Antwortschreiben Landeshauptleute

Antwortschreiben zu Ihrem Email vom 30.06.2017 mit dem Betreff „Persönliches Schreiben an den Herrn Landeshauptmann“ und zum Thema „Blackout“; wiederholte Aussendung am 06.09.17

Antworten

Antwort Tirol

11.07.2017, KAT-KS-0/39-2017

Sehr geehrter Herr Saurugg, MSc, sehr geehrter Herr Reitsamer!

Im Auftrag des Herrn Landeshauptmann von Tirol und in Abstimmung mit dem Büro des Landeshauptmannes, dürfen wir Ihnen in Beantwortung Ihres Schreibens vom 30.06.2017 zum Thema „Krisenvorsorge für einen realistischen europaweiten Strom- und Infrastrukturausfall („Blackout“) und die notwendige aktive Einbindung der Bevölkerung“ das Nachstehende mitteilen:

Natürlich haben wir bei uns in Tirol bereits seit Jahren auf höchster Ebene mit allen Einsatzorganisationen, unseren Partnern im Zivil- und Katastrophenschutz sowie den Infrastrukturbetreibern Überlegungen diesbezüglich angestellt und uns mit dem Thema intensiv befasst.

Ein erster großer Vorstoß gelang dem Bundesland Tirol mit der Erarbeitung und Weiterverbreitung des Handbuches „Blackout“ im Jahre 2008, welches in erster Linie Grundlagen vermittelte und als Vorbereitung zur Führung von Einsätzen ohne Netzstrom, Computer und Telefon allen für den Zivil- und Katastrophenschutz zuständigen Behörden, Einsatzorganisationen und Partnern diente. Wesentliche Inhalte und Empfehlungen in diesem Handbuch wurden in den vergangen Jahren von den Adressaten umgesetzt, technische Adaptierungen durchgeführt, Gerätschaften angekauft und notwendige strukturelle und organisatorische Anpassungen veranlasst. Vor allem in Hinsicht der Aufrechterhaltung von technischen Systemen wie dem Digitalfunk BOS Austria, dem Warn- und Alarmsystem etc. wurde versucht, eine größtmögliche Ausfallsicherheit zu gewährleisten sowie Redundanzen zu schaffen.

Unabhängig der Erarbeitung des Handbuches Blackout, der Mitbetrachtung des Ausfalls von Infrastrukturen seit mehreren Jahren bei Übungen und in der Vorbereitung auf Großveranstaltungen, wurde im Juni 2016 damit begonnen, im Zuge von fünf Modulen die Verantwortlichen von Gemeindeeinsatzleitungen neben einsatztaktischen und organisatorischen Inhalten auch dahingehend intensiv zu schulen, sich auch auf Ereignisse wie speziell dem großflächigen und längerdauernden Ausfall von Infrastrukturen vorzubereiten und dahingehend auch verstärkt die Bevölkerung zu sensibilisieren.

Zu Ihrem konkreten Hinweis für das Wohle unserer Tiroler Bevölkerung und der Miteinbeziehung sowie Vorbereitung dieser möchte ich Ihnen mitteilen, dass der Tiroler Zivilschutzverband über eine Vielzahl von Broschüren (Blackout-Ratgeber) verfügt, welche kostenlos von den Gemeinden in beliebiger Stückzahl angefordert werden können. Diese werden auch bei durchschnittlich 25 Veranstaltungen pro Jahr von den Einsatzorganisationen (Blaulichttage bzw. Sicherheitstage in den Gemeinden) über den Info Container verteilt. Diese Broschüre wird auch durch den Tiroler Zivilschutzverband im Zuge der Vorbereitungen auf die Kindersicherheitsolympiade an 400 Schulen beworben und ausgegeben. Ein „Blackout“ ist auch Thema für die jährliche Bevorratungsaktion, in der schon seit über 20 Jahren auf das Risiko eines Stromausfalls beziehungsweise auf Verhaltensmaßnahmen hingewiesen wird. Auch Werbeartikel, Streuartikel udgl. beziehen sich auf dieses Thema, sodass ein Großteil der Tiroler Bevölkerung sicherlich bereits sensibilisiert werden konnte. Das Thema Selbstschutz ist, wie Sie sicher wissen, sehr umfassend und hängt ohnehin mit dem Thema Stromausfall zusammen. Beworben wird daher auch generell die Eigenvorsorge jährlich beim Tag der offenen Tür im Landhaus, nach Ereignissen über die Medien, auf der Homepage des Zivilschutzverbandes und speziell über die Einsatzorganisationen, welche ebenfalls eine große Anzahl des Blackout Ratgebers erhalten haben.

Auch unsere heimischen Energieversorger beschäftigen sich damit, im Falle eines großflächigen Blackouts schnellstmöglich die Wiederversorgung herzustellen. Nach einem europäischen Blackout, bei dem keine stabile Spannung von außen angeboten werden kann, wird die Wiederversorgung Tirols im Inselbetrieb angestrebt. Zu diesem Zweck verfügen die Energieversorger über Netzwiederaufbaukonzepte und eigene, interne Krisenmanagementstrukturen. Es spielt speziell auch die Versorgung mit Treibstoff im Krisenfall eine Rolle, weshalb unter anderem in den vergangen Monaten sämtliche Betriebstankstellen des Amtes der Tiroler Landesregierung umgerüstet und mit einer externen Einspeisungsmöglichkeit für den Betrieb dieser versehen wurden. Mit all diesen seitens des Landes initiierten technischen, organisatorischen, strukturellen und öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen sollte es uns in Tirol gelingen, die Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit aller Einsatzorganisationen, Katastrophenschutzbehörden und wesentlichen Gesundheitseinrichtungen gewährleisten zu können. Zudem ist es im ureigenen Interesse und oberstes Ziel der wesentlichen Organisationen und Infrastrukturbetreiber, auch bei einem längerdauernden Stromausfall die Versorgung der Bevölkerung erfüllen zu können.

Von all diesen Vorbereitungen und Initiativen in Tirol abgesehen, haben die Erfahrungen aus vergangenen Ereignissen gezeigt, dass vor allem die ländliche Bevölkerung sehr gut auf derartige Ereignisse vorbereitet ist und Nachbarschaftshilfe noch immer in Tirol gelebt wird.

Rückantwort vom 26.07.17

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,
Danke für das erfreuliche Antwortschreiben durch Ihre Fachabteilung. Mir sind natürlich die zahlreichen vorbildlichen Aktivitäten in Tirol bekannt. Und sollte es der TIWAG/TINETZ wie geplant gelingen, Tirol binnen 5 Stunden wieder mit Strom versorgen zu können, dann wäre Tirol sowieso in einer besonders außergewöhnlich positiven Lage. Wie niemand anderer in Europa! Sogar in der Schweiz rechnet man mit einem dreitägigen Netzwiederaufbau nach einem solchen Ereignis. Zudem gehe ich davon aus, dass die Tiroler Bevölkerung weit besser als etwa die Wiener mit einer derartigen Ausnahmesituation umgehen können wird, weil sie einfach häufiger mit besonderen Ereignissen wie Extremwetterlagen konfrontiert ist.

Daher spreche ich in meinen Vorträgen auch immer davon, dass wir in Österreich auf einer Insel der Seeligen leben. Denn in den meisten anderen Ländern wird es nicht so einfach gehen. Aber auch in Österreich werden aus meiner Erfahrung, die mittlerweile auch wissenschaftlich bestärkt werden, die vielschichtigen wechselseitigen Abhängigkeiten unterschätzt. Etwa bei den Logistik- und Lebensmittelversorgungsketten, die häufig transnational organisiert sind. Oder bei der dafür zwingend erforderlichen Telekommunikationsversorgung, die auch nur als ganzes funktioniert. Mir wäre nicht bekannt, dass etwa ein Insel-Telekommunikationsnetz möglich wäre. Schon gar nicht im Mobilfunksektor. Tirol hat auch zahlreiche Tunnel. Diese müssen aus Sicherheitsgründen von der ASFINAG binnen 1 1/2 Stunden gesperrt werden. Damit fallen auch diese wichtigen Kommunikationslinien aus! Daher wäre von der nachfolgenden Versorgungskrise auch Tirol betroffen. Und da reicht es eben nicht aus, wie deutsche Untersuchungen gezeigt haben, umfangreiche Zivilschutzbroschüren aufzulegen. Vielmehr kommt es darauf an, dass die erwartete Wirkung auch wirklich bei der Bevölkerung erzielt wird. Und hierzu kommt die KIRAS-Sicherheitsforschungsstudie „Ernährungsvorsorge in Österreich“ zu einem ganz gegenteiligen Schluss: Nämlich, dass ein drittel der Bevölkerung max. 3-4 Tage eigenständig über die Runden kommen kann. Und das sind bei rund 750 Tausend TirolerInnen auch nicht so wenige Menschen, auch wenn wir hier einen besseren Versorgungsgrad annehmen können!

Daher ist unsere größte Schwachstelle/Achillesferse die Eigenversorgungsfähigkeit der Bevölkerung!
Und genau deshalb haben wir auch die Landeshauptleute angeschrieben, da es weit mehr als um die bereits getroffenen Maßnahmen seitens der verantwortlichen Stellen geht. Eine rasche Änderung kann nur herbeigeführt werden, wenn wir dieses Thema überparteilich und national ansprechen und zur Diskussion bringen bzw. außer Streit stellen. Da reichen leider die Ressourcen der ZSV nicht aus. Auch wenn man so, wie in NÖ wahrscheinlich schon, direkt und indirekt rund 200.000 Menschen erreicht hat, gleichzeitig aber 1,6 Millionen Menschen in NÖ leben.

Ich zitiere hier nur ein paar wesentliche Erkenntnisse aus einer aktuellen Forschungsarbeit, die aus meiner Erfahrung für sehr viele Bereiche Gültigkeit haben. Auch bei Einsatzorganisationen!:

  • Besonders alarmierend ist die Erkenntnis, dass auf operativer Ebene keinerlei Informationen zu Notfallszenarien existieren. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Intensivstation werden weder geschult, noch eingewiesen. Hier ist ein besonders hoher Handlungsbedarf gegeben, da sich eine durchgehende Unsicherheit zu diesem Thema abgezeichnet hat und die befragten Personen auch ausgesagt haben, gerne mehr über dieses Thema erfahren zu wollen und auch besser in ihrem Bereich darauf vorbereitet sein wollen. Der beste Notfallplan funktioniert nicht, wenn nur die strategische Führungsebene Kenntnis hat und nie mit dem Personal der operativen Ebene gesprochen oder gar geübt wurde.
  • Ein großes Problem im Falle eines Blackouts ist die Alarmierung weiterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Garantie, dass diese auch am Arbeitsplatz erscheinen.
  • Wenn jedoch ein Blackout eintritt und nicht einmal der leitende Oberarzt der Intensivstation weiß, wie vorzugehen ist, dann stellt dies doch ein markantes Risiko dar.

Was das auch in Unternehmen bedeutet, können wir noch gar nicht abschätzen. Wir reden hier von Milliardenschäden. Alles kann nicht verhindert werden, jedoch könnten doch so manche Schäden durch eine offene Risikokommunikation und gezielte Vorbereitung reduziert werden.

Ein deutsches Forschungsprojekt hat kürzlich die Notwendigkeit der aktiven Risikokommunikation und Einbindung der Bevölkerung hervorgehoben:

  • Deutschland ist bisher von Ausfällen der Versorgung durch Wetterextreme weitgehend verschont geblieben. Daher liegt jedoch kaum Handlungswissen für derartige Situationen vor; die Konsequenzen könnten besonders gravierend ausfallen. Dies könnte verhindert werden, wenn sowohl die Bevölkerung als auch spezifische Nutzergruppen für die Gefahren sensibilisiert würden. Beispiele für konkrete Maßnahmen sind regelmäßige Notfallübungen, Planspiele, Blackout-­Simulationen, Informationen über Vorsorgemaßnahmen für Privathaushalte und eine offene Kommunikation über mögliche Risiken.
  • Wegen der erhöhten Gefahr eines Blackouts sollten Erneuerbare­-Energie-­Anlagen frühzeitig auf Schwarzstartfähigkeit vorbereitet werden, damit sie auch unabhängig vom Stromnetz agieren können.
  • Indem frühzeitig Notfallvorkehrungen und ­regelungen getroffen werden, können negative Konsequenzen im Falle einer unerwarteten Krise verringert werden. Geeignete Notfallpläne sind zum Beispiel Sensibilisierungs­ und Übungsmaßnahmen mit beteiligten Akteuren. Werden sie transparent und offen kommuniziert und umgesetzt, ist nicht zu erwarten, dass damit unnötige Ängste oder Abwehrhaltungen gegenüber der Energiewende geschürt werden. Dabei sollte deutlich gemacht werden, welche Handlungsoptionen und Präventivmaßnahmen zur Verfügung stehen.
  • Information und Aufklärung der Bevölkerung können dazu beitragen, dass die Folgen von Versorgungsausfällen weniger dramatisch ausfallen. Erfahrungen aus Großbritannien zeigen, dass Unterricht und Schulungen signifikante Wirkung zeigen.
  • Ausfälle überbrücken und Systemleistung wiederherstellen: Um Schäden durch einen Energieausfall lokal zu begrenzen und die Funktionen des Systems so schnell wie möglich wiederherzustellen, müssen Bevölkerung und Unternehmen gut informiert und bei der Selbsthilfe unterstützt werden.
  • Aufklärung kann dazu beitragen, dass die Bevölkerung durch ihr Verhalten mithilft, Verwundbarkeiten des Energiesystems zu mildern und auf widrige Ereignisse wie großräumige Stromausfälle angemessen zu reagieren. Bislang trifft die überwiegende Mehrheit der Menschen keinerlei Vorsorge, um mögliche längere Stromausfälle zu überbrücken. Ziel von Information und Aufklärung ist es, die Eigenverantwortlichkeit der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Der Maßnahmentyp folgt damit dem Subsidiaritätsprinzip, dem zufolge soweit möglich das Individuum beziehungsweise die jeweils kleinste Einheit eines Gemeinwesens Angelegenheiten regeln sollte [siehe auch Konzept Selbsthilfe-Basis].

Daher wäre das „Verschweigen“ aus Rücksicht auf eine mögliche Verunsicherung kontraproduktiv und würde spätesten beim Eintritt des Ereignisses zum Bumerang. Meiner Erfahrung nach wünschen sich viele Menschen einen offenen und ehrlichen Umgang. Wenn sie merken, dass sie hinters Licht geführt werden, werden sie sauer. Das hat sicher auch schon zur „Verunsicherung“ beigetragen, da das ja nicht nur bei diesem Thema zutrifft.

Ich habe in letzter Zeit viele Gespräche mit unterschiedlichen Akteuren geführt. Etwa im Lebensmittelhandel. Der Tenor: Wir würden das schon aktiv unterstützen, aber wir können das nicht als Unternehmen alleine tun. Hier müssen die staatlichen Stellen aktiv werden, dann sind wir auch dabei. Alle warten, dass sich etwas in Bewegung setzt, vor allem auf staatlicher Seite.

Zudem möchte ich noch zwei Aspekte ansprechen, die besonders für Tirol von besonderer Bedeutung sind:

1.) Touristen
Tirol ist auch ein Tourismusland und dementsprechend halten sich je nach Jahreszeit viele ortsfremde Menschen in den Tourismusregionen auf. Diese haben keine Möglichkeit für eine Vorsorge. Sie werden daher ziemlich rasch auf fremde Hilfe angewiesen sein. Wie weit hier die Beherbergungsbetriebe Vorkehrungen getroffen haben, entzieht sich meiner Kenntnis. In Anbetracht meiner allgemeinen Erfahrungen würde ich das jedoch nicht allzu positiv einstufen. In wie weit wurde dieses Thema in Tirol bereits berücksichtigt?

2.) Skilifte
In der Wintersaison kommen noch die Skilifte dazu. Sollte der Ausfall während des Betriebes eintreten, würden wohl tausende Menschen auf Skiliften festsitzen. Natürlich gibt es dafür Notfallpläne, um bei derartigen Störungen eine rasche Bergung sicherzustellen. Meines Wissens passieren diese jedoch darauf, dass nur einzelne Lifte davon betroffen sind. Alle gleichzeitig und bei einem raschen Ausfall der zivilen Telekommunikationsmöglichkeiten würde wohl zu einer raschen Überforderung der Hilfskräfte führen. Auch hier erscheint mir, sofern das nicht bereits passiert ist, eine Sensibilisierung der Anlagenbetreiber und des Personals als sehr wichtig.

Daher könnte hier gerade Tirol als bereits sehr vorbildliches Beispiel und als Vorreiter auch zu einem nationalem Bewusstsein beitragen, dass über die Führungskräfteebene der Einsatz- und Katastrophenschutzorganisationen hinaus geht. Hier geht es um eine gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Herangehensweise, die nicht alleine durch die Fachorganisationen, sondern vor allem durch die Politik thematisiert werden muss. Daher möchte ich unser Anliegen, dieses weitreichende Thema rasch und klar durch die Politik zum Wohle der österreichischen Gesellschaft anzusprechen, nochmals wiederholen. Wir wissen nicht, wann es soweit sein wird, hoffentlich nie. Aber es sprechen viele Fakten dagegen. Daher sollten wir unsere Zukunft auch in dieser Angelegenheit aktiv in die Hand nehmen.

Antwort Steiermark

19.07.2017

Eingangs darf ich mich bei Ihnen für Ihr an Herrn Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer gerichtetes Schreiben im Zusammenhang mit einem Blackout – Szenario und seiner Bewältigung recht herzlich bedanken.

Ihre Einschätzung im Hinblick auf die Resilienz unserer Gesellschaft gegenüber derartigen Bedrohungen wird von uns durchaus geteilt.
Allerdings ist dieses Thema nicht zuletzt wegen der zahlreichen Aktivitäten unermüdlicher Mahner, wie Sie dies einer sind, immer mehr in den Mittelpunkt einer breiteren Diskussion gerückt. Immer mehr Bürgermeister interessieren sich für die Möglichkeiten, die es zur Bewältigung derartiger Szenarien gibt und auch in der Bevölkerung erwacht das Interesse für dieses Thema zusehends. So registriert der Steirische Zivilschutzverband einen ständigen Anstieg der Buchungen für Vorträge zum Thema Blackout und zahlreiche Gemeinden wie beispielsweise Feldbach bereiten sich gezielt auf diese Bedrohung vor. Auf der Homepage des Zivilschutzverbandes und in zahlreichen Internetforen gibt es Ratschläge für die Bevorratung von lebenswichtigen Gütern und seit dem bekannten „Sager“ des deutschen Innenministers wird auch dieses Thema öffentlich diskutiert.
Noch wichtiger aber sind alle Bemühungen, die parallel dazu von den Energieversorgern unternommen werden, um derartige Szenarien entweder überhaupt zu verhindern, oder aber – wenn das nicht gelingen sollte – so rasch wie möglich zu überwinden. In der Steiermark kommt hier der Energie Steiermark eine zentrale Rolle zu. Als Mehrheitseigentümer ist das Land natürlich sehr an allen diesbezüglichen Bemühungen interessiert und ich kann Ihnen mitteilen, dass noch heuer ein Versuch stattfinden soll, der uns Auskunft darüber geben wird, ob es gelingen kann, mit Hilfe der Speicherkapazitäten in der Sölk wesentliche Stromlieferanten wieder ans Netz zu bringen. Diese sogenannt Schwarz- oder Kaltstartfähigkeit ist eine zentrale Voraussetzung dafür, einen flächendeckenden Blackout in vertretbarer Zeit durch Schaffung stabiler Inseln zu überwinden.
Im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützt Herr Landeshauptmann all diese Bemühungen. Allerdings ist es ebenfalls vonnöten, in einer Zeit, in der Unsicherheit und Angst in weiten Teilen der Bevölkerung sehr stark verbreitet sind, keine Veranlassungen vorzunehmen, die diese Grundstimmung unter Umständen noch anheizen. Augenmaß ist daher mehr denn je gefragt.

Zusammenfassend ist Ihnen sehr für Ihre Bemühungen um die Resilienzsteigerung unserer Gesellschaft zu danken. Selbstverständlich sind Sie als Fachexperte herzlich eingeladen alle diesbezüglichen Bemühungen unserer Gemeinden sowie aller amtlichen Stellen und des Zivilschutzverbandes zu unterstützen und sich in diverse Projekte, die ohnehin schon laufen, einzubringen.
Hofrat Mag. Harald Eitner steht ihnen als Leiter der Fachabteilung für Katastrophenschutz gerne als Ansprechpartner hierfür zur Verfügung!

Rückantwort vom 23.07.17

Danke für Ihre freundliche Antwort auf unser Schreiben an den Herrn Landeshauptmann!

Mir sind natürlich verschiedene Aktivitäten in der Steiermark bekannt, bzw. bin ich zum Teil auch eingebunden. Mein besonderer Dank gilt auch Harald Eitner für seine Unterstützung beim KIRAS-Projekt „Energiezelle Feldbach“, das nun genehmigt wurde und gefördert wird. Mit Heribert Uhl bin ich auch in Kontakt und es freut mich, dass von ihm bzw. vom ZSV das Projekt der TU Graz, Prof. Lothar Fickert, in Mureck unterstützt wird. Lothar Fickert sucht noch Unterstützer bei der Finanzierung des Projektes. Vielleicht könnte hier das Land einen Beitrag leisten, da ich davon überzeugt bin, dass mit dem erwartbaren erfolgreichen Test gezeigt wird, dass die derzeit sehr in Verruf geratenen Biogasanlagen einen sehr wichtigen Beitrag bei einer lokalen Notstromversorgung leisten können. Sie werden zu notversorgungsfähigen Energiezellen mit unschätzbarem Wert im Katastrophenfall. Damit würde neben der regionalen Wertschöpfung ein weiterer wichtiger Beitrag zur Erhöhung der gesellschaftlichen Resilienz geleistet werden. Wir müssen die Dinge breiter denken und nicht nur auf kurzfristige betriebswirtschaftliche Erträge reduzieren. Es gilt die Synergiepotentiale zu nutzen.

Ich weiß auch die Bemühungen der  Energie bzw. Energie Netze Steiermark und anderen Playern zu schätzen, die genauso wichtig sind. Daher spreche ich in meinen Vorträgen auch immer davon, dass wir in Österreich auf einer Insel der Seeligen sind. Aber das wird uns auch nur bedingt helfen, wenn es dann wirklich so weit ist, da viele Logistik- und Lebensmittelversorgungsketten transnational organisiert sind. Auch wenn etwa Tirol nach eigenen Angaben in 5 Stunden wieder im Inselnetz versorgt werden kann, wird die Telekommunikations – und Lebensmittelversorgung nicht funktionieren. Und das sollten wir im Hinterkopf behalten.

Daher ist unsere größte Schwachstelle/Achillesferse die Eigenversorgungsfähigkeit der Bevölkerung!

Und genau deshalb haben wir auch die Landeshauptleute angeschrieben, da es weit mehr als um die bereits getroffenen Maßnahmen seitens der verantwortlichen Stellen geht. Eine rasche Änderung kann nur herbeigeführt werden, wenn wir dieses Thema überparteilich ansprechen und zur Diskussion bringen bzw. außer Streit stellen. Da reichen leider die Ressourcen der ZSV nicht aus. Auch wenn man so, wie in NÖ wahrscheinlich schon, direkt und indirekt rund 200.000 Menschen erreicht hat, gleichzeitig aber 1,6 Millionen Menschen in NÖ leben.

Ich zitiere hier nur ein paar wesentliche Erkenntnisse aus einer aktuellen Forschungsarbeit, die aus meiner Erfahrung für sehr viele Bereiche Gültigkeit haben. Auch bei Einsatzorganisationen!:

  • Besonders alarmierend ist die Erkenntnis, dass auf operativer Ebene keinerlei Informationen zu Notfallszenarien existieren. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Intensivstation werden weder geschult, noch eingewiesen. Hier ist ein besonders hoher Handlungsbedarf gegeben, da sich eine durchgehende Unsicherheit zu diesem Thema abgezeichnet hat und die befragten Personen auch ausgesagt haben, gerne mehr über dieses Thema erfahren zu wollen und auch besser in ihrem Bereich darauf vorbereitet sein wollen. Der beste Notfallplan funktioniert nicht, wenn nur die strategische Führungsebene Kenntnis hat und nie mit dem Personal der operativen Ebene gesprochen oder gar geübt wurde.
  • Ein großes Problem im Falle eines Blackouts ist die Alarmierung weiterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Garantie, dass diese auch am Arbeitsplatz erscheinen.
  • Wenn jedoch ein Blackout eintritt und nicht einmal der leitende Oberarzt der Intensivstation weiß, wie vorzugehen ist, dann stellt dies doch ein markantes Risiko dar.

Was das auch in Unternehmen bedeutet, können wir noch gar nicht abschätzen. Wir reden hier von Milliardenschäden. Alles kann nicht verhindert werden, jedoch könnten doch so manche Schäden durch eine offene Risikokommunikation reduziert werden.

Ein deutsches Forschungsprojekt hat kürzlich die Notwendigkeit der aktiven Risikokommunikation und Einbindung der Bevölkerung hervorgehoben. Besonders freut mich, dass über den bekannten Risikoforscher Ortwin Renn auch von mir Inhalte eingeflossen sind:

  • Deutschland ist bisher von Ausfällen der Versorgung durch Wetterextreme weitgehend verschont geblieben. Daher liegt jedoch kaum Handlungswissen für derartige Situationen vor; die Konsequenzen könnten besonders gravierend ausfallen. Dies könnte verhindert werden, wenn sowohl die Bevölkerung als auch spezifische Nutzergruppen für die Gefahren sensibilisiert würden. Beispiele für konkrete Maßnahmen sind regelmäßige Notfallübungen, Planspiele, Blackout-­Simulationen, Informationen über Vorsorgemaßnahmen für Privathaushalte und eine offene Kommunikation über mögliche Risiken.
  • Wegen der erhöhten Gefahr eines Blackouts sollten Erneuerbare­-Energie-­Anlagen frühzeitig auf Schwarzstartfähigkeit vorbereitet werden, damit sie auch unabhängig vom Stromnetz agieren können.
  • Indem frühzeitig Notfallvorkehrungen und ­regelungen getroffen werden, können negative Konsequenzen im Falle einer unerwarteten Krise verringert werden. Geeignete Notfallpläne sind zum Beispiel Sensibilisierungs­ und Übungsmaßnahmen mit beteiligten Akteuren. Werden sie transparent und offen kommuniziert und umgesetzt, ist nicht zu erwarten, dass damit unnötige Ängste oder Abwehrhaltungen gegenüber der Energiewende geschürt werden. Dabei sollte deutlich gemacht werden, welche Handlungsoptionen und Präventivmaßnahmen zur Verfügung stehen.
  • Information und Aufklärung der Bevölkerung können dazu beitragen, dass die Folgen von Versorgungsausfällen weniger dramatisch ausfallen. Erfahrungen aus Großbritannien zeigen, dass Unterricht und Schulungen signifikante Wirkung zeigen.
  • Ausfälle überbrücken und Systemleistung wiederherstellen: Um Schäden durch einen Energieausfall lokal zu begrenzen und die Funktionen des Systems so schnell wie möglich wiederherzustellen, müssen Bevölkerung und Unternehmen gut informiert und bei der Selbsthilfe unterstützt werden.
  • Aufklärung kann dazu beitragen, dass die Bevölkerung durch ihr Verhalten mithilft, Verwundbarkeiten des Energiesystems zu mildern und auf widrige Ereignisse wie großräumige Stromausfälle angemessen zu reagieren. Bislang trifft die überwiegende Mehrheit der Menschen keinerlei Vorsorge, um mögliche längere Stromausfälle zu überbrücken. Ziel von Information und Aufklärung ist es, die Eigenverantwortlichkeit der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Der Maßnahmentyp folgt damit dem Subsidiaritätsprinzip, dem zufolge soweit möglich das Individuum beziehungsweise die jeweils kleinste Einheit eines Gemeinwesens Angelegenheiten regeln sollte [siehe auch Konzept Selbsthilfe-Basis].

Daher wäre das „Verschweigen“ aus Rücksicht auf eine mögliche Verunsicherung kontraproduktiv und würde spätesten beim Eintritt des Ereignisses zum Bumerang. Meiner Erfahrung nach wünschen sich viele Menschen einen offenen und ehrlichen Umgang. Wenn sie merken, dass sie hinters Licht geführt werden, werden sie sauer. Das hat sicher auch schon zur „Verunsicherung“ beigetragen, da das ja nicht nur bei diesem Thema zutrifft.

Ich habe in letzter Zeit viele Gespräche mit unterschiedlichen Akteuren geführt. Etwa im Lebensmittelhandel. Der Tenor: Wir würden das schon aktiv unterstützen, aber wir können das nicht als Unternehmen alleine tun. Hier müssen die staatlichen Stellen aktiv werden, dann sind wir auch dabei. Alle warten, dass sich etwas in Bewegung setzt, vor allem auf staatlicher Seite.

Daher kann ich nur meine Bereitschaft zur Zusammenarbeit und Unterstützung wiederholen. Wir müssen dieses Thema rasch und klar ansprechen. Wir wissen nicht, wann es soweit sein wird, hoffentlich nie. Aber es sprechen viele Fakten dagegen. Daher sollten wir unsere Zukunft auch in dieser Angelegenheit aktiv in die Hand nehmen.

Antwort Oberösterreich

Antwortschreiben Michael Strugl, stv. Landeshauptmann und Referatsleiter Energiepolitik, 26.07.17

Antwortschreiben Elmar Podgorschek, Katastrophenschutz, 04.09.17

Antwort Salzburg

Das Land Salzburg teilt Ihre Einschätzung, dass ein umfassendes Blackout-Szenario sämtliche innerstaatlichen und nationalstaatlichen Strukturen nicht nur fordern, sondern überfordern wird.

Trotz der vielfältigen Bemühungen auf Bundesebene sowie auf Ebene der Länder ist allen Verantwortungsträgern bewusst, dass eine Hilfestruktur von oben nach unten keinesfalls als einziger Lösungsansatz in Betracht gezogen werden kann.
Umso mehr kommt daher dem auch von Ihnen angesprochenen Zivilschutzgedanken im Sinne des Selbstschutzes und der persönlichen Eigenbevorratung eine wichtige ergänzende Bedeutung zu, um das Durchhaltevermögen der „Gesellschaft“ zu erhöhen.

Diese Inhalte werden unter Abstützung auf den Salzburger Zivilschutzverband und durch diesen in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit allen Hilfs-, Rettungs- und Einsatzorganisationen sowie den verantwortlichen Behörden zielgruppenorientiert daher auch schwergewichtsmäßig vermittelt und in diversen internen und externen Ausbildungseinheiten auch an aktive und künftige Meinungsbildner weitergegeben.

Gemeinsames Ziel aller Bemühungen ist, auch eine Krisenlage wie die von Ihnen beschriebene durch möglichst optimierte Strukturen auf Ebene der Hilfs-, Rettungs- und Einsatzorganisationen, durch optimierte Maßnahmen auf Behördenebene sowie durch eine gut vorbereitete und eigenversorgungsfähige Bevölkerung möglichst gut bewältigen zu können.

Antwort Vorarlberg

Sehr geehrter Herr Saurugg!

Besten Dank für Ihre e-mail vom 6. September 2017 betreffend „Krisenvorsorge für einen realistischen europaweiten Strom- und Infrastrukturausfall („Blackout“) und die notwendige aktive Einbindung der Bevölkerung“.

Ich habe das Schreiben zunächst an das zuständige Referat weitergeleitet.

Mit freundlichen Grüßen
Landeshauptmann
Mag. Markus Wallner

05.10.17: Antwortschreiben Dr. Günther Eberle, Landesamtsdirektor