Die Masterarbeit „Steigerung der Risiko-Awareness der österreichischen Zivilbevölkerung im Rahmen der Katastrophenvorsorge am Beispiel Steiermark“ von Irina Hödel beschäftigt sich mit dem Thema Risikokommunikation.

Hier einige Auszüge:

8.1 Überprüfung der Hypothese 1

Die österreichische Zivilbevölkerung kann das Risiko eines Katastropheneintritts nicht korrekt einschätzen und ist daher nicht ausreichend auf eine Katastrophe vorbereitet. Die in Kapitel 3 aufgestellte Hypothese wird mit Hilfe der Forschungsfragen, welche durch die zuvor durchgeführten Untersuchungen beantwortet werden, diskutiert und eine entsprechende Verifikation vorgenommen.

Forschungsfragen: 1. Wie hoch ist die Awareness der österreichischen Gesellschaft bezüglich eines möglichen Katastropheneintritts?

Laut MENSKI und GARDEMANN ist der Wahrnehmungs- und Verbreitungsgrad bzgl. dem vielfältigen Informationsangebot von Behörden gering. Auch PAUSCH bestätigt, dass die Bevölkerung ungenügend aufgeklärt und vorbereitet ist.

Obwohl in der Eigenumfrage 67 % der Teilnehmer angaben, in der Vergangenheit bereits einen Stromausfall von mehr als zwei Stunden miterlebt zu haben (F18), wurde in einer davor gestellten Frage die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines Stromausfalls für länger als zwei Stunden (F11) nur von 26 % als sehr wahrscheinlich eingestuft. Auch in der Umfrage von DJONGOW 2019 gaben 74 % der Teilnehmer an, bereits einen Stromausfall miterlebt zu haben. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass bei Menschen, obwohl sie bereits ein solches Szenario erlebt haben, die Risiko-Awareness nicht oder nicht mehr vorhanden ist.

35 % der Teilnehmer der Eigenumfrage gaben an, bereits eine Katastrophe miterlebt zu haben (F19), knapp 15 % schätzten die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Katastrophe als „sehr wahrscheinlich“ ein, während der Großteil der Befragten (63 %) einen Katastropheneintritt für wahrscheinlich hielten (F13).

Blackoutexperte SAURUGG rechnet mit einem Blackout innerhalb der nächsten 5 Jahre (Stand 2019). Knapp 40 % der Umfrageteilnehmer der Eigenumfrage (F12) halten ein Blackout für unwahrscheinlich. Die Umfrageergebnisse von DJONGOW zum Thema Blackouteinschätzung ergaben einen Punktescore von vier von zehn, wobei ein Punkt als „sehr unwahrscheinlich“ und 10 Punkte als „sehr wahrscheinlich“ skaliert wurde. Die Marktanalyse von Spectra ergab, dass nur 6 % ein Blackout für sehr wahrscheinlich halten und nur 4 % glauben, dass ein Blackout verheerende kurz- und langfristige Auswirkungen hat. Diese Zahlen zeigen, dass die Awareness hinsichtlich eines Blackouts und dessen Auswirkung gering ist.

Das BM.I und die im SKKM vertretenen Ministerien betrachten nach einer durchgeführten nationalen Risikoanalyse Extremwetterlagen als größte Risiken in Österreich. In der Eigenumfrage gaben die Teilnehmer an, die Bedrohung durch Naturgefahren (F10) sehr hoch (8 %), hoch (35 %), mittel (35 %), niedrig (20 %) und sehr niedrig (3 %) wahrzunehmen. In der Umfrage von Spectra wird das Risiko je nach Ereignisart von 2-12 % der Teilnehmer als „sehr hoch“ eingestuft. Laut Spectra haben sich nur 15 % der Befragten bereits näher mit dem Thema Krisen und Verhalten auseinandergesetzt.

Die Awareness der österreichischen Bevölkerung hinsichtlich eines möglichen Katastropheneintrittes ist zwar vorhanden, wird aber nach Betrachtung und Analyse der Umfrageergebnisse und Literaturrecherche als mangelhaft und ausbaufähig eingestuft.

2. Welche Maßnahmen werden zur Katastrophenvorbereitung von Privatpersonen gesetzt?

Nach einer großflächigen Katastrophe oder einem Blackout kann die Wiederherstellung der regulären Prozesse Wochen oder Monate in Anspruch nehmen. Daher sollte die Bevölkerung laut Zivilschutzverband in der Lage sein, sich für 1-2 Wochen selbst zu versorgen. Diese Zeit wird mindestens benötigt, um die wichtigsten Strukturen betriebsfähig zu machen. Der Zivilschutzverband empfiehlt pro Person und pro Tag mindestens 1,5 Liter Trinkwasser und 2.500 kcal vorzuhalten. Die Ergebnisse der Eigenumfrage zum Thema Stromverfügbarkeit (F20) lauten wie folgt: 43 % der Teilnehmer kommen maximal einen Tag ohne Strom aus, 40 % für 2-3 Tage, während 14 % bis zu einer Woche ohne Strom leben können und 4 % die Möglichkeit haben autark zu leben. Die Umfrage von DJONGOW bestätigt die Zahlen und auch hier kommen 74 % der Teilnehmer maximal 4 Tage ohne Strom aus.

Laut DJONGOW kommen 74 % der Befragten mit ihrem gelagerten Trinkwasser nur bis zu zwei Tagen aus. Die Eigenumfrage ergab, dass 42 % einen Tag und 28 % zwei bis drei Tage mit dem bevorratenden Trinkwasser auskommen (F21), bevor die Vorräte aufgebraucht sind. Die Studie von Spectra ergab, dass 39 % der Teilnehmer einen Wasservorrat für eine Woche gelagert haben und 60 % Lebensmittel für mindestens eine Woche. Die Lebensmittelbevorratung von 39 % der Umfrageteilnehmer (Eigenstudie) ist nach maximal 3 Tagen aufgebraucht (F22). Bei der Umfrage von DJONGOW liegt der Wert bei 39 % innerhalb der ersten zwei Tage.

61 % haben keine Möglichkeit ohne elektrischen Strom zu kochen (DJONGOW), laut Spectra besitzen nur 38 % über eine externe Kochstelle, während die Eigenumfrage einen Wert von 57 % aufweist. Gemäß Spectra haben 33 % ein batteriebetriebenes Radio und 9 % ein Notstromaggregat. Diese Zahlen sind seit 2017 leicht gestiegen – von den Teilnehmern der Eigenumfrage besitzen 35 % ein batteriebetriebenes Funkradio und bereits 10 % einen Generator. Die Ergebnisse der Umfragen belegen, dass der Großteil der österreichischen Bevölkerung unzureichend auf eine Katastrophe vorbereitet ist und die Bevorratung hinsichtlich Trinkwassermengen und Lebensmitteln nicht den Empfehlungen des Zivilschutzverbands entspricht.

Die Hypothese 1 konnte hinsichtlich der nicht ausreichenden Selbstbevorratung der Bevölkerung verifiziert werden. Es konnte jedoch nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob es aufgrund der zu geringen Awareness in der Bevölkerung zu einer unzureichenden Eigenvorsorge kommt.

8.2. Überprüfung der Hypothese 2

Einsatzorganisationen und Behörden können bei der Katastrophenvorsorge von den Strategien anderer Branchen profitieren und diese bei der Aufklärung und Vorbereitung der Bevölkerung nutzen.

Auch die zweite aufgestellte Hypothese wurde mithilfe der Forschungsfragen bearbeitet. Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde der Fokus auf eine fundierte Literaturrecherche und Experteninterviews gelegt.

Forschungsfragen: 1. Welche Strategien verfolgen Versicherungen, Banken, Kommunikationswissenschaftler, Einsatzorganisationen und Behörden, um der Zivilbevölkerung Informationen erfolgreich vermitteln zu können?

Einsatzorganisationen, Behörden und der Zivilschutzverband greifen derzeit auf einen bunten Mix an Möglichkeiten zur Informationsvermittlung zurück. Die verwendeten Methoden umfassen Regionalzeitungen, amtliche Mitteilungsblätter, Broschüren und Informationsmaterial im Gemeindeamt, Informationen auf den offiziellen Webseiten der Gemeinde, Bürgerveranstaltungen, Workshops in Schulen, klassische Medien wie Fernsehen und Radio und vereinzelnd Social Media Präsenz.

Versicherungen nutzen vermehrt digitale Möglichkeiten, um ihre Zielgruppen zu erreichen, während auch die klassischen Methoden wie Printmedien, Newsletter und Printmarketing genutzt werden. Laut KREUZER und BUCHNER ist das direkte Gespräch mit den Kunden am erfolgreichsten.

Gemäß EDER müssen Botschaften individueller und persönlicher gestaltet werden. Um das zu erreichen, muss man sich in erster Linie fragen, welches Informationsdesign und Format für welche Zielgruppe geeignet ist. Die Spannbreite reicht von Kaffee und Kuchen für Senioren bis hin zu TikTok, um die jüngere Generation abzuholen. Weiters wird auf Technologien, Datenbewirtschaftung und Algorithmen zur Erstellung von treffsicheren Botschaften zurückgegriffen. Auch EDER bestätigt aber, dass das direkte Gespräch am produktivsten ist.

2. Wie können Strategien anderer Branchen genutzt werden, um Risiko-Awareness bei der Zivilbevölkerung zu steigern?

Der Großteil der von Versicherungen und Banken verwendeten Strategien können auch von Einsatzorganisationen und Behörden genutzt werden, auch wenn deren Möglichkeiten finanziell und personell limitierter sind. Der größte Unterschied zwischen den Branchen liegt in der Motivation. Während Versicherungen und Banken eine hohe Eigenmotivation aufweisen und das Thema kontinuierlich und breit gefächert an die Bevölkerung kommunizieren, weist der Informationsfluss bei Gemeinden und Organisationen größere Lücken auf. Dem Vorbild anderer Branchen folgend, sollte der Informationsfluss konstant geführt und eine Vielzahl von Medien bespielt werden.

3. Welche Maßnahmen können gesetzt werden, um Risiko-Awareness in der Bevölkerung zu steigern?

Einsatzorganisationen und Behörden verweisen mitunter oft auf den Zivilschutzverband und bezeichnen diesen als federführend in der Steigerung von Risiko-Awareness. Die Zusammenarbeit mit dem Zivilschutzverband ist dahingehend in allen drei untersuchten Gemeinden, der Feuerwehr und dem Roten Kreuz gegeben. Mit dem Argument, dass der Zivilschutzverband in erster Linie für die Awareness Bildung zuständig ist, werden eigene mögliche Maßnahmen nicht ausreichend genutzt. Daher sollten von allen involvierten Parteien, die ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln genutzt werden. Die bisher gesetzten Maßnahmen sollten dabei weitergeführt, aber ausgeweitet werden. Konkrete Maßnahmenempfehlungen werden im Kapitel 8.4 aufgeführt.

Die zweite Hypothese konnte vollständig in allen Punkten verifiziert werden.

8.3. Schlussfolgerungen

Risiko-Awareness ist elementar im Katastrophenschutz. Durch Aufklärung und Information können Unsicherheiten vermieden bzw. minimiert und eine entsprechende Vorbereitung durchgeführt werden. Die Information der Bevölkerung über vorhersehbare Katastrophen obliegt dabei dem Staat bzw. den Ländern und deren Vertretern. Wird das Risiko bewusst wahrgenommen, neigen die betroffenen Personen eher dazu, Vorkehrungen zu treffen.

Nicht klar im Katastrophenschutzgesetz definiert ist, wie und in welcher Form die Bevölkerung über mögliche Risiken und Gefahren aufgeklärt werden muss. Auch im Rettungsgesetz, Feuerwehrgesetz und in der Rechtsvorschrift für die Steiermärkische Gemeindeordnung konnten keine klaren Vorgaben oder Verantwortlichkeiten zum Thema Risiko-Awareness und Aufklärung der Bevölkerung gefunden werden. Der Zivilschutzverband ist die einzige Institution mit klar geregelten Aufgaben bzgl. der Schaffung von Awareness zu den Themen Selbstschutz, Eigenvorsorge, Katastrophen etc. in der Bevölkerung. Beim Zivilschutzverband handelt es sich aber um einen gemeinnützigen Verein, der nicht offiziell Teil des steirischen Katastrophenschutzgesetz ist. Auch wenn Gemeinden und Einsatzorganisationen die Steigerung von Risiko-Awareness in der Bevölkerung durchaus als wichtiges und relevantes Thema empfinden und die Gemeinden sich hier auch in ihrer Verantwortung sehen, wird oftmals auf die Rolle des Zivilschutzverbands verwiesen und eine Zusammenarbeit mit diesem als ausreichend deklariert.

In der österreichischen Sicherheitsstrategie wird in Bezug auf das Thema Risiko-Awareness festgehalten, dass eine „Verstärkte Information der Bevölkerung über Zivilschutz und Selbstschutzmaßnahmen“ stattfinden soll. Wer dafür verantwortlich sein und in welchem Umfang die Information stattfinden soll, wird nicht näher erörtert. Auch im Sendai Rahmenwerk wird ein Fokus auf verstärkte Aufklärung und Awarenessbildung der Bevölkerung gefordert.

Die Ergebnisse der Umfrage haben klar ergeben, dass ein Großteil der Bevölkerung nicht in der Lage ist, für eine Woche, ohne den Zukauf von Trinkwasser und Lebensmitteln auszukommen. Im Falle einer großflächigen Katastrophe oder eines Blackouts wäre dieser Teil der Bevölkerung auf Hilfe von außen angewiesen. Diese Hilfe kann jedoch nicht vom Bund, Land, Gemeinden oder Einsatzorganisationen garantiert werden und wäre im besten Fall zeitlich verzögert. Experten sind der Meinung, dass bei einem Mangel an Eigenvorsorge, Akteure wie Gemeindeverwaltung und Einsatzorganisationen selbst zu Betroffenen werden und ihre Funktionen nur noch eingeschränkt ausüben können. Eine Versorgung durch den Staat ist derzeit nicht gegeben und bei einer unzureichenden Selbstversorgung der Bevölkerung sind alle technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Scheitern verurteilt.

Eine ausreichende Selbstbevorratung und Vorsorge für den Ernstfall sollte daher in jedem Fall getätigt werden. Ein gemeinsames Auftreten der Gemeinden, Einsatzorganisationen und des Zivilschutzverbands passiert nur, wenn gemeinsame Veranstaltungen wie Sicherheitstage, Vorträge, Workshops oder ähnliches ausgerichtet worden sind. Die Berichterstattung über solche Events passiert meist über die jeweilige Regionalzeitung und gegebenenfalls über die Homepage oder Facebook Seite der involvierten Parteien. Kontinuierliche Kampagnen zum Thema Risiko-Awareness und Zivilschutz konnten mit Ausnahme vom Zivilschutz selbst nicht gefunden werden. Weiters wurden Defizite in der Abdeckung der verschiedenen Zielgruppen aufgedeckt. Während derzeit in Kindergärten und Volksschulen bereits die Feuerwehr als auch der Zivilschutzverband vertreten sind, fällt die Zielgruppe der 15-30-Jährigen bei allen Beteiligten aus dem Raster. Diese Zielgruppe ist primär über Social-Media-Kanäle erreichbar, dem Kanal, der von den Gemeinden selbst als „am wenigsten genutzt“ beschrieben wird. Fast 60 % der Teilnehmer der Eigenumfrage konnten sich nicht mehr erinnern, wann sie die letzte Katastrophenvorbereitungskampagne erreicht hat. Nur 24 % der Befragten haben sich nach der Kampagne näher mit dem Thema Katastrophenvorsorge beschäftigt und 26 % danach Maßnahmen zur Eigenvorsorge getroffen. Knapp 84 % der Befragten würden sich mehr Informationen zum Thema wünschen, davon gaben 55 % an, dass Informationen über Fernsehen und Radio vermittelt werden sollen und über 50 % wünschten sich Aufklärung durch Social Media. Knapp 40 % würden Informationen über Zeitungen und 26 % per Post zugeschickt bekommen wollen. Fazit aus dieser Befragung ist, dass die Bevölkerung durchaus willig und bereit ist, sich mit dem Thema Risiko-Awareness und Eigenvorsorge auseinanderzusetzen. Bei der Frage nach den verwendeten Medien gaben 92,5 % die Nutzung von Internet (Suchmaschinen, etc.) an, über 75 % die Nutzung von Social Media, knapp 60 % Fernsehen und Radio und 51 % Printmedien an. Flyer, Informationsblätter und Broschüren werden nur von 19,5 % der Befragten genutzt.

Versicherungen und Banken nutzen durchaus dieselben Strategien wie Gemeinden und Einsatzorganisationen, sind aber in ihrer Arbeit aus Eigeninteresse fokussierter in der Schaffung von Risiko-Awareness und nutzten dementsprechend auch alle verfügbaren Kanäle. Einen Vorteil haben diese Branchen, in der Hinsicht, dass sie Risiken aufzeigen können und den Menschen gleichzeitig eine Risikominimierung anbieten. Im Gegensatz zu Gemeinden und dem Zivilschutzverband, welche zwar ebenfalls Risiken und Gefahren aufzeigen, aber von der Bevölkerung Eigeninitiative in Bezug auf Eigenvorsorge und Selbstschutz erwarten. Im Zuge der Arbeit wurde festgestellt, dass sich alle Akteure eine Zusammenarbeit miteinander vorstellen können und durchaus einen gemeinsamen Nutzen in einer Kooperation sehen.

8.4. Handlungsempfehlungen

Die derzeitigen gesetzlichen Grundladen in Bezug auf Gemeindeverantwortlichkeit, Zivilschutzverband und Einsatzorganisationen sollten hinsichtlich der Katastrophenvorsorge und ihren Aufgaben ergänzt bzw. definiert werden. Von allen Beteiligten wurden mehr Verbindlichkeit und genauere Vorgaben und Aufgabenstellungen gewünscht. Daher sollte in der steirischen Gemeindeordnung klar definiert werden, dass die Aufklärung der Bevölkerung über Risiken und Gefahren als auch Handlungsempfehlungen Teil der Gemeindeaufgabe ist. Weiters sollte im Feuerwehrgesetz als auch Rettungsgesetz ergänzt werden, dass auch die Einsatzorganisationen Aufklärungsarbeit im Zuge des Katastrophenschutzes leisten müssen. Eine klar definierte Verantwortung würde helfen, dass alle Gemeinden im gleichen Maße Katastrophenvorsorge betreiben und das derzeitig herrschende Ungleichgewicht in der Vorsorge auszugleichen. Zu guter Letzt sollte der Zivilschutzverband als Akteur im steirischen Katastrophenschutz auch im steirischen Katastrophenschutzgesetz ergänzt und die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten entsprechend beigefügt werden.

Derzeit gibt es zum Thema Risiko-Awareness und Selbstvorsorge in der Bevölkerung, von den Einsatzorganisationen, Gemeinden und dem Zivilschutzverband kein gemeinsames Auftreten. Ein Handeln nach Gutdünken ist vorherrschend. Eine gemeinsame klare Linie und einheitliche Botschaft aller Akteure an die Bevölkerung würde die Dringlichkeit der Thematik betonen und auch Awareness in Zielgruppen schaffen, welche durch die derzeitige Strategie nicht erreicht werden. Weiters sollte die Zusammenarbeit mit Unternehmen forciert werden. Einerseits mit Unternehmen, die ihrerseits von einer gemeinsamen Zusammenarbeit profitieren können, wie Versicherungen oder Banken und andererseits mit ortsansässigen Unternehmen, die durch ein solides Risikomanagement sicherstellen können, dass ihr Unternehmen und auch ihre Mitarbeiter für den Fall einer Katastrophe gerüstet und vorbereitet sind. Die Awareness-Bildung sollte also nicht nur in Bezug auf Privatpersonen vorgenommen werden, sondern auch in Hinblick auf Firmen, Unternehmen, Vereine, Organisationen usw.

Eine weitere Empfehlung wird hinsichtlich des Gemeindebudgets ausgesprochen. Vor allem kleinere Gemeinden haben oft Probleme mit dem zugeteilten Budget ihre hoheitlichen Aufgaben nicht erfüllen zu können. Daher wird vielfach an anderen Stellen wie dem Katastrophenschutz gespart. Um das in Zukunft zu verhindert, sollte ein festgelegter Prozentteil des Budgets von allen Gemeinden in den Katastrophenschutz und entsprechend auch in die Katastrophenvorsorge investiert werden müssen.

Derzeit wird der Zivilschutzverband vom Land und den Gemeinden finanziert. Die Unterstützung der Gemeinden ist hierbei freiwillig. Als „Zivilschutzeuro“ wird ein Geldbetrag bezeichnet, welcher an den Zivilschutzverband ausgezahlt wird. Die Einführung eines Zivilschutzeuros, welcher von allen Bürgern und Bürgerinnen verpflichtend errichtet werden muss, könnte für eine höhere Reichweite und Präsenz des Zivilschutzverbands sorgen. Auch würde durch die Errichtung eine insgesamt betrachtet höhere Summe zusammenkommen, die die Möglichkeiten des Zivilschutzverbands erweitern würden.

Weiters wird vorgeschlagen, eine verpflichtende Konferenz für alle Zivilschutzbeauftragten aus den steirischen Gemeinden zu organisieren, um einerseits eine gemeinsame Linie und einheitliches Auftreten in den Gemeinden zu fördern als auch den Austausch untereinander zu forcieren. Dabei hätte der Zivilschutzverband die Möglichkeit, aktuelle Themen aufzugreifen und auf Problematiken und Schwierigkeiten eingehen zu können.

Die Erreichbarkeit der Bevölkerung und damit die Vermittlung von Risiko-Awareness sollte aus einem Mix aller verfügbaren Kanäle erzeugt werden. Die hierbei generierten Botschaften sollen dabei möglichst persönlich gestaltet werden. Experten aus allen Bereichen empfehlen die persönliche Begegnung, welche derzeit durch die Präsenz in Kindergärten, Volksschulen, Sicherheitstage, Workshops, Informationsveranstaltungen, Sicherheitsolympiaden bereits in Ansätzen abgedeckt wird. Um auch andere Zielgruppen zu erreichen, sollten auch Veranstaltungen an Universitäten und Fachschulen organisiert werden. Vor allem die bis zu 30-Jährigen sind derzeit bei keiner Gemeinde oder Organisation im Fokus ihrer Risikokommunikation und fallen daher aus dem Raster [Grundwehr- und Zivildienst!?].

Die digitalen Möglichkeiten sollten in viel umfassender Form genutzt werden. Angefangen mit einem ansprechenden und sortierten Informationsangebot auf den Webseiten der Gemeinden, welches leicht für die Bürger und Bürgerinnen zu finden sein sollte, bis hin zur Nutzung von Social-Media-Kanälen, um Informationen proaktiv vermitteln zu können. Auch hier wäre eine Zusammenarbeit zwischen den Akteuren vorteilhaft, sowohl hinsichtlich der Aufwandsbeteiligung als auch hinsichtlich der Reichweite der Informationen. Die Gewinnung von Personen mit hoher Onlinepräsenz als Multiplikatoren wird empfohlen. Auch Multiplikatoren in Vereinen und Communities, welche als Vorbilder für ihre Gemeinschaft fungieren, haben das Potenzial Veränderungen im Verhalten der Menschen zu bewirken und für speziell Selbstbevorratung und Eigenvorsorge voranzutreiben.

Die vorhandene Applikation „KATWARN“ sollte hinsichtlich ihrer Nutzerfreundlichkeit und Bedienbarkeit als auch in Bezug auf die Funktionalität verbessert und in weiterer Folge durch Werbemaßnahmen bei der Bevölkerung promotet werden. Die derzeitigen Downloadzahlen weisen darauf hin, dass weniger als 2 % der österreichischen Bevölkerung das Tool nutzen.

Als letzte Handlungsempfehlung wird eine Überarbeitung der derzeitigen Produktpalette des Zivilschutzshops empfohlen. Die Angebote und Produkte entsprechen nicht der Nachfrage der Bevölkerung und müsste einerseits individueller und umfangreicher, andererseits informativer gestaltet werden. Informationen zum Produktumfang sollten ergänzt und es sollte die Möglichkeit implementiert werden, sich seine Boxen individuell zusammenzustellen. Dazu zählen Lebensmittel als auch Haushaltsgegenstände.

9. Zusammenfassung & Ausblick

Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Steigerung von Risiko-Awareness innerhalb der österreichischen Zivilbevölkerung im Rahmen der Katastrophenvorsorge am Beispiel Steiermark. Die mangelnde Awareness der Bevölkerung im Hinblick auf Risiken, Gefahren und möglichen Katastrophen und eine unzureichende Selbstbevorratung für den Ernstfall kommt immer wieder in den Medien oder einschlägiger Fachliteratur zur Sprache. Die Zuständigkeit dafür liegt primär bei den Gemeinden, der Umfang in welchem Risikokommunikation von den Gemeinden betrieben werden muss, ist jedoch nicht weiter definiert. Entsprechend wird nach eigenem Ermessen gehandelt, wodurch es in jeder Gemeinde zu unterschiedlichen Vorsorgemaßnahmen kommt.

Ziel dieser Arbeit war es, festzustellen, inwieweit die Bevölkerung sich diverser Gefahren bewusst ist und inwieweit eine Selbstbevorratung durchgeführt wurde. Weiters wurden die derzeitigen Strategien von Einsatzorganisationen, Zivilschutzverband und drei beispielhaften Gemeinden aus der Steiermark (Übelbach, Stainz und Graz) zur Generierung und Steigerung von Risiko-Awareness ermittelt. Im weiteren Verlauf wurden sie mit den Strategien von Versicherungen und Banken (Uniqa, Wiener Städtische und Raiffeisenlandesbank Steiermark) verglichen, um festzustellen, ob von deren Expertise profitiert werden kann. Unter diesen Gesichtspunkten wurde eine umfangreiche Literaturrecherche durchgeführt, um eine Grundlagenbasis zu schaffen. Hierbei wurden Begriffsdefinitionen vorgenommen, das Katastrophenschutzgesetz Steiermark und das Katastrophenmanagement beleuchtet. Bezugnehmend auf die Big Player des Katastrophenmanagements als auch auf die 3 zuvor erwähnten Gemeinden. Weiters wurden die Unternehmen beschrieben und relevante Punkte rund um das Thema Risikokommunikation, Risikowahrnehmung, Einschätzung, Awareness und psychologische Aspekte erarbeitet. Um einen aktuellen Ist-Stand der Awareness und Eigenvorsorge in der Bevölkerung zu ermitteln, wurde eine Eigenumfrage mit 647 Teilnehmern durchgeführt. Zwei weitere Umfragen wurden herangezogen, um die Analyse zu komplementieren. Weiters wurden zehn Experten rund um das Thema Risiko-Awareness interviewt, um mit deren Perspektiven weitere Blickwinkel zu gewinnen. Darunter befanden sich Experten aus den Bereichen Kommunikationswissenschaft, Bank und Versicherung. Durch die Kombination, aus der einerseits breit gefächerten und ausführlichen Literaturrecherche und andererseits den praktischen Ergebnissen aus der Umfrage und den Experteninterviews, konnte eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis geschaffen werden. Die zuvor gestellten Hypothesen konnten zum Großteil bestätigt werden. Die Erkenntnisse der vorliegenden Masterthesis zeigen einen dringenden Handlungsbedarf in der Steigerung von Risiko-Awareness in der Bevölkerung auf. Informationen zu dieser Thematik werden von knapp 84 % der befragten Teilnehmer gewünscht. Weiters wurde festgestellt, dass die Zuständigkeit beziehungsweise der Umfang der Tätigkeit nicht klar gesetzlich definiert ist und es sich lediglich um Empfehlungen handelt. Die fehlende Verpflichtung der Gemeinden und Einsatzorganisationen diesbezüglich könnte ein Mitgrund für die zögerlichen Maßnahmen im Bereich der Risikokommunikation und Awareness-Bildung sein. Weiters zeigt sich, dass neue Medien von den Gemeinden kaum genutzt und Social Media von den Einsatzorganisationen hauptsächlich für eigene Themen verwendet werden. Eine forciertere Nutzung der digitalen Möglichkeiten und kontinuierliche Aufklärungskampagnen werden daher empfohlen.

Ausblick:

Die Masterthesis sollte einen ersten ausführlichen Einblick in die Thematik der Awareness Steigerung und möglichen Strategien geben. Im Zuge der Erarbeitung der Thesis sind jedoch viele Defizite in der derzeitigen Struktur in Österreich, explizit der Steiermark zum Vorschein gekommen. Es wurden zwei grundlegende Probleme identifiziert, welche in Zukunft aufgearbeitet und gelöst werden sollten.

Das primär vorherrschende Problem zeigte sich in der mangelnden gesetzlichen Grundlage zur Aufklärung der Bevölkerung bzgl. Risiken und Gefahren. Dieser Mangel wurde ebenfalls von allen Befragten bestätigt und eine Veränderung in Form von klaren Vorgaben und Mindestanforderungen an die Gemeinden und Einsatzorganisationen explizit gewünscht. Weiters sollten die Tätigkeiten des Zivilschutzverbands im steirischen Katastrophenschutzgesetz ergänzt werden.

Das zweite Problem wurde hinsichtlich der Nutzung von digitalen Medien festgestellt. Die untersuchten Gemeinden weisen durch die Bank Defizite in deren online Präsenz auf, wobei hier die Bandbreite von keinerlei Informationsverbreitung durch die Webseite und Social Media bis zu mäßiger Nutzung der Informationstools variiert. Eine forciertere und breit gefächerte Nutzung der zur Verfügung stehenden Tools wird angeraten, um eine möglichst große Bevölkerungszahl erreichen zu können.

Die geführten Interviews haben gezeigt, dass andere Branchen sich durchaus eine Zusammenarbeit mit Einsatzorganisationen, Gemeinden und Zivilschutzverband vorstellen können und dadurch auch für sich selbst einen Mehrwert sehen würden. Eine mögliche Zusammenarbeit sollte daher forciert werden.