Letzte Aktualisierung am 13. März 2015.
Verteilt am 01. März 2015
Mein Mitstreiter in Sachen „Gelingen der Energiewende“, Dr. Franz Hein, und ich haben uns zur Verbreitung dieser Sonderinformation zum 20. März 2015 entschlossen, dem Tag mit der partiellen Sonnenfinsternis in Europa.
Dr. Franz Hein, jetzt Rentner, war leitender Mitarbeiter eines größeren deutschen Energieversorgungsunternehmens. Dort war er ab 1973 über 19 Jahre lang für die Prozessleittechnik beim Übertragungsnetzbetreiber dieses EVU verantwortlich.
Herbert Saurugg, Initiator der zivilgesellschaftlichen Initiative ‚Plötzlich Blackout!‘ – Vorbereitung auf einen europaweiten Stromausfall – versucht seit Jahren auf die steigende Gefahr eines europaweiten Blackouts, sowie den damit verbundenen Folgen aufmerksam zu machen.
Wir sind uns durchaus bewusst, dass wir mit dieser Sonderinformation unangenehm auffallen und als völlig überzogene Mahner abgestempelt werden könnten. Wir sehen es aber als eine gesellschaftliche Verpflichtung, auf solche Aspekte hinzuweisen, die in der bisherigen Berichterstattung völlig untergehen. In letzter Konsequenz war dafür auch die uns am Freitag bekannt gewordene aktuelle deutsche Studie ‚Neue Erkenntnisse zur Lagerfähigkeit von Brennstoffen für Netzersatzanlagen‚ ausschlaggebend, wonach bei 60 % der Netzersatzanlgen der Brennstoff zum Zeitpunkt der Probennahme oder in naher Zukunft nicht mehr verwendbar war, bzw. dass nur bei 8 % der Netzersatzanlagen der Brennstoff uneingeschränkt verwendbar ist. Ein Zwischenfall in der Stromversorgung könnte daher noch weit verheerendere Auswirkungen haben, als bisher angenommen.
Wir sind immer noch davon überzeugt, dass die Stromversorgungssicherheit auch bei einer Sonnenfinsternis (siehe unter Sonnenfinsternis 2015) mit schönem Wetter sichergestellt werden kann. Nichtsdestotrotz sind die damit verbundenen Herausforderungen enorm, worauf sich die europäischen Übertragungsnetzbetreiber auch umfassend vorbereiten. Wir lehnen aber die derzeit kolportierte Scheinsicherheit und Meldungen wie folgende strikt ab:
- Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.
- Die Sonnenfinsternis ist mit dem Problem zum Jahreswechsel 2000 in der Informationstechnik vergleichbar. Da ist trotz vorherigem „Getöse“ auch nichts passiert.
- Schließlich kann über den internationalen Stromhandel schnell überschüssige Elektrizität ins Ausland geliefert oder von dort bezogen werden.
- Keine Angst vor Blackout; alles wieder Übertreibung.
- Österreich hat nicht so viele Photovoltaik-Anlagen.
- usw.
Wir sprechen von einem europäischen Verbundsystem, dass nur im Ganzen funktioniert. Eine Störung würde daher nicht nur ein Land betreffen. Die häufig rein nationalen Betrachtungen greifen daher völlig zu kurz!
Die Sonne geht doch jeden Tag auf und unter, warum sollte dann eine partielle Sonnenfinsternis ein Problem darstellen, werden sich viele von Ihnen fragen. Das ist grundsätzlich richtig, nur steckt das Problem wie so oft im Detail. Das Stichwort heißt Leistungsänderungsgeschwindigkeit, wie die nachfolgende Grafik verdeutlicht:
Die Sonne kommt nach der Sonnenfinsternis viel rascher als beim täglichen Sonnen-aufgang wieder zurück, und damit steigt die Stromproduktion aus Photovoltaikanlagen wesentlich rascher. Hinzu kommt, dass die Sonne dann auch noch höher steht und daher noch mehr PV-Strom erzeugt wird. Und das wird zu einer gewaltigen Herausforderung, diese kurzfristigen Leistungsänderungen auszuregeln. Denn konventionelle Kraftwerke können auch nur mit begrenzten Änderungsgeschwindigkeiten nachgeregelt werden. Abschaltung im vollen Betrieb führen zu extremen Beanspruchungen, die sonst nur bei Schutzauslösungen vorkommen. Am besten können noch Pumpspeicherkraftwerke solche raschen Änderungen vollziehen. Rein rechnerisch geht sich das alles gut aus.
Jedoch haben die Komponenten der Netzinfrastruktur auch physikalische Grenzen, was bei kurzfristigen Schwankungen und Überlastungen zu Ausfällen und im schlimmsten Fall zu Dominoeffekten führen kann. Daher reicht es bei weitem nicht aus, dass sich nur die E-Wirtschaft über die möglichen Folgen eines Ausfalls Gedanken macht und sich darauf vorbereitet. Denn sollte es zum gefürchteten europaweiten Stromausfall („Blackout“) kommen, dann zieht das unmittelbar einen weitreichenden Infrastrukturkollaps nach sich. Während man in Österreich rund einen halben Tag für einen möglichen Netzwiederaufbau veranschlagt, rechnet man in Deutschland mit mehreren Tagen. Das europäische Verbundsystem funktioniert aber nur im Ganzen. Und auch wenn der Strom wieder da ist, kehrt noch lange keine Normalität ein, da dann erst die anderen Infrastrukturen wieder hochgefahren wer-den müssen. Wir sind verwundbar, ohne dass uns das in der Regel bewusst ist.
Die partielle Sonnenfinsternis ist ein europaweit einschneidendes Ereignis. Wenn tatsächlich die Regelfähigkeit gegen Ende der Sonnenfinsternis überbeansprucht würde, wäre dies ein Problem im europaweit ausgedehnten Energieversorgungssystem, nicht vergleichbar mit den bisher schon erlebten Schwierigkeiten. Damit fehlen auch die Erfahrungen, wie das Gesamtsystem wieder aus dieser Situation in den Normalbetrieb überführt werden kann. Die Gefahr besteht, dass die Folge ein mehr oder weniger langer großflächiger Blackout wäre, der sich keinesfalls nur auf eines der europäischen Länder beschränkt.
Wenn tatsächlich die Regelfähigkeit gegen Ende der Sonnenfinsternis überbeansprucht würde, wäre dies ein Problem im europaweit ausgedehnten Energieversorgungssystem, nicht vergleichbar mit den bisher schon erlebten Schwierigkeiten. Damit fehlen auch die Erfahrungen, wie das Gesamtsystem wieder aus dieser Situation in den Normalbetrieb überführt werden kann. Die Gefahr besteht, dass die Folge ein mehr oder weniger langer großflächiger Blackout wäre, der sich keinesfalls nur auf eines der europäischen Länder beschränkt.
Auf einen europaweiten Stromausfall ist die Bevölkerung in keinem europäischen Land vorbereitet. Das hat nicht zuletzt auch die Sicherheitsverbundsübung 2014 in der Schweiz mehr als deutlich gemacht. Und das gilt aufgrund langjähriger Erfahrung mit dem Szenario ‚Blackout‘ ebenso in Österreich und sicherlich auch in Deutschland.
Es reicht bei weitem nicht, wenn Führungskräfte informiert sind, die Mannschaften aber noch nie davon gehört haben, wie das in letzter Zeit in verschiedenen Bereichen neben vielen anderen Dingen immer wieder erlebt wurde. Ganz zu schweigen von der nun erkannten hohen Unsicherheit im Notstromversorgungsbereich, wie die oben angeführte Studie zu Tage gebracht hat.
Wir haben jetzt noch 3 Wochen Zeit, um uns zumindest mit ein paar Grundfragen auseinanderzusetzen und diese noch anzugehen. All das durchaus mit der Möglichkeit, dass wir den 20. März wie schon öfters dank der hervorragenden Arbeit der Netzbetriebsmannschaften unbeschadet überstehen.
Sollte doch etwas Unvorhergesehenes passieren, dann wären wir zumindest nicht völlig unvorbereitet, was einfach nur grob fahrlässig wäre. Hierzu einige >>Gedankenanstöße<< bzw. auch nochmals der Verweis auf die bisherigen Hilfestellungen ‚Mein Unternehmen auf ein Blackout vorbereiten‘ und ‚Was kann ICH tun?‚. Gerade die persönliche Vorbereitung wird oft unterschätzt. Zudem haben erst jüngst 61 von 160 Befragten aus dem ‚Katastrophenschutzbereich‘ bei einer Befragung angegeben, dass sie die Sicherheitslage für ihren eigenen Wohnbereich bereits nach 3 Tagen als kritisch sehen.
Wir werden anlassbezogen möglicherweise noch weitere Sonderinformationen erstellen, zumindest aber Ihnen kurz vor dem 20. März unsere persönliche Lageeinschätzung mitteilen. Sollte, was wir hoffen, alles ohne Probleme ablaufen, ersuchen wir um Nachsicht für unsere ‚Sorge‘.
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