Quelle: www.diepresse.com
Kaum ein Unternehmen hat einen Katastrophenplan vorbereitet. Eine zeitlose Anregung aus aktuellem Anlass.
Oberst Michael Bauer hat aus Fehlern gelernt: „2009, beim Nebelunfall auf der A22, da haben wir noch alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann.“ Damals hatte eine Nebelgranate des Bundesheers eine Massenkarambolage mit einer Toten ausgelöst. Aus den Fehlern leitete der Sprecher des Verteidigungsministeriums zehn Gebote für den Krisenfall ab: „Sie passen für jedes Unternehmen – von Bundesheer bis Germanwings“, sagt Bauer.
Was ist überhaupt eine Krise? Was für Luftlinien auf der Hand liegt (Flugzeug stürzt ab), ist für andere Betriebe schon schwerer zu definieren. Die Mühe lohnt sich. Im Fall des Falles erübrigt sie die zeitraubende Entscheidung, ob und wann denn nun der Krisenplan in Kraft tritt. Steht das Unternehmen erst einmal unter medialem Beschuss, ist es zu spät.
2. Du sollst schnell reagieren!
Bis zur ersten Reaktion auf den Nebelunfall verstrichen zwei Tage – beim nächsten Unglücksfall beim Heer dauerte es nur mehr eine Stunde. Bauer: „Was man in der ersten Stunde nicht kommuniziert, kann man später nicht mehr aufholen.“
3. Du sollst Gerüchten keinen Raum lassen!
Keine Katastrophe ohne Mythen. Im Fall Germanwings sind das etwa die Spekulationen, warum der Pilot nicht in seine Kabine zurückgekehrt ist. Gerüchte seien unvermeidlich, sagt Bauer, und oft von der bösen Konkurrenz gestreut. Die einzige Waffe: „Fakten töten solche Mythen. Und geben einem die Kontrolle zurück.“
4. Du sollst nichts verheimlichen!
Wer alles offenlegt, hat nichts zu verbergen – und keine spätere Enthüllung zu befürchten. Bauer plädiert auch für die nachträgliche Veröffentlichung von Untersuchungsberichten. Das Signal nach außen: Das ist passiert, und dafür stehen wir gerade.
5. Es dürfen nur wenige sprechen!
Den Nebelunfall auf der A22 haben noch 13 Sprecher kommentiert, fortan maximal drei. Sie sind – auch in ihrer Reihenfolge – vom Krisenplan definiert. Der CEO schaltet sich meist erst später zu. Perfekte Abstimmung (auch auf zu erwartende Fragen) ist ein Muss.
6. Du sollst nicht lügen!
Jede Aussage muss zu 100 Prozent der Wahrheit entsprechen und späterer Prüfung standhalten. Was man zum aktuellen Zeitpunkt nicht weiß (etwa die Absturzursache), wird nicht kommentiert. Die Information wird nachgereicht, sobald sie verfügbar ist.
7. Du sollst immer ansprechbar sein!
Nicht nur Journalisten ärgern sich, wenn im Krisenfall alle Leitungen besetzt sind. Jetzt ist das Sekretariat zu verstärken, und Telefonlisten sind zu führen. Und bitte verlässlich zurückrufen!
8. Du sollst den Zugang zur Unfallstelle kontrollieren!
Kontrollieren heißt nicht verbieten – sonst entsteht der Verdacht, man hätte etwas zu verbergen. Kontrollieren heißt, die Stakeholder (etwa die Angehörigen der Opfer) an der Hand zu nehmen und an die Unfallstelle zu führen, ohne die Ermittlungen zu stören. Ist das nicht möglich (unwegsames Gelände), sind Fotos und Filmmaterial zur Verfügung zu stellen.
9. Du sollst an die Internen denken!
Jeder Mitarbeiter ist ein potenzieller Kommunikator. Deshalb ist es so wichtig, dass Interne dieselben Informationen bekommen wie Externe. Sie müssen wissen, dass sie bei Anfragen nicht mutmaßen dürfen. Und schon gar nicht dürfen sie sagen: „Keine Ahnung, mit mir redet ja keiner.“
10. Du sollst Mitgefühl zeigen!
Manche befürchten, ihr Bedauern könne ihnen als Schuldeingeständnis ausgelegt werden. Bauer sieht das anders: „Wir äußern auf jeden Fall unser Mitgefühl. Die Öffentlichkeit nimmt einem meist nicht krumm, dass etwas passiert ist – nur, wie man damit umgeht.“ Und Menschlichkeit zu zeigen ist das Beste, was ein CEO tun kann.
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