Quelle: NZZ  – Wenn es mit dem Energiemangel extrem wird, müssen Teile des Kantons Zürich vom Stromnetz genommen werden. Wie genau das aussehen soll, war geheim. Bis jetzt

Die NZZ hat Einsicht erhalten in die Abschaltpläne der kantonalen Elektrizitätswerke (EKZ). Selbst Spitäler und Gefängnisse könnten von der Stromversorgung getrennt werden.

Zuerst kommen die Sparappelle und die freundlichen Tipps. Dann werden vielleicht Rolltreppen abgestellt oder Schneekanonen. Anschliessend müssen Grossverbraucher ihren Konsum zurückfahren. Und wenn das alles immer noch zu wenig bringt, dann werden ganze Teile des Landes einfach stundenweise abgeschaltet.

So sieht, in aller Kürze, der Eskalationsplan der Behörden für eine Strommangellage aus. Also für eine Situation, in der es während Tagen, Wochen oder sogar Monaten zu wenig Elektrizität gibt.

Vor zwei Jahren hat der Bund ausgerechnet, was eine Unterversorgung von nur schon 30 Prozent über mehrere Wintermonate kosten würde: 180 Milliarden Franken. Zum Vergleich: Der Bund rechnet für 2023 mit Staatsausgaben von rund 86 Milliarden Franken. Ein paar Monate Strommangel wären also etwa gleich teuer wie zwei Jahre Bundeshaushalt.

Die Ostral schätzt die Wahrscheinlichkeit einer Strommangellage als real und gross ein.

So sei es ein Mythos, dass jene, die in der Nähe eines Spitals wohnten, von Abschaltungen verschont blieben, nur weil sie am gleichen Unterwerk hängten. «Dazu gibt es klare Vorgaben. Wenn der Anteil jener, die gemeinsam mit dem Spital versorgt werden, zu gross ist, dann wird die Leitung trotzdem abgeschaltet, und auch das Spital muss auf Notstrom umstellen», sagt Arnet.

Dies bestätigt auch der Bund. Lebenswichtige Bereiche wie die Energie- und Wasserversorgung, Blaulichtorganisationen oder die medizinische Grundversorgung könnten von Netzabschaltungen ausgenommen werden, sofern dies technisch möglich sei, «was aber nur vereinzelt der Fall sein dürfte», schreibt das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung in einer Mitteilung.

Selbst eine Notstromgruppe im Keller löse nicht alle Probleme, sagt der EKZ-Mann Thomas Arnet. Die Welt sei so stark vernetzt, dass auch eine Stromabschaltung in einer ganz anderen Region weitreichende Folgen haben könne.

«Nehmen wir an, in Ihrer Gemeinde gibt es gerade für ein paar Stunden Strom, und Sie wollen die Gelegenheit nutzen, um Ihr Auto zu tanken. Die Tanksäule funktioniert zwar, doch dummerweise steht der Server, der Ihre Kartenzahlung verarbeiten sollte, an einem Ort, der derzeit keinen Strom hat. Die Bezahlung scheitert, und Sie erhalten kein Benzin.»

Für gewisse Server seien Slots von vier Stunden, in denen es Strom gebe, ein zu kurzes Zeitfenster: «Die sind nach vier Stunden noch nicht wieder hochgefahren. Die Systeme sind nicht dafür ausgelegt, ständig ab- und wieder angeschaltet zu werden.»

Für Grossbetriebe wie Strafanstalten oder Spitäler könnten Abschaltungen weitere indirekte Folgen haben – etwa, dass das Brot vom Bäcker nicht geliefert werde oder dass Schliesssysteme ausfielen.

Jeder Betrieb müsse sich im Vorfeld überlegen, was es heisse, wenn es zu Abschaltungen komme. «Das ist in erster Linie eine Verzichtsplanung. Was muss ich weiterhin tun können? Womit hören wir auf?», sagt Arnet – und er hofft, dass es diese Planungen letztlich nie brauchen wird.

Aber Hoffnung allein ist eine schlechte Vorsorge. Bei den EKZ haben sie das Worst-Case-Szenario deshalb schon geübt. Die Ostral gibt vor, dass Stromversorger bei einer Mangellage ihre Netze innert drei Tagen für die Abschaltungen vorbereiten können. Bei den EKZ wären sie im Ernstfall innert zwei Tagen bereit.