(gemeinschaftlich erstellt von Walter Schiefer, Franz Hein und Herbert Saurugg)
Eine dezentrale EIGEN-Stromversorgung mit erneuerbarer Energie in jeder Gemeinde zur Aufrechterhaltung der Infrastruktureinrichtungen Wasser, Abwasser, Wärme, medizinische Versorgung, Feuerwehr, Einsatzzentrale, aber auch für das Eigenheim, hilft dem Klima und den Menschen bei einem möglichen Ausfall des Stromnetzes!
Die Gefahr eines europaweiten Strom- und Infrastrukturausfalls („Blackout“) steigt seit Jahren massiv an. Noch kann der sichere Betrieb des europäischen Stromverbundsystems mit den bestehenden Kraftwerken und deren Energievorrat, meist in Form fossiler Rohenergien, sowie mit dieser Art der Einspeisung konzipierten und gut ausgebauten Netzen sichergestellt werden. Wie lange noch, ist unbeantwortbar. Die Zukunft kann nicht „berechnet“ werden.
Warum soll es überhaupt zu einem großflächigen Ausfall des Stromnetzes kommen? Das hat es ja für die allermeisten, heute lebenden Menschen, noch nie gegeben. Die Zeichen liegen im Verborgenen, in dieser physikalischen Tatsache: Stromerzeugung und Stromverbrauch müssen zu jedem Zeitpunkt, also immer, gleich groß sein! Das heißt, dass eine stabile Versorgung einen permanenten physischen Ausgleich von Einspeisung und Bedarf verlangt, also in der Sprache des Marktes: Angebot und Nachfrage müssen ständig übereinstimmen. Strom kann nicht gelagert werden. Auf Strommärkten gibt es keine Lager oder Warteschlangen, die Abweichungen ausgleichen können. Kleinere Abweichungen treten aber ständig auf und verlangen nach einer Pufferung zwischen Einspeisung und Bedarf. Eine Netzregelung muss rund um die Uhr Abweichungen feststellen und rasch genug rückführen, um den Ausgleich wieder herzustellen. Größere Abweichungen können durch unvorhergesehene Kraftwerks- oder Leitungsausfälle oder durch falsch prognostizierte Last oder Produktion entstehen. Damit es trotzdem nicht zur Beeinträchtigung der Netzstabilität, und damit zu einem Blackout kommt, wird kurzfristig Strom aus den sogenannten Regelkraftwerken bezogen, bzw. weniger Strom in diesen Kraftwerken erzeugt. Das gelingt aber nur, wenn diese mit ausreichender Leistungsfähigkeit, Regelgeschwindigkeit und genügend Energievorrat vorhanden und tatsächlich auch im Netz verfügbar sind!
In der Schweizer Studie «Versorgungssicherheit im Bereich der Elektrizität» findet sich Folgendes: «Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet, wenn jederzeit die gewünschte Menge an Energie mit der erforderlichen Qualität im gesamten Stromnetz zu angemessenen Preisen erhältlich ist.» Die Definition bleibt jedoch so global, dass sich daraus noch keine Verantwortlichkeiten für den Bau von neuen Kraftwerken oder sonstigen Maßnahmen ableiten lassen.
Die Verantwortung für die Versorgungssicherheit liegt heute im Wesentlichen zentral bei den Übertragungsnetzbetreibern in den einzelnen Staaten. Als sogenannter Transmission System Operator (TSO) sind diese nicht nur für den Netzbetrieb im übergeordneten Höchstspannungsnetz verantwortlich, sondern auch für die Systemdienste Netzregelung, Netzsicherheit im Höchstspannungsnetz samt Blindleistungsmanagement und auch für die Verfügbarkeit von ausreichend hohem Kurzschlussstrom, damit die Schutzeinrichtungen ordnungsgemäß funktionieren können. Deshalb sind sie für die damit verbundene Beschaffung und Vorhaltung von Reserveleistung verantwortlich. In Österreich ist das die APG – Austrian Power Grid. Im europäischen Stromnetz sind es insgesamt 41 Übertragungsnetzbetreiber, die sich in einem Verband (ENTSO-E) zusammengeschlossen haben und eng zusammenarbeiten.
Wie kann die APG für eine Versorgungssicherheit sorgen, wenn das Unternehmen seit der Marktöffnung, also seit der Liberalisierung des Strommarktes zu Beginn des Jahrtausends, selbst keine Kraftwerke betreiben darf? Für eine sichere Stromversorgung werden Netze und Produktion gemeinsam benötigt. Es lässt sich dabei keine scharfe Trennung bei den Verantwortlichkeiten vornehmen: Langfristige Versorgungssicherheit setzt sowohl Netze als auch Kraftwerke voraus. Zukaufen kann die APG nur solange, wie es Angebote für Regelenergie gibt! Kann die Deckung nicht sichergestellt werden, gibt es auch keine sichere Stromversorgung!
Fakt ist: Im liberalisierten Markt bestimmen Preis (Erlöse/Kosten) und Wirtschaftlichkeit darüber, ob neue Kraftwerke gebaut werden! Ein verordneter Bau von Kraftwerken für die Sicherung der Versorgung ist in den österreichischen Gesetzen nicht vorgesehen. Seit der Marktöffnung besteht daher eine Verantwortungslücke.
Die freien Marktmechanismen sollen nun dafür sorgen, dass umweltfreundlich erzeugter Strom zu einem günstigen, sozial verträglichen Preis, mit der entsprechenden physikalischen Qualität, jederzeit mit der ausreichenden Menge und Leistung der Bevölkerung zur Verfügung steht!
Werden Investoren nach diesen Kriterien in den Neubau von Kraftwerken investieren? Kann eine sichere Stromversorgung unter den derzeitigen Bedingungen wirklich langfristig aufrechterhalten bleiben? Das System funktioniert derzeit noch, weil wir von der Substanz des bestehenden Kraftwerksparks leben, der meist weit vor der Strommarktliberalisierung errichtet wurde. Immer mehr Kraftwerke scheiden jedoch altersbedingt oder mangels Wirtschaftlichkeit aus. Andere Kraftwerke werden, wie z. B. Kernkraftwerke in Deutschland mehr aus ideologischen Gründen abgeschaltet und gänzlich außer Betrieb genommen. Wieder andere Kraftwerke sollen ebenfalls außer Betrieb genommen werden, um die Belastung der Atmosphäre durch klimaschädliche Stoffe zu mindern. Damit entfallen mehr und mehr solche Einrichtungen, in denen bisher fossile Rohenergien oder Kernbrennstoffe einen großen Energievorrat gewährleisteten. Auch Pumpspeicherwerke sind nicht mehr „im Geld“, weil fast nur noch Energiemengen (kWh) gehandelt werden und nicht mehr auf das einzuhaltende Leistungsgleichgewicht geachtet wird. Längerfristige Energiebevorratung und kurzfristige Energiespeicherung werden damit immer weniger. Ersatzlösungen gibt es zwar (Batteriespeicher, Power-to-X). Aber sie sind weit weg von einer breiten Einführung. Die Lücke zwischen Bedarf und Realität wird immer größer. Die Energiebereitstellung durch Photovoltaik-Anlagen und Windkraftwerke ist so gut wie überhaupt nicht regelbar bzw. kann nur „abgeregelt“ werden. Damit steht immer weniger Regelleistung zur Verfügung. Der freie Markt fühlt sich weder für die Beschaffung noch für die Errichtung dafür geeigneter Kraftwerke zuständig, auch nicht verantwortlich! Steigende Strompreise und häufiger auftretende Stromausfälle sind als Folge absehbar. Die Gefahr für das Auftreten großflächiger Blackouts wird somit Jahr für Jahr größer!
Selbsthilfe und Eigenvorsorge sind sinnvoll und möglich:
Eine gesicherte und umweltfreundliche Stromversorgung, Tag und Nacht, sowohl im Alltag als auch bei kleineren Störungen und auch bei einem möglichen Blackout lässt sich im Kleinen mit einer notversorgungsfähigen Photovoltaikanlage realisieren. Solchermaßen ausgerüstete Einrichtungen sorgen dafür, dass zumindest überlebenswichtige Leistungen (Licht, Wasser, Heizung, Sicherheit) zu jedem Zeitpunkt aufrechterhalten werden können. Es gibt keine hundertprozentig sicheren Systeme. Wir können aber durch einfache Maßnahmen unsere Verwundbarkeit reduzieren. Wenn dann noch solche „Energiezellen“ miteinander kooperieren, dann gewinnen wir alle an Sicherheit.
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