltig.de.
Windproduktion in Deutschland
2013 wurde der Tageshöchstleistung bei der Windstromproduktion am 05. Dezember mit rund 26 Gigawatt (GW) erreicht. 2014 wurde die Tageshöchstleistung am 12.Dezember mit rund 34,5 Gigawatt erreicht. Fast 9 GW oder etwa 9 Atomkraftwerkäquivalente mehr. Das ist einerseits erfreulich, birgt aber enorme Herausforderungen für die Netzsicherheit. Solar- und Windstrom haben am 12.Dezember zusammen auch den neuen Rekord von 38 GW erzeugt.
Situation 2013 und erste Ableitungen
Folgende Grafik zeigt die Situation vom 20.-27. Dezember 2013 . Am 24. Dezember führten rund 33 GW Strom aus Erneuerbaren Energien (EE) zu einem Negativpreis von rund 60 Euro pro MWh. Der Negativpreis hat aber nicht nur finanzielle Auswirkungen, sondern bedeutet auch, dass es zu enormen physischen Belastungen der Infrastruktur kommt. Bei einer zu geringen Differenz zwischen Verbrauch und der Verfügbarkeit von rotierenden Massen (etwa 20 GW) besteht zusätzlich die Gefahr, dass kurzfristige Schwankungen nicht ausgeglichen werden können. Ein Dominoeffekt droht. Diese Grenze von 20 GW wurde am 24. Dezember 2014 nur knapp überschritten. Das bedeutet, dass diese Grenze heuer unterschritten werden könnte. Zum anderen geht der Verbrauch über die Weihnachtsfeiertage stark zurück, viele Betriebe sind geschlossen. Sollte es daher zu einer Situation wie am 13. Februar 2014 kommen, wo von der Vortagesprognose zur tatsächlichen Produktion 7,5 GW fehlten, gibt es kaum eine Möglichkeit, Großverbraucher zur Stabilisierung vom Netz zu nehmen. Zum anderen führt eine milde Wetterlage zusätzlich zu einem geringeren Verbrauch.
Alles Faktoren und Indikatoren die gewisse Herausforderungen erkennen lassen, aber nicht für eine Prognose tauglich sind, ob etwas schief geht.
Wettervorhersagen & Windstromproduktion
Wie bereits angeführt, spielt die Wettersituation eine wesentliche Rolle. Daher werden hier die Wind-Vorhersagen dargestellt. Die Windstärken dürften ähnlich hoch sein, wie im vergangenem Jahr. Daher ist durchaus mit einer erhöhten Windstromproduktion zu rechnen. Hinzu kommt, dass auch die PV-Anlagen zeitweise einen Beitrag leisten werden. Die Temperaturen sollen meistens um bzw. über Null Grad Celsius liegen.
Die Windsituation am Freitag, 19.12.14 , soll in etwas bis Freitag, 26.12.14, gleich bleiben. Die Sturmzonen (rot) nehmen ab, was zusätzlich zu einer verbesserten Windproduktion führt (die (optimale) Nennleistung wird bei einer Windgeschwindigkeit von etwa 15 m/s (54 km/h) erreicht). Für Freitag, 19.12.14, sind Windstromleistungen zwischen 20 und 25 GW prognostiziert. Am Montag, 22.12. wurden über 28 GW Wind
Negativstrompreise
Am Samstag, 20.12.14, wurde zwischen 2 und 7 Uhr für die Stromabnahme zwischen -0,68 und -6,74 Euro pro MWh bezahlt. Regulär kostet aktuell die MWh zwischen 30 und 60 Euro. Negativpreise sind nicht nur für den Markt ein Problem, sondern führen auch zu einer zusätzlichen Belastung der Infrastruktur, da es zu großräumigen Lastflüssen kommt. Wird das für die Infrastruktur zu gefährlich, erfolgen sogenannte Intradaystopps im Stromhandel.
Darstellung der aktuellen Strompreise an der Strombörse European Energy Exchange (EEX). Als Referenzpreis wird der für Österreich relevante Physical Electricity Index (Phelix) herangezogen.
Zu beachten ist, dass die Stromgestehungskosten im Minimum bei etwa 40 Euro pro MWh liegen.
Aktuelle Situation 2014
Die in dieser Woche höchste Windstromeinspeisung wurde am 22.12 mit über 28 GW erreicht, welche wahrscheinlich am 23.12 erneut erreicht wurde.
Situation in Österreich
Ein Blick auf die österreichischen Windstromproduktionsdaten lässt einige Herausforderungen erkennen. So lag am 22.12. zwischen der Prognose und der tatsächlichen Produktion doch ein Unterschied von rund 400 MW, was in etwa 2x dem Kraftwerk Freudenau (172 MW) entspricht. Interessant ist auch der Sprung um 22 Uhr um rund 600 MW, wobei das ein Zahlenfehler sein könnte. Die tatsächlichen Daten werden erst im Laufe der Zeit publiziert.
Interessant ist auch die Windstromproduktion am 23.12, die sehr sprunghaft war, was zu einer enormen mechanischen Belastung bei konventionellen Kraftwerken / Generatoren führt (= Laufzeitverkürzung), da diese für einen konstanten Dauerbetrieb, jedoch nicht für einen wechselhaften Stop-and-Go-Betrieb ausgelegt sind. Bei Großgeneratoren treten Fliehkräfte von über 200.000 Tonen auf, die man nicht einfach abbremsen und wieder anfahren kann.
Am 24. Dezember gab es anscheinend statt den erwarteten rund 600 MW plötzlich 1.300 MW Windstromproduktion, oder das Äquivalent von 4 Kraftwerken Freudenau, die kurzfristige ihre Produktion reduzieren mussten.
Vergleich Windstromprognose/-produktion Österreich
(wenn man mit der Maus über die Folien fährt, wird auch das Datum angezeigt)
Windstromproduktion Österreich Dezember 2014
Zum Vergleich wurde die Skalierung anhand der Leistungsfähigkeit des Kraftwerkes Freudenau (172 MW) vorgenommen. Das bedeutet, dass zwischen 0 und 11 Freudenaus abgedeckt wurden. Zu beachten ist auch, dass in der Weihnachtswoche ein Verbrauch zwischen 6 und 9 GW prognostiziert wurden. Oder anders ausgedrückt, am 21.12. wurden von den rund 7 GW Bedarf, 1,9 GW durch Windstrom abgedeckt.
Stromerzeugung im Dezember 2013/2014 (Deutschland)
Die nachfolgende Grafik zeigt die enormen Herausforderungen und Volatilität bei der Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen und damit für die Versorgungssicherheit. Es reicht eben nicht, nur eine umfangreiche dezentrale Erzeugung sicherzustellen. Hier fehlt ein Gesamtkonzept bzw. das Thema Energiebevorratung („Speicherung“).
Der Schluss, dass man wieder zum alten zentralisierten System zurückkehren muss, wäre aber genauso falsch und rückwärtsgerichtet. Wir brauchen ein dezentrales System, ein Energiezellensystem, um mit den neuen Rahmenbedingungen auch in Zukunft eine hohe Versorgungssicherheit sicherstellen zu können.
Resümee
Wieder alles gut gegangen. Die Negativstrompreisentwicklungen haben sich in Grenzen gehalten. Die Differenzen zwischen der prognostizierten und tatsächlichen Windstromproduktion in Österreich waren zum Teil doch ganz erheblich. Die Prognose-/Produktionsdifferenzen – die Schwankungsbreite lag im Dezember 2014 zwischen -960 MW (Fehl) am 20.12. bis zu +655 MW (Überproduktion) am 25.12. Wobei es bis 29.12 zu insgesamt 5 Überproduktionen und 92 Unterproduktionen mit jeweils über 400 MW Leistung kam.
Eine weitere Sicht wird sich mit der Auswertung der Intradaystops ergeben.
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