Letzte Aktualisierung am 27. Januar 2016.

Eines vorweg – es gibt nicht den EINEN Schuldigen – bzw. ist diese Frage zugleich Teil des Problems. Unser gewöhnliches Entweder-oder-Denken engt den Horizont ein. Daher wurde der Titel als Provokation gewählt. Der zweite Teil des Problems ist unser einfaches Ursache-Wirkungs-Denken. Das hat im linearen/mechanistischen Zeitalter ganz gut bis sehr gut funktioniert.

Komplexe Systeme erfordern jedoch neue Betrachtungs- und Herangehensweisen – die wir uns erst aneignen müssen. Wir benötigen dazu Denken in Wirkungsgefügen bzw. vernetztes Denken.

Dieser Beitrag ist eine Fortsetzung zu den bisherigen Analysen:

Er wird sich mit den politischen Rahmenbedingungen sowie mit dem Strommarkt auseinandersetzen.

Neben einer Reihe technischer Herausforderungen spielen auch politische Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle, die zu den steigenden Netzinstabilitäten im europäischen Stromversorgungssystem beitragen. Natürlich nicht in einfachen Ursache-Wirkungsketten oder böswillig, sondern eher durch gut gemeinten kurzsichtigen Aktionismus bzw. fehlender Systemkenntnis. Bis hin zum fehlenden vernetzten Denken. Aber der Reihe nach.

Marktliberalisierung

Die Stromversorgung war in vielen Ländern seit Anfang an eine Kernaufgabe der öffentlichen Hand, da die hohen Infrastrukturerrichtungskosten oft nicht anders deckbar waren. Große Infrastrukturprojekte erfordern darüber hinaus einen langfristigen Horizont.

In vielen Ländern wurde auch sehr viel Wert auf die Versorgungssicherheit gelegt und entsprechende Überdimensionierungen und Reserven bei den Betriebsmitteln vorgesehen. Das ist auch ein Grund dafür, warum es in Mitteleuropa eine so hohe Versorgungssicherheit gab und (noch) gibt.

Diese „natürlichen“ Monopole hatten natürlich auch Schattenseiten. Um diese marktbeherrschende Stellung aufzubrechen, wurde ab der Jahrtausendwende mit der EU-weiten Elektrizitätsmarktliberalisierung begonnen. Dadurch sollte der Markt belebt und die Strompreise gesenkt werden. Durch die Marktliberalisierung wurden die bisher weitgehend geschlossenen Versorgungsketten in einzelne Bereiche aufgesplittet. Das Kernelement der Liberalisierung ist die unternehmerische Trennung von Stromerzeugung, -übertragung und -verteilung.

Regulierter und nicht regulierter Markt

Mit dieser Aufsplittung wurde aber gleichzeitig auch die „Einheit der Führung“ zerschlagen. Es gibt nun den „freien“ Markt und den regulierten Markt. Der Infrastrukturbereich (Netze) etwa unterliegt dem regulierten Markt, sprich hier gibt es keine freie Preisbildung, sondern dieser wird von staatlichen Regulatoren (etwa E-Control, Bundesnetzagentur) vorgegeben. Dies auch deswegen, da es bei den Netzen weiterhin eine Monopolstellung gibt und es volkswirtschaftlich keinen Sinn machen würde, Parallelnetze aufzubauen. Der Stromhandel und die Produktion unterliegen dem freien Mark bzw. Angebot und Nachfrage.

Aufsplittung mit weitreichenden Folgen

Ein Nachteil dieser Aufsplittung trug dazu bei, dass es 2006 zur bisher größten Großstörung („Blackout“) im europäischen Stromnetz kam.

Etwa durch unzureichende Absprachen zwischen den nunmehrigen „Konkurrenten“ wurde eine folgenschwere Kettenreaktion („Dominoeffekt„) ausgelöst. Inzwischen haben die Übertragungsnetzbetreiber aber viel Aufwand betrieben, um die Kommunikation und Koordination zwischen den unterschiedlichen Betreibern zu verbessern. Andere Nachteile bestehen aber weiterhin.

Systemverständnis geht verloren

Früher haben die Energieversorger mehr oder weniger alles aus einer Hand geliefert und sind daher auch entsprechend ganzheitlich vorgegangen. Kraftwerke wurden weitgehend dort gebaut, wo der Verbrauch stattfand. Mehraufwendungen für die Systemsicherheit konnten quer finanziert werden.

Durch die Marktliberalisierung und Marktfokussierung geht die erforderliche Systemsicht verloren. Der jeweilige Infrastrukturbetreiber betrachtet aufgrund der notwendigen betriebswirtschaftlichen Überlegungen nur mehr seinen Bereich. Daher macht es betriebswirtschaftlich immer häufiger keinen Sinn, aufwendige Kraftwerke selbst zu betreiben, wenn, wie derzeit, der Strompreis an der Strombörse im Keller ist (siehe Stromversorger will abschalten und „Verwerfungen auf Strommarkt„).

Damit wurde und wird jedoch die regionale Stabilität des Versorgungssystems reduziert. Zusätzlich steigen die (Über-)Belastungen im restlichen Infrastruktursystem, insbesondere in den Übertragungsnetzen, da diese nicht für den großräumigen Stromhandel und -transport ausgerichtet wurden.

Während der virtuelle Handel sehr flexibel ist, ist es die Infrastruktur nicht und vor allem gelten hier physikalische Grenzen, die immer häufiger erreicht werden.

Deutsche Energiewende im Alleingang

Als wäre das alleine noch nicht genug, begann nach der Atomkatastrophe von Fukushima in Deutschland ein überhasteter Atomausstieg, ohne wirkliche Berücksichtigung des gesamteuropäischen Verbundsystems (siehe auch Aus den Augen, aus dem Sinn …). Gleichzeitig wurde und wird der Ausbau der dezentralen Erzeugung aus volatilen Quellen (Wind, Sonne) massiv gefördert, aber eben nur die Erzeugung und nicht der Umbau des Gesamtsystems (siehe auch Teil 1, 2, 3).

Das bisherige europäische Stromversorgungssystem wurde für einfach berechen- und steuerbare Großkraftwerke errichtet. Die „Demokratisierung“ der Energieversorgung, insbesondere der dezentralen Erzeugung, macht aber nur in einem dezentralen System Sinn. Die Einbindung in das zentralisierte System wird aber ab einer gewissen Größenordnung zur Gefahr für das Gesamtsystem – und dieser Punkt rückt immer näher.

Zentralität versus Dezentralität

Die Energiewende führt zu einer Machtverschiebung. Die bisher sehr zentralisierte Energieversorgung wird durch eine dezentrale Energieversorgung abgelöst. Die bisherige Umsetzung ist jedoch in vielen Bereichen dem zentralistischen Ansatz angepasst.

Derzeitige Gegenkonzepte – eine großräumige Vernetzung auf Übertragungsnetzebene („Super-Grids“) entsprechen ebenso dem bisherigen Denken und Handeln, das aber mit dem Charakter der volatilen Erzeugung nicht auf Dauer in Einklang zu bringen ist.

Die Dezentralität darf nicht nur in der Erzeugung abgebildet werden, sondern in der gesamten Versorgungskette. Dies bedeutet die Notwendigkeit, die Verteilnetze deutlichen aus- bzw. umzubauen. Wovon derzeit aber eher weniger die Rede ist.

Durch dezentrale Strukturen, die das zentrale Infrastruktursystem entlasten, kann die Energiewende auch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten vorangetrieben werden. Daher sollte der Fokus auf die Entwicklung von robusten dezentralen Strukturen, die durchaus in das bisherige zentrale System eingebunden werden, gelegt werden. Auch wenn viele Stadtwerke unter den derzeitigen Bedingungen schwere Zeiten durchlaufen, werden sie in einer zukünftigen Struktur wieder an Bedeutung gewinnen.

Wobei hier auch wieder „Sowohl-als-auch“ gilt, wie Hermann Scheer , ein Vater der deutschen Energiewende, dies gut beschrieben hat:

„Präziser als durch die Begriffe Zentralisierung versus Dezentralisierung ist der Energiewechsel beschreibbar als der Übergang von einer im größeren Verbund und damit in wechselseitiger Abhängigkeit organisierten Energieversorgung zu einer autonomen und vielfältig modularisierten: individuell, lokal, regional in jeweils kleineren bis zu größeren Maßstäben. Es geht also nicht ausschließlich um den Gegensatz zwischen Klein- und Großanlagen, denn wo ein entsprechen großer Energiebedarf besteht, können auch Großanlagen eine modulare bzw. inselmäßig betriebene Energieversorgung (für große Unternehmen, Kommunen oder Regionen) leisten.“ Der energethische Imperativ, S. 258.

Schwarzstartfähigkeit

Ein zentraler Aspekt einer dezentralen Versorgung und für die Systemsicherheit ist die Schwarzstartfähigkeit von Kraftwerken.

„Unter Schwarzstartfähigkeit versteht man die Fähigkeit eines Kraftwerks(blocks), unabhängig vom Stromnetz vom abgeschalteten Zustand ausgehend hochzufahren. Dies ist insbesondere bei einem flächendeckenden Stromausfall von Bedeutung, um das Netz wieder in Betrieb zu nehmen.“ 

 

Aufgrund der bisherigen Logik werden etwa in Österreich nur 2 Kraftwerke (Malte und Kaprun) dafür abgegolten, dass sie diese Fähigkeit vorhalten. Teilweise verfügen auch weitere Kraftwerke über die erforderlichen Vorkehrungen. Aber es gibt hier keinen Gesamtplan, wie etwa auch in eineraktuellen deutschen Studie nachzulesen ist:

Schwarzstartfähigkeit hat daher keine Bedeutung für die Verwundbarkeit einer Struktur, sondern stärkt die ‚Resilienz‘ des Gesamtsystems. … Im Rahmen des Projektes GRASB war es nicht möglich, die tatsächlich vorhandene Schwarzstartfähigkeit und die nach einem großflächigen Stromausfall benötigte Schwarzstartfähigkeit in Erfahrung zu bringen und zu bewerten: Weder die Daten zur vorhandenen noch zur ggf. benötigten schwarzstartfähigen Leistung erwiesen sich als zugänglich.“ S. 94.

 

Damit gibt es sehr wohl eine indirekte Verwundbarkeit für das Gesamtsystem, die regulatorisch zu beheben wäre. Wobei hier wahrscheinlich auch die bisherigen Mechanismen nicht greifen, etwa indem Kostenaufschläge bei der Stromproduktion geltend gemacht werden können. Denn wenn  wie aktuellmoderne Gaskraftwerke gar keinen Strom produzieren, können sie auch nicht das Geld für Zusatzinvestitionen erwirtschaften.

 

Aktuelle Aussagen wie „Für ein extrem unwahrscheinliches Szenario Vorkehrungen zu treffen, die nur einen geringfügigen Vorteil bringen, halten wir nicht für gerechtfertigt.“ sind schlichtweg falsch und brandgefährlich.

Energiewende als einseitiges Dogma

Der Ausbau der dezentralen Erzeugung, insbesondere bei der sehr volatilen Photovoltaik, ist bereits weit über den Plan. Gleichzeitig fehlen aber Tausende Kilometer an Stromleitungen und Speicher, damit der Strom überhaupt in die Verbrauchszenten transportiert werden kann bzw. auch noch dann fließt, wenn gerade kein Wind geht, oder die Sonne nicht scheint.

 

Während sich die Erzeugungskapazität rasch erhöhen lässt, erfordern die anderen Infrastrukturprojekte viele Jahre, wenn sie sich überhaupt realisieren lassen. Die Komplexitätslücke steigt damit unaufhörlich – mit erwartbaren schwerwiegenden Konsequenzen. Bisher konnten das noch die bestehenden Kraftwerkparks kompensieren. Mit jeder Stilllegung geht aber auch ein Teil dieser Reserve verloren.

 

Während sich die Katastrophe immer deutlicher abzeichnet, lässt sich die Politik für den raschen Ausbau der dezentralen Erzeugung feiern (siehe etwahier). Diese wird mit der Energiewende gleichgesetzt, was jedoch mit der Realität nur wenig zu tun hat.

Richtiges Schwergewicht?

Während von „der Energiewende“ gesprochen wird, wird damit in der Regel die Produktion von Strom aus regenerativer Primärenergie gemeint. Dabei macht der Energieverbrauch in Stromform nur etwa 1/4 des Gesamtenergieverbrauchs aus. Sehr viel mehr Energie fließt etwa in das Heizen, Kühlen und in den (Individual-)Verkehr.

 

Daher stellt sich die ernsthafte Frage, ob es nicht das falsche Schwergewicht und Ziel ist, wenn ein Großteil der Ressourcen für die Energiewende in die dezentrale Stromerzeugung gesteckt werden. Und wenn man damit gleichzeitig das einzigartige europäische Versorgungssystem – es gibt nur EIN Infrastruktursystem für die Stromversorgung, das nur im Ganzen funktioniert – aufs Spiel setzt (siehe auch, Wo die solare Energiewende Sinn macht).

CO2-Dogma

Eine wesentliche Rolle bei der Energiewende spielen auch der Klimaschutz und die damit verbundenen Anstrengungen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Derzeit wird durch den Umbruch am Strommarkt aber das Gegenteil erreicht, da die Stromproduktion aus Kohle in den letzten Jahren angestiegen ist, was zwar nicht intendiert war, aber eine unerwartete Nebenwirkung und Realität darstellt.

 

Zum anderen wird die Rolle Deutschlands bei den Auswirkungen auf den Klimawandel wohl etwas überschätzt. Auch wenn das in wissenschaftlichenPublikationen so angeführt wird:

„Erschwerend hinzu kommt das auf Grund des Klimawandels gebotene Tempo des Energiesystemumbaus, welches die Umsetzung eines vorsorgeorientierten behutsamen Ausprobierens nur sehr bedingt zulässt.“

 

„Speed kills“ könnte hier eine sehr fatale Bedeutung bekommen. Nicht, dass die Senkung des CO2-Ausstoßes nicht sinnvoll wäre, die Frage ist nur, ob die Stromerzeugung der richtige bzw. der vorrangige Hebel dazu ist.

Kontraproduktive Förderpolitik

Die Förderung als Anstoß für den Umbau des Stromversorgungssystems war grundsätzlich gut und notwendig. Jedoch werden dabei viele systemrelevante Aspekte nicht berücksichtigt. Etwa, dass das Gesamtsystem angepasst oder geändert werden muss. Es reicht nicht, nur die Erzeugung als ein Systemelement zu ändern bzw. umzustellen. Außer, man beabsichtigt eine„Schöpferische Zerstörung“ nach Schumpeter, was jedoch fatal enden könnte.

 

Die Förderung der Netzeinspeisung hat dazu geführt, dass die Anlagen betriebswirtschaftlich optimal ausgerichtet sind, und sich kaum jemand Gedanken macht, wie das ins Gesamtsystem hineinpasst („produce and forget“). Die Förderung eines möglich hohen Eigenverbrauchs hätte zur Entlastung der Infrastruktur geführt – ganz im Gegensatz zu heute.

 

Zusätzlich wären damit die „Prosumenten“ angehalten worden, den Energiebedarf zu senken, was für eine erfolgreiche Energiewende zwingend erforderlich ist. Die Energiewende wird aus heutiger Sicht nicht ohne einer deutlichen Energiebedarfssenkung möglich sein. Das Potenzial ist heute schon beträchtlich. Einige Berichte gehen davon aus, dass ohne einen wirklichen Komfortverlust innerhalb kürzester Zeit bis zu einem Viertel des heutigen Energieverbrauchs eingespart werden könnte.

Vorrang für Strom aus erneuerbaren Energiequellen

Gem. dem deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) muss der Strom aus erneuerbaren Energiequellen immer bevorzugt abgenommen werden. Und wenn kein Netzanschluss möglich/vorhanden ist, muss dennoch der theoretisch produzierte Strom abgegolten werden.

 

Dieser Markteingriff war zwar gut gemeint (Schutz vor Willkür), führt aber zu massiven Kosten für die Endkunden und trägt auch zur zunehmenden Systeminstabilität bei (siehe etwa auch Maßnahmen und Anpassungen in Wahrnehmung der Systemverantwortung).

Markt: digital versus analog

Eine weitere Rolle für die negativen Entwicklungen spielt der Stromhandel an der Strombörse. Denn hier spielt rein der Strompreis eine Rolle. Und wie bereits weiter oben angeführt wurde, geht damit die Systemsicht verloren. Während sich der Preis quasi „digital“ (0 und 1) handeln lässt, wird das dahinter liegende Infrastruktursystem weiterhin „analog“ und mit physikalischen Restriktionen betrieben. Dadurch kommt es bei den künstlichen Lastsprüngen immer wieder zu massiven Belastungen für die Infrastruktur, weil kurzfristig Leistung vom Netz genommen bzw. zugeschaltet wird.

Wachstumsparadigma versus Systemsicherheit

Ein anderer Aspekt ist das Wachstumsparadigma. Um als Unternehmen weiterhin „wachsen“ bzw. Gewinne erwirtschaften zu können, müssen immer häufiger Reserven und Redundanzen reduziert werden = Effizienzsteigerung. Was gerade bei einer so wichtigen Infrastruktur wie der Stromversorgung langfristig zulasten der Systemsicherheit geht (siehe auch Kommentar zuSchutz gegen Strom-Blackout in Österreich). Die Verwerfungen am Strommarkt verstärken diese Problematik.

 

Ganz zu schweigen davon, dass Infrastrukturprojekte langfristige Investitionen und Planungshorizonte erfordern (siehe Pumpspeicherkraftwerke werden unrentabel). Wobei hier durchaus auch zu hinterfragen wäre, ob nicht ein dezentrales System schneller und kostengünstiger zu realisieren ist, was man bei der Produktion ja schon sieht.

Zusammenfassung

Dieser Beitrag konnte natürlich nicht alle Aspekte und auch nicht in voller Detailtiefe beleuchten. Er soll jedoch weitere Puzzelsteine für eine Gesamtsicht auf die aktuellen Herausforderungen liefern. Zusätzlich soll damit auch auf das beschränkt taugliche „Ursache-Wirkungsdenken“ hingewiesen werden.

 

Es geht auch nicht um Schuldzuweisung, sondern um eine Systembetrachtung, wo viele kleine Puzzelsteine zum falschen Zeitpunkt zur gefürchteten Kettenreaktion mit einer europäischen Großstörung führen können. Und jeder angeführte Aspekt mag durchaus in der unmittelbaren Kontextbetrachtung schlüssig und sinnvoll erscheinen, da nicht davon auszugehen ist, dass böswillig gehandelt wird. In der Gesamtsicht ergeben sich aber gefährliche Entwicklungen. Ein System ist eben mehr als die Summe der Einzelteile.

 

Hermann Scheer:

Die Umstellung auf erneuerbare Energien erfordert – schon aus physikalischen Gründen – ein neues Denken. Kein System der Energiebereitstellung – gemeint ist damit der technologische, organisatorische, finanzwirtschaftliche und politische Gesamtaufbau, um Energie verfügbar zu machen – kann neutral gegenüber seinen Energiequellen sein. Es wäre eine krasse Fehlentwicklung, die auf die fossilen und atomaren Energien zugeschnittenen Strukturen beizubehalten und innerhalb dieser lediglich die Energiequelle auszutauschen. Die jeweiligen technologischen, organisatorischen, finanziellen und politischen Anforderungen an eine Energiebereitstellung können nicht unabhängig von den jeweiligen Energiequellen gesehen und verstanden werden.

Der Energieethische Imperativ, S. 41f

 

Damit wird auch klar, dass es sich bei der Energiewende um massive Machtverschiebungen handelt, die nicht friktionsfrei vonstattengehen werden. Dabei könnte aber leicht übersehen werden, dass hier sehr viel auf dem Spiel steht. Die Tragweite scheint nur wenigen Beteiligten bewusst zu sein.

 

Als weitere Ergänzung dazu dient mein Paper „Die vernachlässigten Schattenseiten der Vernetzung„. Denn das Fatale an der ganzen Sache sind die zeitverzögerten und irreversiblen Auswirkungen, wo kleine Ursachen zu massiven Auswirkungen führen können. Hier kann man nicht wie bei einem Computer einfach einen Resetschalter bedienen und von neuem Beginnen. Und sollte das befürchtete Szenario eines Blackouts eintreten, würde das wahrscheinlich weitreichende Dominoeffekte auch in anderen Bereichen auslösen – etwa einen nicht auszuschließenden Finanzkollaps. Alles Schwarzmalerei? Hoffentlich …